Vor dem Eingnag des Kulturzentrums BUnker-D der FH Kiel steht das Organisationsteam und zeigt die Bildtafel mit dem Herzstück der Ausstellung. „Oma“ lautete der Spitzname des einstigen Riesenkrans der Howaldtswerke. (v.l.n.r.) Kristiina Thiel und Jan Pieper (ZKW), Wolfgang D. Kuessner (Sammler), Markus Schack und Claudia Tippmann (ZKW), Anja Konzan (Büro Soziale Stadt Neumühlen-Dietrichsdorf). © J. Busch­mann

His­to­ri­sche An­sich­ten von Neu­müh­len-Diet­richs­dorf im Bun­ker-D

von Frau­ke Schä­fer

His­to­ri­sche An­sich­ten von Neu­müh­len-Diet­richs­dorf ste­hen im Fokus einer Aus­stel­lung im Bun­ker-D der Fach­hoch­schu­le Kiel, die am Don­ners­tag, 4. Juli, um 18 Uhr er­öff­net wird. An­lass ist das 100. Ju­bi­lä­um der Ein­ge­mein­dung des Stadt­teils. Die rund 50 gro­ßen Bild­ta­feln ba­sie­ren auf Fotos aus der Pri­vat­samm­lung des Kie­lers Wolf­gang D. Ku­ess­ner.

Der Stadt­teil Neu­müh­len-Diet­richs­dorf ist reich an In­dus­trie­ge­schich­te. 1907 wur­den das Bau­ern­dorf Diet­richs­dorf und Neu­müh­len am Ufer der Schwen­ti­ne ver­ei­nigt. 1924 be­an­trag­te der Ge­mein­de­rat auf­grund von Geld­nö­ten die Ein­ge­mein­dung nach Kiel. „Neu­müh­len-Diet­richs­dorf ist bau­lich durch die Ho­waldts­wer­ke be­stimmt“, weiß Sönke Pe­ter­sen, lang­jäh­ri­ger Orts­bei­rats­vor­sit­zen­der (SPD) und en­ga­gier­ter Stadt­teil­be­woh­ner. 1876 wurde das Schiff­bau-Un­ter­neh­men ge­grün­det und präg­te bis zu sei­ner Still­le­gung 1983 Leben und Ar­bei­ten im Stadt­teil. Wohn­ten 1855 in Diet­richs­dorf etwa 250 Men­schen, waren es 1900 be­reits 3000. Viele der 2000 Be­schäf­tig­ten der Werft wohn­ten in Neu-Diet­richs­dorf, dem di­rekt vor den Werft­to­ren an­ge­leg­ten neuen Stadt­teil.

Die da­ma­li­gen Woh­nun­gen hat­ten meist weder Strom noch flie­ßend Was­ser oder Bäder. So nutz­ten die Fa­mi­li­en das Volks­bad, das heute Stadt­teil­zen­trum ist. Im Hei­ken­dor­fer Weg reih­ten sich Ge­schäf­te für Milch, Obst und Ge­mü­se, Bä­cker, Schlach­ter und Dro­ge­ri­en wie Per­len einer Schnur an­ein­an­der. Ge­fei­ert wurde im „Gast­hof Neu­müh­len“, Eis zum Halt­bar­ma­chen der Spei­sen im Win­ter aus der zu­ge­fro­re­nen Schwen­ti­ne ge­hackt und in den Kel­lern der Gast­stät­ten unter Sä­ge­spä­nen ge­la­gert. „Vom Por­trät des Schlach­ters, der Hoch­zeits­ge­sell­schaft bis zum win­ter­li­chem Eis­lau­fen, die emo­tio­na­len Bil­der er­zäh­len Ge­schich­ten und stel­len eine Nähe zu heute her“, be­schreibt Kris­ti­ina Thiel vom Zen­trum für Kul­tur- und Wis­sen­schaft (ZKW) der FH Kiel die Fotos, denn: „Der Mensch steht im Mit­tel­punkt“.

Die In­dus­tria­li­sie­rung des Stadt­teils schritt ste­tig voran: 1864 ent­stand mit der Lange’schen Mühle die grö­ß­te In­dus­trie­müh­le im Ost­see­raum; 13 Jahre spä­ter kam das Ma­ri­ne­ar­til­le­rie­de­pot hinzu; 1909 er­rich­te­te Dr. Her­mann An­schütz-Ka­emp­fe, Er­fin­der des Krei­sel-Kom­pas­ses und guter Freund von Al­bert Ein­stein, seine Fa­brik am Ufer der Schwen­ti­ne; 1947 folg­te die Firma Hell mit Ent­wick­lun­gen zur Druck- und Nach­rich­ten­tech­nik. 1983 wurde das HDW-Werk in Diet­richs­dorf still­ge­legt. „Mit Schlie­ßung der Werft wurde Neu­müh­len-Diet­richs­dorf zur In­dus­trie­bra­che“, sagt Sönke Pe­ter­sen. „Dank der An­sied­lung der FH Kiel und ab Mitte der 1990 Jahre durch die Kul­tur­mei­le gab es eine deut­li­che Ver­bes­se­rung des Stadt­teils“, so der Zeit­zeu­ge.

Die Aus­stel­lung wird am Don­ners­tag, 4. Juli 2024 um 18 Uhr er­öff­net und ist bis zum 19. Juli und am 30. Au­gust im Rah­men der Mu­se­ums­nacht zu sehen. Die Ga­le­rie ist mon­tags bis frei­tags von 10.00 bis 14.00 und mitt­wochs von 10.00 bis 20.00 Uhr ge­öff­net. Wei­te­re Ter­mi­ne unter: bun­ker-d@​fh-​kiel.​de

Am 17. Juli um 18 Uhr hält Sönke Pe­ter­sen unter dem Titel „Ein­ge­mein­dung wider Wil­len?“ einen 30-mi­nü­ti­gen Vor­trag. Im An­schluss kön­nen In­ter­es­sier­te ge­mein­sam mit Pe­ter­sen einen Rund­gang durch die Aus­stel­lung un­ter­neh­men und Fra­gen zu den Bil­dern stel­len. 

Di­gi­ta­les Ar­chiv Wolf­gang Ku­ess­ner: https://​www.​his​tori​sche​s-​kiel.​de

Hin­ter­grund

Die Aus­stel­lung „Neu­müh­len-Diet­rich­sorf - Leben und Ar­bei­ten im Stadt­teil vor 100 Jah­ren“ ist in enger Zu­sam­men­ar­beit mit dem Stadt­teil­bü­ro ent­stan­den und wird aus Mit­teln des Ver­fü­gungs­fonds Neu­müh­len­Diet­richs­dorf im Rah­men des Städ­te­bau­för­de­rungs­pro­gramms So­zia­ler Zu­sam­men­halt ge­för­dert. Sie ist Teil eines um­fang­rei­chen Ver­an­stal­tungs­pro­gramms an­läss­lich des 100. Ju­bi­lä­ums der Ein­ge­mein­dung.

 

 

 

 

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