Danijela Pivašević-Tenner [Foto: Anna Rowedder]© A. Ro­wed­der

Künst­ler*innen im Ge­spräch: Da­ni­je­la Pivašević -Ten­ner über „MADE IN...“

von Jes­si­ca Sarah Schulz

Die Ke­ra­mik­künst­le­rin Da­ni­je­la Pivašević-Ten­ner er­öff­net am 9. Ja­nu­ar das neue Aus­stel­lungs­jahr im Bun­ker-D. Unter dem Titel »MADE IN...« zeigt die künst­le­ri­sche Lei­te­rin des „Künst­ler­haus Stadt­töp­fe­rei Neu­müns­ter" räum­li­che In­stal­la­tio­nen und Wand­ar­bei­ten aus Ke­ra­mik, Por­zel­lan und Tex­ti­li­en. Ty­pisch für die Künst­le­rin ist es, All­tags­ge­gen­stän­de in einen an­de­ren Kon­text zu ver­set­zen. In einem Ge­spräch mit Jes­si­ca Sarah Schulz ver­rät sie den Grund dafür.

Sie mach­ten eine Aus­bil­dung zur Tex­til­desi­gne­rin an der Staat­li­chen Schu­le für De­sign in Bel­grad und stu­dier­ten Ke­ra­mik an der Aka­de­mie für An­ge­wand­te Kunst an der dor­ti­gen Uni­ver­si­tät. Was reizt Sie an den Ma­te­ria­li­en Ke­ra­mik und Tex­til?

Die bei­den Ma­te­ria­li­en be­glei­ten uns Men­schen in un­se­rer Ent­wick­lung von An­be­ginn. Bei­des sind Na­tur­ma­te­ria­li­en. Bei der Be­ar­bei­tung steht immer das Tak­ti­le im Vor­der­grund. Die Ar­beit mit den Hän­den daran lässt eine star­ke Be­zie­hung ent­ste­hen. Die Pro­zes­se der Ma­te­ri­al­be­ar­bei­tung sind kom­plex. Das löst in mir einen gro­ßen Re­spekt vor die­sen Ma­te­ria­li­en und vor der Natur, aus der sie stam­men, aus.

In Ihrer Kunst ar­bei­ten Sie mit All­tags­ob­jek­ten wie Ge­schirr, Mö­beln oder Ver­pa­ckun­gen und ver­set­zen diese in einen an­de­ren Kon­text. Wel­che The­men be­han­deln Sie mit Ihren Ar­bei­ten?

Ich ana­ly­sie­re un­se­re Ge­sell­schaft und deren Ge­wohn­hei­ten. Ich be­ob­ach­te dabei auch, wie wir mit un­se­rem kul­tu­rel­len Erbe und der Wei­ter­ga­be an die nächs­te Ge­ne­ra­ti­on um­ge­hen. Ex­em­pla­risch ste­hen dafür All­tags­ob­jek­te. Wie gehen wir mit Ge­gen­stän­den, For­men und De­ko­ren um, mit denen wir uns um­ge­ben und wel­chen Platz haben sie in un­se­rem ge­gen­wär­ti­gen Ge­sell­schafts­sys­tem? Dazu ent­zie­he ich in mei­nen Ar­bei­ten die Funk­ti­on oder die prä­gen­den Mus­ter die­ser Ge­gen­stän­de durch künst­le­ri­sche Stra­te­gi­en wie De­for­ma­ti­on, Über­guss oder Par­ti­zi­pa­ti­on des Pu­bli­kums und kon­fron­tie­re so die Be­su­cher mit ihren ei­ge­nen Ge­wohn­hei­ten und Nor­men. Das über­trägt sich auch auf die Frage, ob ke­ra­mi­sche Masse immer erst zwin­gend durch einen Brand kon­ser­viert wer­den muss, um als Aus­stel­lungs­stück an­er­kannt zu wer­den.

