Eine Frau© H. Ohm

Heute in der Reihe „Wie wird man ei­gent­lich Pro­fes­sor*in?“: Elke Kro­ne­wald

von Julia Kö­nigs

Seit drei Jah­ren hat Dr. Elke Kro­ne­wald die Pro­fes­sur für Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ma­nage­ment und PR-Eva­lua­ti­on inne. Als Stu­di­en­gangs­lei­te­rin am Fach­be­reich Me­di­en ist sie au­ßer­dem für den Ba­che­lor-Stu­di­en­gang „Öf­fent­lich­keits­ar­beit und Un­ter­neh­mens­kom­mu­ni­ka­ti­on“ sowie den Mas­ter-Stu­di­en­gang „An­ge­wand­te Kom­mu­ni­ka­ti­ons­wis­sen­schaft“ zu­stän­dig. Im In­ter­view mit Julia Kö­nigs aus der viel.-Re­dak­ti­on be­rich­tet die FH-Pro­fes­so­rin von ihrer be­ruf­li­chen Lauf­bahn und ihren per­sön­li­chen Er­fah­run­gen in der Me­di­en­welt. 

Frau Kro­ne­wald, wie ist es dazu ge­kom­men, dass Sie heute als Pro­fes­so­rin an der FH Kiel tätig sind?

Ich habe in Mün­chen Kom­mu­ni­ka­ti­ons­wis­sen­schaf­ten mit den Ne­ben­fä­chern Psy­cho­lo­gie und Psy­cho­lin­gu­is­tik stu­diert. Nach mei­nem Ab­schluss kam mein Pro­fes­sor mit einer Idee auf mich zu: Ein Markt- und Me­di­en­for­schungs­in­sti­tut in Lud­wigs­ha­fen am Rhein such­te nach einer Mit­ar­bei­te­rin. Gleich­zei­tig konn­te ich auf die­ser Stel­le pro­mo­vie­ren. 

Meine El­tern haben kei­nen aka­de­mi­schen Hin­ter­grund, so dass eine Kar­rie­re in der Wis­sen­schaft nicht un­be­dingt der na­he­lie­gends­te Weg war. Plötz­lich war dann diese Op­ti­on da, die ich mir an­ge­se­hen und an­ge­nom­men habe. Im In­sti­tut haben wir quan­ti­ta­ti­ve und qua­li­ta­ti­ve For­schung für Me­di­en­un­ter­neh­men und die Re­gi­on be­trie­ben, also zum Bei­spiel er­forscht, wie gut Kun­den­kar­ten oder TV-Trai­ler bei wel­cher Ziel­grup­pe an­kom­men. Par­al­lel habe ich an mei­ner Pro­mo­ti­on zum Thema „Fern­seh­nut­zung von Sin­gles und Li­ier­ten“ ge­ar­bei­tet sowie Lehr­auf­trä­ge an der Be­rufs­aka­de­mie Mann­heim zum Thema Kom­mu­ni­ka­ti­ons­po­li­tik an­ge­nom­men. 

Im An­schluss hatte ich für ein paar Mo­na­te eine Ver­tre­tungs­stel­le am In­sti­tut für Kom­mu­ni­ka­ti­ons­wis­sen­schaft und Me­di­en­for­schung der LMU in Mün­chen und schloss meine Pro­mo­ti­on ab. Da­nach ging ich für fünf Jahre nach Mainz an ein In­sti­tut für PR-Eva­lua­ti­on und da­ten­ba­sier­te PR-Be­ra­tung, wo ich span­nen­de Pro­jek­te in den Be­rei­chen Is­su­es- und Re­pu­ta­ti­ons­ma­nage­ment be­treu­en durf­te. Da ich wei­ter­hin immer die Hoch­schul­nä­he ge­pflegt, also auch an der Uni Mainz Lehr­auf­trä­ge über­nom­men habe, merk­te ich ir­gend­wann, dass ich meine Pro­mo­ti­on noch an­der­wei­tig ein­set­zen woll­te. FHs legen neben einer Pro­mo­ti­on ins­be­son­de­re Wert auf Pra­xis- und Be­rufs­er­fah­rung, min­des­tens fünf Jahre, davon drei Jahre au­ßer­halb des Hoch­schul­be­triebs. Bei der pri­va­ten Hoch­schu­le Ma­cro­me­dia in Stutt­gart habe ich dann die Pro­fes­sur für PR und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ma­nage­ment über­nom­men. 

Wie kamen Sie dann an die FH Kiel?

Ich woll­te an eine staat­li­che Hoch­schu­le, um wie­der Neues zu ent­de­cken. Das pra­xis­ori­en­tier­te Ar­bei­ten ist hier sehr an­ge­nehm. Stu­di­en­gangs­lei­te­rin war ich be­reits an der Ma­cro­me­dia, aber an der FH Kiel habe ich mehr Frei­heits­gra­de in der Kon­zep­ti­on. Das be­deu­tet, dass ich ge­wis­se Schwer­punk­te set­zen kann, na­tür­lich in Ab­stim­mung mit dem Kol­le­gi­um und pas­send zum Ge­samt-Cur­ri­cu­lum. 

