künstlerische Arbeit von Till Lichtenberger© T. Lich­ten­ber­ger

Künst­ler im Ge­spräch: Till Lich­ten­ber­ger über die Aus­stel­lung „Xe­no­pho­ra“

von Kris­ti­ina Thiel

Der Kie­ler Fo­to­graf Till Lich­ten­ber­ger zeigt ab 3. No­vem­ber aus­ge­wähl­te Ar­bei­ten im Bun­ker-D. Was die Be­su­cher*innen er­war­tet, er­läu­tert er im Kurz­in­ter­view mit Kris­ti­ina Thiel.

Herr Lich­ten­ber­ger, was er­war­tet die Be­su­cher Ihrer Aus­stel­lung im Bun­ker-D?

Die Be­su­cher*innen er­war­ten ana­lo­ge Farb­fo­to­gram­me von schwe­ben­den Ge­gen­stän­den, ana­lo­ge schwarz/weiß Fo­to­grafien von In­seln, vom Meer und von Theo, der Taube, sowie klei­ne Skulp­tu­ren aus Holz und Ke­ra­mik.

Was muss man sich un­be­dingt näher an­schau­en bei der Aus­stel­lung?

Jeder und jedem wie es be­liebt. Aber ge­ra­de die klein­for­ma­ti­ge s/w Ar­bei­ten von In­seln und vom Meer soll­te man wort­wört­lich aus der Nähe be­trach­ten, da sie aus der Ferne kaum zu er­ken­nen sind.

Um wel­che The­men geht es in Ihrer Kunst?

In die­ser Aus­stel­lung geht es in­halt­lich um Fern­weh.
The­men, die mich immer wie­der in­ter­es­sie­ren, sind das Meer, das Uni­ver­sum, aber auch Tiere, ins­be­son­de­re, Vögel, und Men­schen. Das Uni­ver­sum und das Meer fas­zi­nie­ren mich immer wie­der, da sie wohl die gro­ß­ar­tigs­ten Dinge sind, die uns um­ge­ben. Ins­ge­samt möch­te ich (wie wahr­schein­lich die meis­ten Künst­ler) etwas Neues schaf­fen und einen neuen Blick auf die Welt er­mög­li­chen. In mei­nem Fall tue ich dies haupt­säch­lich im Be­reich der ana­lo­gen Fo­to­grafie. Meis­tens be­leuch­te ich ein Thema (in die­sem Fall mein Fern­weh) von ver­schie­de­nen Sei­ten und wähle un­ter­schied­li­che tech­ni­sche Ver­fah­ren wie z.B. Fo­to­gram­me, Fo­to­grafien, Di­rekt­ver­grö­ße­run­gen etc.​Teilweise erfinde ich auch ei­ge­ne Ver­fah­ren oder kom­bi­nie­re sie mit­ein­an­der.

Für mich hat die Ana­lo­ge Fo­to­grafie etwas Ma­gi­sches. Fo­to­gram­me sind ka­me­ra­lo­se Fo­to­gra­fen. Wenn ich in mei­ner Dun­kel­kam­mer Farb­fo­to­gram­me her­stel­le, lege ich in kom­plet­ter Dun­kel­heit Ge­gen­stän­de auf das Fo­to­pa­pier und be­lich­te es dann mit dem Licht des Ver­grö­ße­rers, mit den vor­her ge­tes­te­ten Ein­stel­lun­gen von Zeit und Farb­wer­ten. Ei­ni­ge Mi­nu­ten spä­ter sehe ich das Re­sul­tat, wenn das Farb­fo­to­gramm aus der Ent­wick­lungs­ma­schi­ne kommt. Die­ses Ar­bei­ten, nur mit Vor­stel­lungs­kraft und Tast­sinn, so­zu­sa­gen blind, und dann das unt­mit­tel­ba­re Re­sul­tat hat schon etwas Zau­ber­haf­tes oder Ma­gi­sches.

Wie schon er­wähnt, möch­te ich etwas Neues, noch nie Da­ge­we­se­nes schaf­fen, und ich freue mich, wenn es mir ge­lingt.
Und im bes­ten Fall hat meine Kunst eine ge­wis­se Magie, Poe­sie und Humor. Meis­tens ent­ste­hen diese, mir so wich­ti­ge Ei­gen­schaf­ten mei­ner Kunst aber eher zu­fäl­lig oder bei­läufig und las­sen sich nur schwer pro­vo­zie­ren oder in­sze­nie­ren.

Für wen ist die Aus­stel­lung be­son­ders in­ter­es­sant an­zu­schau­en?

Für alle, die sich dafür in­ter­es­sie­ren. Und für alle mit Fern­weh.


Was reizt Sie daran, im Bun­ker-D aus­zu­stel­len? Und was macht für Sie das Be­son­de­re an die­sem au­ßer­ge­wöhn­li­chen Ort aus?

Mir ge­fällt der Bun­ker-D als viel­fäl­tig kul­tu­rel­ler Ort. Als Aus­stel­lungs­ort finde ich ihn in­ter­es­sant wegen sei­ner Auf­tei­lung und dem mor­bi­den Charme der Wände in der Ga­le­rie.

Was hat es mit dem Titel „Xe­no­pho­ra“ auf sich?

Xe­no­pho­ra sind Trä­ger­schne­cken. Wört­lich be­deu­tet es „Trä­ge­rin des Frem­den“. Diese Mee­res­schne­cken de­ko­rie­ren ihr Ge­häu­se mit an­de­ren Schne­cken, Stei­nen oder sons­gem Ma­te­ri­al. Die Xe­no­pho­ra-Schne­cken haben in ge­wis­ser Weise schon Mil­lio­nen Jahre vor der Mensch­heit Kunst pro­du­ziert. Die For­scher sind sich noch nicht si­cher, warum die Schne­cken sich selbst de­ko­rie­ren. Ei­ni­ge Ver­mu­tun­gen sind: zur Tar­nung vor Fress­fein­den, zur Sta­bi­li­sie­rung der Lage, zur Oberflächen­ver­grö­ße­rung etc.
Ich stel­le noch eine wei­te­re These hinzu: die Schne­cken de­ko­rie­ren sich selbst zur Ver­schö­ne­rung, um sich selbst at­trak­ti­ver zu ma­chen.
In der Aus­stel­lung hängt ein Bild einer Xe­no­pho­ra-Schne­cke, wel­ches ich auch als Ein­la­dungs­kar­te ver­wen­det habe.
Ich finde, dass es zwi­schen der krea­ti­ven Ar­beits­wei­se die­ser Schne­cken und mir ge­wis­se Par­al­le­len gibt: wäh­rend die Schne­cke sich auf dem Mee­res­grund fort­be­wegt und Dinge sam­melt, die sie für ihre Kunst ver­wen­det und dabei auch hin und wie­der mal im­pro­vi­siert, so laufe ich durch meine Woh­nung und das Leben und suche nach all­täg­li­chen Din­gen, aus denen sich in der Dun­kel­kam­mer neue Kunst ma­chen lässt.

Vie­len Dank für das Ge­spräch.

 

Die Aus­stel­lung wird am Don­ners­tag, 3. No­vem­ber, um 18 Uhr mit einer Ein­füh­rung durch Prof. Dr. Ul­rich Kuder er­öff­net und ist an­schlie­ßend mitt­wochs von 10 bis 20 Uhr im Bun­ker-D zu sehen. Ein Be­such zu an­de­ren Zei­ten kann per Mail an bun­ker-d@​fh-​kiel.​de ver­ein­bart wer­den.

© Fach­hoch­schu­le Kiel