Wer an China denkt, hat seine ganz eigenen Bilder im Kopf. Das meiste davon entspringt Klischees, kaum jemand kann aus eigener Erfahrung berichten. Und das, obwohl das Reich der Mitte die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt ist und einer der wichtigsten Handelspartner Deutschlands. Daraus ist die Idee entstanden, die China-Kompetenz Bachelorstudierender mit ingenieurswissenschaftlicher Ausrichtung zu fördern. Im Rahmen des Förderprogramms des Bundesministeriums für Bildung und Forschung „Innovative Konzepte zum Ausbau der China-Kompetenz an Hochschulen“ bietet die FH Kiel deshalb das Chinese Project Semester (CPS) an.
„Für ein internationales Studium ist auch die entsprechende Kompetenz notwendig. Mehr über China zu wissen kann einem im späteren Berufsleben weiterhelfen“, beschreibt Joshua Engels seine Motivation zur Teilnahme an dem Programm. Er und sein Kommilitone Lasse Nissen studieren im zweiten Semester Internationales Vertriebs- und Einkaufsingenieurwesen an der FH und sind zwei der 30 Teilnehmenden von Hochschulen aus ganz Deutschland. Sie haben sich in dieser Woche zur Auftaktwoche des Chinese Project Semester in Kiel getroffen und lernen anhand von Vorträgen etwas über das Land, das sie im Mai besuchen werden. Sprachkenntnisse, berufsspezifisches Wissen, ein Grundverständnis von Chinas Wirtschaft, Politik, moderner Geschichte und Gesellschaft, aber vor allem auch interkulturelle Fähigkeiten sollen hier vermittelt werden. Professor Dr. Tobias Specker hat selbst drei Jahre im Reich der Mitte gelebt und nimmt den Studierenden mit einigen Anekdoten die Berührungsangst. „Nehmen wir die Übergabe der Visitenkarte: Ja, man sollte diese mit beiden Händen in Empfang nehmen und sie einmal durchlesen. Allerdings hat sich ein Bekannter aus China auch schon darüber lustig gemacht, wie überdeutlich dies westliche Besucher tun und die ihm überreichte Karte einmal kommentarlos in die Hosentasche gesteckt, um sich dann an dem erstaunten Gesicht des Gegenübers zu erfreuen.“
„Strategic Emerging Industries (SEI)“ heißt das Projekt, dem sich Lasse Nissen und Joshua Engels und weitere Kommiliton*innen nun bis Mai neben ihrem normalen Studienalltag widmen, um es im Mai im Rahmen einer Summer School an der Universität Tongji in Shanghai vorzustellen. Sie sollen den Fünfjahresplan untersuchen und unter anderem erläutern, was die Schlüsselindustrien sind und wie China sich weiter modernisieren möchte. An die Präsentation vor Ort denken die beiden noch nicht. „Die größte Herausforderung wird erstmal sein, sich mit den anderen Teilnehmenden abzustimmen, die in ganz Deutschland verteilt wohnen“, merkt Lasse Nissen an. Er sieht das CPS als Gelegenheit zum Test für ein Auslandssemester oder sogar für einen Doppelabschluss in Shanghai. Die FH Kiel ist Mitglied im Deutschen Hochschulkonsortium für Internationale Kooperationen (DIHK) und kann dies dadurch anbieten. „Der Schritt, zum Studieren nach China zu gehen ist groß, es gibt sehr viele Vorurteile. Die wollen wir hiermit ein Stück weit abbauen“, erklärt Prof. Specker. Ob Joshua Engels nach seinem Abschluss wirklich ins Ausland gehen möchte, weiß er noch nicht. Aber eines ist für ihn klar: „Wenn man nie in China war, kann man einem potentiellen Arbeitgeber auch nicht glaubhaft vermitteln, dass man dort arbeiten will.“
Mehr Informationen zum Chinese Project Semester gibt es hier.