Was be­geis­tert Sie so für Ihre Fach­rich­tung? 

Zu­nächst die Dy­na­mik der Me­di­en­welt und damit des Fa­ches. Man kann je­der­zeit neue The­men, Platt­for­men und Fall­stu­di­en ent­de­cken und diese in die Lehre ein­bau­en. 

Was mich zudem schon wäh­rend mei­nes em­pi­risch aus­ge­rich­te­ten Stu­di­ums in Mün­chen fas­zi­niert hat, ist, dass man mit wis­sen­schaft­li­chen Me­tho­den ver­sucht, den Men­schen oder me­dia­le Phä­no­me­ne greif­bar zu ma­chen. Das ist auch in der PR-For­schung ge­ge­ben, weil jed­we­de Kom­mu­ni­ka­ti­on, sei es durch Jour­na­lis­ten, Un­ter­neh­men oder NGOs, uns alle be­trifft, jeden Tag. Warum lesen oder schau­en wir diese In­hal­te an und nicht an­de­re? Wel­che Se­lek­ti­ons­kri­te­ri­en haben da – so­wohl auf An­bie­ter- als auch auf Re­zi­pi­en­ten­sei­te – statt­ge­fun­den? Das finde ich span­nend. 

Ich bin ein sehr ana­ly­ti­scher und struk­tu­rier­ter Mensch, daher ge­fällt mir auch die Ent­wick­lung von Kom­mu­ni­ka­ti­ons­kon­zep­ten. Da geht es darum, sich in ein Thema ein­zu­ar­bei­ten, ein Fun­da­ment zu schaf­fen, eine strin­gen­te Linie für die Kom­mu­ni­ka­ti­on eines Kun­den, sei es ein Sport­ar­ti­kel­her­stel­ler oder ein Re­stau­rant, zu fin­den und dann zu ar­gu­men­tie­ren, warum dies sinn­voll und ziel­füh­rend ist. 

Wie sieht ihr ty­pi­scher Ar­beits­all­tag als Pro­fes­so­rin am Fach­be­reich Me­di­en aus?

In den Se­mes­ter­fe­ri­en ste­hen Prü­fungs­pha­sen, Kor­rek­tu­ren, Ein­sicht­nah­men an. Auch stel­le ich Skrip­te zu­sam­men oder ak­tua­li­sie­re In­hal­te für Mo­du­le, die ich über­neh­me. Gleich­zei­tig über­le­ge ich mir das Kon­zept für Ver­an­stal­tun­gen: Was kann ich an­ders ma­chen, was kann ich op­ti­mie­ren? Die An­ge­bo­te des ZLL und un­se­re Eva­lu­ie­run­gen im Lehr­be­trieb sind hier gute An­knüp­fungs­punk­te. 

Im lau­fen­den Se­mes­ter haben wir 18 Se­mes­ter­wo­chen­stun­den Lehre. Das heißt, dass ich Vor­le­sun­gen und Übun­gen vor­be­rei­te, durch­füh­re, nach­be­rei­te sowie Pro­jekt- und Ab­schluss­ar­bei­ten be­treue. Da muss man dau­er­haft prä­sent sein, auf­merk­sam blei­ben, viel reden. Das ist an man­chen Tagen psy­chisch und phy­sisch durch­aus her­aus­for­dernd. Die erste Woche eines neuen Se­mes­ters ist für die Stim­me häu­fig be­son­ders hart. Oft muss man auch schnell re­agie­ren, wenn sich ein Dis­kurs mit den Stu­die­ren­den er­gibt. Vie­les kann man sich zwar ge­mein­sam er­ar­bei­ten, aber ein ge­wis­ses Maß an Spon­ta­nei­tät ist schon wich­tig. 

Dazu kommt noch die Ar­beit im Kon­vent und in Gre­mi­en, un­se­re Dienst­be­spre­chun­gen, Ent­wick­lun­gen von IDW-Kur­sen, Auf- und Aus­bau von Pra­xis­kon­tak­ten, die Sit­zun­gen un­se­res PR-Bei­ra­tes … Meine ei­ge­ne For­schung ist daher eher zum „Hobby“ ge­wor­den, das ich ne­ben­bei be­trei­be. 

Was be­deu­tet das genau?