Sie ent­wi­ckeln Ihre Ar­bei­ten häu­fig in di­rek­ter Kor­re­spon­denz zum Aus­stel­lungs­ort. Wel­chen Ein­fluss hatte der Bun­ker-D auf Ihre Kunst­wer­ke?

Meine Ar­bei­ten ent­ste­hen sehr oft bei Sym­po­si­en und Ar­tist in Re­si­den­ci­es im In- und Aus­land und schlie­ßen lokal spe­zi­fi­sche Ge­gen­stän­de, kul­tu­rel­le Re­fe­ren­zen vor Ort und das lo­ka­le Pu­bli­kum ein. Im Bun­ker-D zeige ich dies­mal Ar­bei­ten, die an ver­schie­de­nen Orten ent­stan­den sind, in In­do­ne­si­en, In­di­en, Ser­bi­en und in Deutsch­land. Diese Ar­bei­ten im Bun­ker-D zei­gen zu kön­nen, ist sehr reiz­voll, vor allem wenn man die Ge­schich­te die­ses Ortes kennt und weiß, was heute dar­aus ge­wor­den ist.

Bei „MADE IN…“ könn­te man an Eti­ket­ten von Klei­dungs­stü­cken den­ken. „Made in Ger­many“, „Made in China“, „Made in Tur­key“. Womit möch­ten Sie den Be­su­cher mit Ihrem Aus­stel­lungs­ti­tel kon­fron­tie­ren?

„MADE IN…“ steht heute in ers­ter Linie nicht mehr für ein Qua­li­täts­merk­mal von Waren, son­dern sym­bo­li­siert viel­mehr die Ab­sur­di­tät glo­ba­ler Waren- und Geld­strö­me der Ge­gen­wart. In einer mei­ner Ar­bei­ten im Bun­ker-D wer­den Tex­ti­li­en mit Por­zel­lan­mas­se ver­mengt und zu hohen Tri­umph­säu­len auf­ge­türmt, aus denen hier und da noch die Eti­ket­ten ragen. Sie ste­hen ex­em­pla­risch für den Wer­te­wan­del und un­se­re Di­stanz von den oft aus­beu­te­ri­schen Pro­duk­ti­ons­be­din­gun­gen.

„MADE IN…“ steht aber auch für Iden­ti­tät und die Frage nach der Her­kunft von Men­schen. So wie die in­dus­tri­el­le Pro­duk­ti­on immer wei­te­re Wege geht, so be­ob­ach­ten wir, dass auch immer mehr Men­schen sich auf lange Wege be­ge­ben, um ihr Le­bens­glück zu fin­den. Diese Si­tua­ti­on öff­net neue Fra­gen nach Zu­ge­hö­rig­keit, weckt Ste­reo­ty­pe und eti­ket­tiert In­di­vi­du­en.

Was er­war­tet die Be­su­che­rin­nen und Be­su­cher Ihrer Aus­stel­lung im Bun­ker-D?

Ich gebe einen Ein­blick in mein Schaf­fen und zeige ak­tu­el­le räum­li­che In­stal­la­tio­nen und Wand­ar­bei­ten aus Mixed Media (Ke­ra­mik, Por­zel­lan und Tex­ti­li­en), ge­brannt und un­ge­brannt, gla­siert und un­gla­siert. Bei den „Tri­umph­säu­len“ durch­schrei­ten die Be­su­cher die In­stal­la­ti­on und gehen durch die ein­zel­nen, manns­ho­hen Säu­len hin­durch. Diese kor­re­spon­die­ren auch vi­su­ell mit den schrof­fen Be­ton­wän­den des Bun­ker-D.

Die Aus­stel­lung „Made In…“ wird am 09.01.20 um 18:00 Uhr er­öff­net und ist bis zum 05.02.20 wäh­rend der üb­li­chen Öff­nungs­zei­ten des Bun­ker-D zu be­sich­ti­gen. Der Ein­tritt zu Ver­nis­sa­ge und Aus­stel­lung ist frei.

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