Jedes fünfte Kind in Schleswig-Holstein lebt unterhalb der Armutsgrenze und somit mit schlechteren Teilhabechancen. Um dem entgegenzuwirken, müssen viele verschiedene Akteurinnen und Akteure aus unterschiedlichen Bereichen zusammenarbeiten. Besonders auf kommunaler Ebene ist eine gute Vernetzung beispielsweise von Jugend- und Gesundheitsämtern, Kindertageseinrichtungen, Schulen, Vereinen und Beratungsstellen für die Unterstützung der Kinder und Jugendlichen essentiell. Damit das noch besser gelingt, haben die Ministerien für Soziales, Gesundheit und Bildung in enger Zusammenarbeit das Modellvorhaben „Kommunale Präventionsketten“ ins Leben gerufen. Ab 2025 fördert das Land über einen Zeitraum von drei Jahren jeweils einen Modellstandort in einem Landkreis und in einer Stadt mit bis zu 100.000 Euro pro Jahr. Das Bewerbungsverfahren für interessierte Kreise und kreisfreie Städte läuft noch bis zum 31. Oktober 2024.
Fachliche Expertise und finanzielle Unterstützung
„Armutsgefährdete Kinder und Jugendliche haben schlechtere Bildungs- und Teilhabechancen. Die Gefahr, später als Erwachsene selbst in Armut zu geraten, ist bei ihnen besonders hoch. Um mehr Chancengerechtigkeit zu erreichen, müssen Leistungen, Angebote und unsere Unterstützungssysteme noch besser aufeinander abgestimmt sein. Dabei ist wichtig, dass bei Kindern und Jugendlichen die verschiedenen Lebensphasen und deren Übergänge beachtet werden und dass über die Systeme hinweg gemeinsam an Lösungen gearbeitet wird. Genau hier setzen wir mit den Kommunalen Präventionsketten an“, so Sozialstaatssekretär Johannes Albig: „Wir wissen, dass es auf kommunaler Ebene bereits gute Ansätze und Erfahrungen zur Bekämpfung der Folgen von Kinderarmut und für bessere Teilhabe gibt – allerdings längst noch nicht ausreichend und nicht überall. Wir wollen dies nun landesseitig durch fachliche Expertise, aber auch finanziell, unterstützen und so zum Erfolg beitragen.“
Gesundheitsstaatssekretär Oliver Grundei betont: „Gemeinsam mit allen Beteiligten arbeiten wir daran, Strukturen zu schaffen und zu verbessern, damit junge Menschen gesund aufwachsen. Positiv ist, dass es insbesondere im gesundheitsförderlichen und präventiven Bereich bereits viele Angebote auf der kommunalen und auch auf der Landesebene gibt und ihre Anzahl in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen ist. Auf diesen Erfolgen wollen wir aufbauen und mit dem Modellprojekt Kommunale Präventionsketten im Schulterschluss mit allen Beteiligten Bedarfe identifizieren. Mit dieser interdisziplinären Art der Zusammenarbeit sollen passende Maßnahmen zur Weiterentwicklung der kommunalen Struktur integriert geplant und umgesetzt werden. Dabei möchte das Land die Kommunen bestmöglich unterstützen.“
Zusammenarbeit und Austausch mit regionalen Netzwerkpartner
Bildungsstaatssekretärin Dr. Dorit Stenke ergänzt: „Kommunale Präventionsketten begleiten Kinder, Jugendliche und ihre Familien in den prägenden biografischen Lebens- und Entwicklungsphasen. Dafür vernetzen sich die verschiedenen Institutionen und entwickeln ihre Zusammenarbeit weiter. Ziel ist es, allen jungen Menschen Chancen auf Bildung, Gesundheit und Teilhabe zu geben. Der Ausbau des Ganztagsangebotes und der Rechtsanspruch für alle Kinder an Grundschulen ab dem Schuljahr 2026/27 in Schleswig-Holstein ist ein solcher Beitrag zu mehr Bildungsgerechtigkeit. Seit Jahren haben wir mit dem PerspektivSchulprogramm ein gutes Beispiel dafür, dass Zusammenarbeit und Austausch mit regionalen Netzwerkpartnern für alle ein Gewinn sein können. Das setzen wir mit PerspektivSchule Kurs 2034 fort.“
Im Rahmen des Modellvorhabens „Kommunale Präventionsketten“ sollen in einem integrierten Handlungskonzept die vielfältigen Angebote und Leistungen aus den Bereichen Jugend, Soziales, Gesundheit und Bildung zusammengeführt und auf ihre Wirkung hin überprüft werden. Unterstützt werden die Modellstandorte durch eine fachliche Begleitung im Sozialministerium. Ziel ist es, Lücken im Unterstützungssystem für Kinder, Jugendliche und Familien zu identifizieren und entsprechende, aufeinander abgestimmte Maßnahmen zu planen und weiterzuentwickeln. Dabei wird jede Lebensphase – von der Geburt bis zum Übergang in den Beruf – berücksichtigt. Maßnahmen können zum Beispiel kostenfreie Sport- und Freizeitangebote im Sozialraum am Wochenende, Aufbau von Bildungspatenschaften oder die bessere Etablierung von wohnortnahen Anlaufstellen mit Beratungs- und Unterstützungsleistungen für Familien sein. Das ressortübergreifende Vorgehen von Jugendhilfe, Soziales, Gesundheit und Bildung ist hierbei bundesweit einmalig.
Erarbeitet wurde das Landeskonzept von der Fachhochschule Kiel unter der Leitung von Frau Prof. Carmen Hack, Professorin für Soziale Arbeit im Kontext einzelfall- und familienbezogener Hilfeprozesse. „Das Landeskonzept der Kommunalen Präventionsketten ,Aufwachsen gemeinsam verantworten‘ ist in einem bundesweit einmaligen Konzeptionierungsprozess entstanden,“ sagt sie. Einmalig sei, dass von Beginn an drei Ministerien und damit Systeme beteiligt waren sowie der partizipative und dialogorientierte Entwicklungsprozess zwischen Land und Kommunen, in welchem das Konzept im Hinblick auf die tatsächliche Anschlussfähigkeit an bestehende kommunale Strukturen ausgerichtet worden sei. „Mit diesem äußerst soliden und flexiblen Rahmenwerk ist sichergestellt, dass die Kommunen bedarfsgerechte und abgestimmte Hilfen und Unterstützungsleistungen effektiv zu den Kindern bringen. Ich freue mich sehr, dass wir als FH Kiel diesen wegweisenden, intensiven und partizipativen Entwicklungsprozess in Zusammenarbeit mit den vielen äußerst engagierten Akteur*innen hier im Land begleiten durften“, so Prof. Hack.
Weitere Informationen gibt es auf der Webseite des Landes.