Ein Mann© Y. Reck­le­ben

Heute in der Reihe „Wie wird man ei­gent­lich Pro­fes­sor*in?“: Yves Reck­le­ben

von Julia Kö­nigs

Herr Reck­le­ben, woll­ten Sie schon immer Pro­fes­sor wer­den?

Nein, das woll­te ich nicht. Doch in mei­nem be­ruf­li­chen Wer­de­gang durch Stu­di­um, Pra­xis, Ar­beit als wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter und Pro­mo­ti­on zeich­ne­te sich ziem­lich schnell ab, dass Wis­sen und Wis­sens­ver­mitt­lung eine wich­ti­ge Auf­ga­be sind, um neue, zu­künf­ti­ge tech­ni­sche und ge­sell­schaft­li­che Auf­ga­ben zu meis­tern. 

Was ge­fällt Ihnen heute denn be­son­ders gut an Ihrem Beruf?

Die viel­fäl­ti­gen Ge­stal­tungs­mög­lich­kei­ten des Be­rufs­all­tags – Ar­beit mit Stu­die­ren­den, Vor­trä­ge, For­schungs­pro­jek­te. Neue Ideen zu ent­wi­ckeln und auf ihre An­wend­bar­keit zu über­prü­fen. 

Der in­ter­dis­zi­pli­nä­re, kol­le­gia­le und freund­schaft­li­che Cha­rak­ter des Fach­be­rei­ches ist ein­zig­ar­tig. Au­ßer­dem sind die lang­jäh­ri­gen For­schungs­pro­jek­te in der Agrar­tech­nik zu einem Al­lein­stel­lungs­merk­mal ge­wor­den, was für mich durch ein enges und über die Lan­des­gren­zen rei­chen­des For­schungs­netz­werk ge­kenn­zeich­net ist. Dort ist mitt­ler­wei­le auch in­sti­tu­ti­ons­über­grei­fend meine Ex­per­ti­se ge­fragt, so­dass ich mei­nen Teil zur Lö­sung von ge­sell­schaft­li­chen Fra­gen der Er­näh­rungs­si­che­rung, Di­gi­ta­li­sie­rung und bei­spiels­wei­se Stan­dar­di­sie­rung in der Agrar­wirt­schaft bei­tra­gen kann.  

Am Fach­be­reich Agrar­wirt­schaft der FH Kiel ist Prof. Dr. Yves Reck­le­ben seit 2005 zu­stän­dig für Land- und Ver­fah­rens­tech­nik in der Au­ßen­wirt­schaft. Unter an­de­rem be­treut er Ba­che­lor- und Mas­ter-Mo­du­le im Be­reich Smart Far­ming, Bo­den­schutz und Kon­zep­te der Bio­mas­sen­ut­zung. Er sprach mit Julia Kö­nigs im viel.-In­ter­view über sei­nen Wer­de­gang. 

Was be­geis­tert Sie so für Ihr Fach­ge­biet? 

Die ver­fah­rens­tech­ni­sche Kom­po­nen­te, die sich aus Tech­nik, Know How und Mach­bar­keit zu­sam­men­setzt. Das be­deu­tet, dass diese Kom­bi­na­ti­on es er­mög­licht, aus land­wirt­schaft­li­cher, wis­sen­schaft­li­cher und ge­sell­schaft­li­cher Sicht den Tech­nik­ein­satz zu re­flek­tie­ren. 

Sie haben in Halle Agrar­wirt­schaf­ten stu­diert, eine Prü­fung zum Dipl.-Ing. agr. ab­ge­legt und da­nach als Pro­dukt­ma­na­ger bei der Firma AgriCon ge­ar­bei­tet, die in­tel­li­gen­te Stra­te­gi­en für den mo­der­nen, di­gi­ta­len Pflan­zen­bau ent­wi­ckelt, also das Smart Far­ming. Was waren dort Ihre Auf­ga­ben für je­man­den mit Ihrem Stu­di­en­hin­ter­grund?