Ich habe mit mei­nen Stu­die­ren­den ein gutes Ko­ope­ra­ti­ons­kon­zept ge­fun­den, um den Kon­takt in die For­schung nicht zu ver­lie­ren. Ich kann mich für sehr viele The­men be­geis­tern. Daher ge­fällt es mir, mich mit den Stu­die­ren­den in neue Ge­bie­te ein­zu­ar­bei­ten, schlie­ß­lich ist die Kom­mu­ni­ka­ti­ons­bran­che so fa­cet­ten­reich. Ge­gen­sei­ti­ge In­spi­ra­ti­on ist hier das Stich­wort. Ich bin auch ein gro­ßer Freund davon, dass Stu­die­ren­de mit ei­ge­nen The­men auf mich zu­kom­men, be­son­ders bei The­sen. Ich möch­te för­dern, dass man In­ter­es­se am ei­ge­nen For­schungs­ge­biet ent­wi­ckelt, ei­ge­ne Fra­ge­stel­lun­gen über­legt. Das ist auch im All­tag und für die per­sön­li­che Ent­wick­lung wich­tig!

Was ist für Sie das Beste an Ihrer Ar­beit?

Dass ich mich täg­lich mit un­ter­schied­li­chen Per­sön­lich­kei­ten und In­ter­es­sen aus­ein­an­der­set­zen kann. Auch eine ge­wis­se Form von Gui­dance an die Stu­die­ren­den wei­ter­zu­ge­ben, ge­fällt mir. Gleich­zei­tig schät­ze ich es, wenn Men­schen ei­gen­stän­dig den­ken, sich also an mei­nen Vor­stel­lun­gen stö­ren und ver­ar­gu­men­tie­ren, warum sie etwas an­ders sehen. Es soll­te mehr ge­för­dert wer­den, kri­tisch zu den­ken, an­statt nur nach guten Noten zu lech­zen. Die FH soll­te eine Be­geg­nungs­stät­te sein, an der man sich ge­gen­sei­tig in­spi­rie­ren kann. 

Haben es Frau­en in der aka­de­mi­schen Lauf­bahn schwe­rer als Män­ner?

Ich war lange wenig sen­si­bi­li­siert für die­ses Thema, da ich mich nie be­nach­tei­ligt ge­fühlt habe. Mir wurde nie si­gna­li­siert, dass ich etwas nicht er­rei­chen kann, nur weil ich eine Frau bin. Viel­leicht bin ich da etwas zu naiv ge­we­sen. Erst in den letz­ten Jah­ren merke ich, dass Frau­en in ver­schie­dens­ten Be­ru­fen und auch im Hoch­schul­be­reich an­ders ge­se­hen wer­den. Manch­mal ist das be­stimmt auch mit den in­di­vi­du­el­len Per­sön­lich­kei­ten er­klär­bar und nicht nur ein Mann-/Frau-Thema; daher soll­te man sich nicht nur in der Op­fer­rol­le sehen, son­dern sich frei­schwim­men und das ei­ge­ne Netz­werk auf­bau­en. Per­sön­lich habe ich das Frau-Sein nie als nach­tei­lig emp­fun­den, weil ich immer offen emp­fan­gen wurde. Ich weiß aber auch, dass mir mein Dok­tor­ti­tel in einer Män­ner­do­mä­ne wie der Au­to­mo­bil­bran­che, wo ich auch be­ra­ten habe, nicht ge­scha­det hat. 

Haben Sie Rat­schlä­ge an Stu­die­ren­de, die eben­falls Do­zent*in oder Pro­fes­sor*in wer­den wol­len?

Die FH-Pro­fes­sur ist per­fekt, weil man Pra­xis­er­fah­rung braucht. Man kann sich zu­nächst in der Ar­beits­welt um­se­hen und dann spä­ter ent­schei­den, ob man an die Hoch­schu­le zu­rück­keh­ren möch­te. Der Kon­takt zu der ei­ge­nen oder der Hoch­schu­len am Le­bens­mit­tel­punkt kann auch wäh­rend einer Be­rufs­tä­tig­keit ge­pflegt wer­den, denn Ex­ter­ne aus der Pra­xis sind für Lehr­auf­trä­ge sehr be­gehrt. So bleibt man im Trai­ning und ver­liert das Sys­tem Hoch­schu­le, das sich lau­fend wei­ter­ent­wi­ckelt, nicht aus den Augen. 

Eine Dis­ser­ta­ti­on kann man auch be­rufs­be­glei­tend ab­sol­vie­ren, was an­stren­gend, aber mög­lich ist. Man soll­te zudem ab und zu Fach­ta­gun­gen be­su­chen, sich mit ehe­ma­li­gen Do­zen­ten über Xing oder Lin­kedIn ver­net­zen, sein Netz­werk pfle­gen, um Op­tio­nen offen zu hal­ten … Ins­be­son­de­re eine Pro­fes­sur ist je­doch durch die auf­wän­di­gen Be­ru­fungs­ver­fah­ren und vie­len In­ter­es­sen­ten nicht wirk­lich plan­bar - man soll­te auch immer einen Plan B haben.

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