Sie sind zum ersten Mal im Bunker-D zu Gast. Was reizt Sie daran, Ihre Werke in dem „grauen Klotz“ auszustellen?
Als Klaus Heinze mir anbot, im Bunker-D auszustellen war ich gleich angetan, weil es für mich immer schön ist, hier und dort auch einmal eine Ausstellung in bekannten Gefilden zu machen. Zu Bunkern habe ich derweil ein etwas gespaltenes Verhältnis. Die eine Seite in mir verbindet damit den Gedanken an eine schreckliche und kaum vorstellbare Vergangenheit, die andere wiederum ist fasziniert von heutzutage fremdartig Wirkendem. Und da ich viel an dänischen oder französischen Küsten unterwegs bin, sind mir diese Bauwerke als landschaftliche Narben durchaus bekannt.
Da viele meiner Arbeiten monochrom bzw. schwarzweiß sind, beschäftige ich mich viel mit allen nur erdenklichen Kontrasten, um der einfarbigen Zeichnung Spannung zu verleihen und Interesse bei der Betrachterin oder dem Berachter hervorzurufen. Die Idee, meine filigranen, detailvollen und erzählerischen Bilder auf einer den Bunkerwänden innewohnenden abweisenden Grobheit zu präsentieren, beinhaltet für sich schon eine kontrastreiche Verbindung, ein kleines Wagnis, das mich reizt. Trotzdem gibt es die Verbindung des Reduzierten und Einfachen. Ich bin gespannt, was das für einen Effekt haben wird. Ich kann aber nicht sagen, dass das der Grund für meine Zusage war. Hierfür spielen meist verschiedene Dinge eine Rolle.
Sie haben Illustration studiert, Sie gestalten und veröffentlichen Bücher – Was fasziniert Sie am Medium Buch?
Von Kind an hat es mich gereizt durch und mit Bildern Geschichten zu erzählen. Von Anfang an mochte ich das serielle Arbeiten und die Verbindung von Text und Bild. Illustrationen haben zumeist eine stark erzählerische Komponente, sind für sich genommen aber stets auch eigenständig. Sie folgen dem Text und sollten dennoch ihre eigene Geschichte erzählen. Sie wollen in eine unbekannte Welt entführen und sollten die / den Betrachter*in doch auch seine/ihre eigene Fantasie lassen. In einer Illustration kann ich Szenen erschaffen, die es so zuvor noch nicht gab. Meine Bilder haben etwas Cineastisches. Ein kurzer Moment einer Handlung wird so festgehalten, dass er wie ein Augenblick wirkt, in dem die Betrachter*in ein Teil des Ganzen wird, weil er/sie sich fragen wird, was zuvor geschah oder was noch passieren wird. Er/sie wird nicht umhinkommen, sich Fragen zu stellen und Antworten zu finden. Das Bild funktioniert damit sozusagen als Motor für die Fantasie der BetrachterIn und ist bestenfalls in der Lage, eigene Geschichten zu kreieren; Nebenschauplätze.
Und das alles passiert lediglich, indem ein Buch aufgeschlagen wird, etwas durchweg Einfaches wie Praktisches, etwas Reduziertes und doch unendlich Vielschichtiges. Ein Buch ist eben ein Buch. Und es wird immer ein solches bleiben.
Welche Themen beschäftigen Sie in Ihrer Kunst?
Ich mag Geschichten, die sich an der Grenze zwischen Realität und Fiktion bewegen. Ich mag die Möglichkeit, kleine Wunder entstehen zu lassen. Ich mag die Magie des Feinsinnigen, aber auch Finsteres und Humorvolles, Schönes und Unheimliches. Sind es manchmal Weisheiten oder Fragen, die mich beschäftigen, reflektiere ich mich in manchen Geschichten auch selbst. Gerne spielen auch Dinge eine Rolle, die sich mit Betrachtungsweisen bzw. dem genauen Hinsehen beschäftigen. Es geht darum, Dinge im Verborgenen zu entdecken, Dinge, die scheinbar unwichtig sind. Ich versuche den/die Leser*in dabei stets zu integrieren und ihm/ihr Möglichkeiten aufzuzeigen. Ich lade zu Entdeckungsreisen ein. Ich versuche, eher durch ein Händereichen, den/die Betrachter*in mit ins Geschehen zu nehmen, um ihn/sie hier und da auf Dinge aufmerksam werden zu lassen.
Der Titel der Ausstellung lautet „Nebenschauplätze“ – Warum sind für Sie die Handlungsorte abseits des Geschehens spannend?
Die Frage ist doch eher, was geschehen ist. Geschehen ist überall und gleichzeitig. Die Frage ist also, worauf wir unser Augenmerk legen. Die Frage ist, was uns interessiert. Die Frage ist, ob leise nicht ebenso interessant ist wie laut. Die Frage ist, ob die Handlung nicht ebenso definiert wird durch das, was nicht oder daneben passiert, davor oder dahinter.
Was erwartet die Besucher und Besucherinnen Ihrer Ausstellung im Bunker-D?
Es kommt ja immer darauf an, was der/die Betrachter*in von sich aus mitbringt. Ist er/sie bereit, Zeit für eine ausgiebige Betrachtung zu investieren und seine Gedanken spielen zu lassen? In diesem Fall wird er/sie mit einem Kopf voller (eigener) Geschichten aus der Ausstellung herauskommen. Ich hoffe, dass er/sie sich, vielleicht auch zusammen mit mir, auf eine Entdeckungsreise begibt, auf der jedes Detail zu ihm/ihr sprechen wird.
Konkret werden neben einigen noch nicht gezeigten und ganz neuen Bildern zahlreiche Original-Illustrationen aus den zuletzt veröffentlichten Büchern sowie einige großformatige freie Arbeiten zu sehen sein, die eine Brücke zwischen Illustration und Freier Kunst bilden.
Die Ausstellung „Nebenschauplätze“ wird am 20.06.19 um 18:00 Uhr eröffnet und kann bis zum 15.07.19 jeden Mittwoch während der üblichen Öffnungszeiten des Bunker-D besichtigt werden. Der Eintritt zu Vernissage und Ausstellung ist frei.