Seit rund einem Monat hat Thorben Arp seinen Master-Abschluss der Fachhochschule Kiel in der Tasche. Der 28-Jährige hat im Bachelor und im Master klassische Elektrotechnik am Fachbereich Informatik und Elektrotechnik studiert und sich doch ein wenig anders orientiert als ein Großteil seiner Kommilitonen. Der viel.-Redaktion hat Arp erzählt, wie ihn seine Qualifikationen und Fähigkeiten in den Job als Bezirksleiter bei der Deutschen Bahn gebracht haben.
Obwohl Thorben Arp sich für erneuerbare Energien interessiert, können ihnen Platinen und Verstärker nicht richtig begeistern. Schon im Bachelorstudium merkt er, dass er seine Stärken in anderen Bereichen findet. Er belegt Module zum Projekt- und Qualitätsmanagement, erweitert seine Soft-Skills-Fähigkeiten und macht in den Interdisziplinären Wochen TÜV-Zertifizierungen zum Qualitätsmanagementbeauftragten und zur Qualitätsmanagementfachkraft. „Ich habe meine Zukunft nicht in der Entwicklung und Forschung gesehen, sondern mehr in der Arbeit mit Menschen“, sagt Arp.
Durch seine erweiterten Kompetenzen hebt sich Thorben Arp von anderen Elektrotechnikern ab: Nach dem Bachelorabschluss bekommt er eine Anstellung mit 30 Wochenstunden bei der Deutschen Bahn. „Parallel habe ich den Master gemacht“, erzählt Arp, der vor dem Studium schon eine Ausbildung im Elektrohandwerk absolviert hat. „Jetzt bin ich Bezirksleiter für Leit- und Sicherungstechnik in Itzehoe, habe also geschafft, in die Führung zu kommen und trotzdem die Technik im Blick zu haben.“ Dennoch hat Arp das Gefühl, noch einmal ein Erstsemestler zu sein, denn die Karrierelaufbahn bei der Bahn beginnt mit einem langen Qualifizierungszeitraum. „Die Bahn ist ein eigenes Universum mit einer eigenen Sprache, bei dem man wieder von null anfängt“, findet er. „Natürlich brauche ich meine Vorqualifizierung, aber ich lerne fast alles neu. In Seminaren und Schulungen werde ich jetzt auf meine Aufgaben vorbereitet, die ich nach und nach übernehmen werde.“
Für den Standort Itzehoe wird Thorben Arp dann die Instandhaltung für die Leit- und Sicherungstechnik verantworten, also für Bahnübergänge und Signale am Gleis und andere Streckenanlagen zuständig sein. Dabei begleiten ihn 15 Mitarbeiter. Seine ganz konkreten Aufgaben? „Ich betreue die Kollegen und kümmere mich darum, dass sie richtig qualifiziert sind, um arbeiten zu können. Das bedeutet, dass ich Gespräche führe, gegebenenfalls Stellenbeschreibungen ändere und die Kollegen auch nach draußen begleite, um mir die Anlagen anzusehen. Zusätzlich beachte ich das Budget, das bei Instandhaltungen, Umbauten oder Störungen benötigt wird“, erklärt Thorben Arp. „Für den Regionalbereich Nord, also die fünf nördlichsten Anlaufstellen, durfte ich auch einen Projektteil leiten.“
Mit seinen 15 Kollegen versteht er sich schon jetzt ausgezeichnet und fühlt sich in der Bahn-Familie gut aufgehoben. „Die meisten meiner Kollegen sind erfahrener und älter, aber niemand ist mir mit Ablehnung begegnet“, sagt Arp. „Auch mein Vorgesetzter ist sehr kollegial. Generell wird ein sehr offener Umgang miteinander gepflegt. Klar, man darf nicht zu zart besaitet sein, schließlich sind wir viel draußen auf den Gleisen, und der Ton wird mal ruppiger, aber ich kann ehrlich sagen: Ich fahre jeden Tag gerne zur Arbeit.“
Hätte er sich nur mit Elektrotechnik befasst und keine Berufserfahrung gesammelt, hätte er seinen Job heute nicht bekommen, ist sich Thorben Arp sicher. „Zum Glück habe ich zeitnah erkannt, dass ich nicht in die Entwicklung möchte. Die FH hat meinen Wunsch sehr unterstützt, besonders die Soft-Skills-Module habe ich sehr gerne besucht.“ Besonders ans Herz legen würde er allen Studierenden auch die IdW, in denen er „über den Tellerrand schauen“ konnte. „Nur da habe ich gelernt, wie man zum Beispiel unterschiedliche Menschen anspricht. Das lernt man nicht im Grundstudium der Elektrotechnik“, sagt er.
Seine Zeit an der FH hat der heutige Bezirksleiter genossen. Neben Sprach- und IdW-Kursen, haben ihm auch das dreimonatige Praktikum und die Erstsemester-Fahrt nach Stein mit seiner Fachschaft gefallen. „Und natürlich war es sehr gut, dass die Dozierenden fast alle mal in der Industrie gearbeitet haben und wissen, wie der Hase läuft“, sagt Arp. „Dementsprechend gab es viele praxisbezogene Seminare, zum Beispiel bei Professor Neumann, der immer konkretes Wissen aus der Praxis beisteuern konnte.“ Das hat er an der Fachhochschule sehr geschätzt – die Entscheidung für sie und gegen eine Universität sei für ihn genau die richtige gewesen, sagt er. Arp: „So musste ich nicht im kleinsten Detail diskutieren, warum wir Strom und Elektronen haben. Wir haben den Strom eben und haben dann gelernt, was wir damit machen können.“
Um anderen Studierenden den Berufseinstieg zu erleichtern, hat Arp einen wichtigen Ratschlag: „Rechtzeitig bewerben! Mich hat es gewundert, wie lange die Bewerbungsverfahren bei großen Firmen dauern. Also: Eher bewerben, dann klappt es auch mit dem Job.“
Julia König