Ich habe dort eine neue Tech­nik, den N-Sen­sor, in die land­wirt­schaft­li­che Pra­xis ein­ge­führt und den Ver­trieb bei den tech­ni­schen Fra­gen un­ter­stützt. Die­ser Sen­sor, heute im Pre­cis­i­on Far­ming un­er­läss­lich, ist ein Tool, der den Dünge-Be­darf an Stick­stoff des pflanz­li­chen Be­stan­des schnell und ef­fi­zi­ent er­fas­sen kann. 

Aus heu­ti­ger Sicht kann ich sagen, dass ich durch mein Agrar­stu­di­um an der Uni gar nicht gut auf diese Auf­ga­ben vor­be­rei­tet wurde und mir somit alles selbst er­ar­bei­ten muss­te. Ich habe in die­ser Zeit also mehr für meine Zu­kunft ge­lernt, als in mei­nem da­ma­li­gen Stu­di­um. 

Warum dann trotz­dem der Wech­sel zu­rück in die For­schung?

For­schung hat den Reiz, neue, ei­ge­ne Ideen auf ihre Mach­bar­keit und prak­ti­sche Re­le­vanz zu über­prü­fen und nicht wie im Pro­dukt­ma­nage­ment zu­nächst den Um­satz und die Er­lö­se im Blick zu haben. An der CAU Kiel habe ich im Be­reich der land­wirt­schaft­li­chen Ver­fah­rens­tech­nik pro­mo­viert. Mein Dok­tor­va­ter Pro­fes­sor Isen­see hat mich auf der Agri­tech­ni­ca 2001 auf dem Mes­se­stand mei­ner Firma sehr in­ter­es­siert zum Thema N-Sen­sor be­fragt und mir ge­zielt bis dato un­be­ant­wor­te­te Fra­gen ge­stellt. Nach einer Stun­de Ge­spräch hat er mit eine Pro­mo­ti­ons­stel­le an sei­nem In­sti­tut an­ge­bo­ten. Im Ja­nu­ar 2002 habe ich als wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter be­gon­nen, das span­nen­de Thema „In­no­va­ti­ve Echt­zeitsen­so­rik zur Be­stim­mung und Re­ge­lung der Pro­dukt­qua­li­tät von Ge­trei­de wäh­rend des Mäh­druschs“ zu be­ar­bei­ten. 

Seit 2005 sind Sie be­ru­fe­ner Pro­fes­sor an der FH Kiel. Warum haben Sie den Wech­sel von der Uni­ver­si­tät zur Fach­hoch­schu­le ein­ge­schla­gen? 

Ich hatte mich mit 29 Jah­ren auf die Stel­le be­wor­ben. Nach dem Be­ru­fungs­ver­fah­ren er­hielt ich den Ruf auf diese Stel­le – das hat mich per­sön­lich sehr ge­reizt. Au­ßer­dem ist Schles­wig-Hol­stein das schöns­te Bun­des­land mit den in­ter­es­san­tes­ten land­wirt­schaft­li­chen Struk­tu­ren. Ich bin hier sehr glück­lich, so­dass ich das be­ruf­li­che und das per­sön­li­che In­ter­es­se per­fekt er­gän­zen kann. 

Wür­den Sie auf Ihrem Kar­rie­re­weg etwas an­ders ma­chen?

Vie­les würde ich ge­nau­so ma­chen, vor allem der Weg nach dem Stu­di­um in die In­dus­trie hat mich per­sön­lich sehr po­si­tiv ge­prägt. Aus heu­ti­ger Sicht würde ich nur raten, schon wäh­rend des Stu­di­ums mehr Aus­lands­auf­ent­hal­te an­zu­stre­ben. Wich­tig ist der in­ter­es­sier­te und of­fe­ne Blick für jedes noch so klei­ne De­tail, um das große Ganze zu er­ken­nen. 

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