Ein Mann am Laptop© T. Rie­del

Heute in der Reihe „Alum­ni im Por­trait“: Tyll Rie­del

von Len­nard Woro­bic

Im Sep­tem­ber 2010 zog Tyll Rie­del in die Lan­des­haupt­stadt Schles­wig-Hol­steins, um an der Fach­hoch­schu­le Kiel Mul­ti­me­dia Pro­duc­tion zu stu­die­ren. Seit­her wird die Tech­nik immer fort­schritt­li­cher, und auch für Tyll Rie­del hat sich ei­ni­ges ver­än­dert. Wäh­rend sei­nes Stu­di­ums war er noch für die viel. als Fo­to­graf und Lay­ou­ter tätig, im Mai 2019 trat der 31-jäh­ri­ge seine Stel­le als Di­gi­tal De­si­gner bei der Frank­fur­ter All­ge­mei­nen Zei­tung an.

Schon früh hatte Rie­del Kon­takt mit Me­di­en. „Ich bin frü­her viel in der Skate­board­sze­ne un­ter­wegs ge­we­sen“, er­zählt er und fügt hinzu: „Ir­gend­wann wurde dann je­mand ge­braucht, der mal ein paar Fotos macht oder etwas filmt.“ Um sei­ner auf­kom­men­den Lei­den­schaft für die Fo­to­gra­fie nach­zu­ge­hen, er­stei­ger­te sich Tyll Rie­del eine Ka­me­ra bei Ebay. „Dann habe ich an­ge­fan­gen, erste Vi­de­os zu schnei­den“, er­in­nert er sich, „da habe ich meine ers­ten Be­rüh­rungs­punk­te mit dem Thema Me­di­en ge­habt.“ Im An­schluss ent­stand die Idee, wei­ter in diese Rich­tung zu gehen. Seine Ju­gend ver­brach­te Tyll Rie­del im klei­nen Win­sen an der Aller in Nie­der­sach­sen – 15 Ki­lo­me­ter ent­fernt von Celle, wo er seine Fach­hoch­schul­rei­fe an einer Fach­ober­schu­le für Ge­stal­tung ab­sol­vier­te. „Da hatte ich auch schon Fä­cher wie Ty­po­gra­fie, Me­di­en- und Druck­tech­nik“, be­rich­tet Rie­del von sei­nem ge­stal­tungs­ori­en­tier­ten Ab­itur, wel­ches sei­nen spä­te­ren Wer­de­gang in die Wege lei­te­te.

Als Rie­del das erste Mal etwas mit Me­di­en­pro­duk­ti­on zu tun hatte, war die Tech­nik noch auf einem an­de­ren Stand als heute. Von 2007 bis 2010 er­leb­te er in sei­ner Aus­bil­dung zum Me­di­en­ge­stal­ter bei Mo­bi­lestreams Eu­ro­pe GmbH „eine ganz span­nen­de Zeit, weil da ge­ra­de das erste iPho­ne in den USA re­leased wurde.“ Ob­wohl es noch gar nicht so lange her ist, habe sich seit­dem viel getan. „Mo­bi­lestreams hat viel im Be­reich WAP-Ser­vices ge­macht“, be­rich­tet Tyll Rie­del und er­klärt an­schlie­ßend: „Das war da­mals mit die erste Mög­lich­keit, Web­sites über Han­dys an­zu­steu­ern und sich ir­gend­wel­che Klin­gel­tö­ne, Bild­chen oder Film­chen her­un­ter­zu­la­den.“

Nach sei­ner Aus­bil­dung in­ter­es­sier­te sich Tyll Rie­del für den wis­sen­schaft­li­chen As­pekt der Me­di­en. Rie­del selbst sagt, er habe ein Stu­di­um „nicht wirk­lich auf dem Schirm ge­habt“. Seine Mit­be­woh­ne­rin, die im sel­ben Un­ter­neh­men ihre Aus­bil­dung ab­sol­vier­te, brach­te ihn letzt­end­lich auf die Idee, sich für den Stu­di­en­gang Mul­ti­me­dia Pro­duc­tion zu be­wer­ben. Ge­sagt, getan! In Kiel war Rie­del zuvor noch nicht ge­we­sen, zur Woh­nungs­be­sich­ti­gung und zum Ein­schrei­ben an der FH kam er erst­mals in die Sai­ling City. So schnell soll­te er vor­erst auch nicht wie­der gehen.

„Am Stu­di­um hat mir vie­les ge­fal­len – ich bin einer von denen, die gerne stu­diert haben“, sagt Tyll Rie­del und lacht. Da­durch, dass er vor­her eine Aus­bil­dung ge­macht hat, habe er mit einem Ziel stu­diert. Er hatte einen Plan für spä­ter – und Lust auf den Me­di­en­be­reich. „Ich habe dann recht schnell ge­lernt, dass wenn man sich an der Hoch­schu­le ein biss­chen en­ga­giert, das Stu­di­um auch rich­tig Spaß macht“, so Rie­del über seine Zeit an der FH Kiel. Für Pro­jek­te, an denen er als Stu­dent mit­wir­ken konn­te, sei er dank­bar ge­we­sen. Gleich zu Be­ginn sei­nes Stu­di­ums en­ga­gier­te sich Tyll Rie­del in HiWi-Jobs bei der viel., im Me­di­en­dom oder als Fo­to­graf bei ver­schie­de­nen Ver­an­stal­tun­gen an der Fach­hoch­schu­le. „Ab dem zwei­ten Se­mes­ter bin ich immer mor­gens mit dem Fahr­rad zur Fähre und rüber zur FH“, er­zählt Rie­del und er­gänzt: „Das ist auch eine Sache, die ich ver­mis­se.“ Im For­schungs- und Ent­wick­lungs­zen­trum der FH Kiel pro­du­zier­te der ge­lern­te Me­di­en­ge­stal­ter ge­mein­sam mit einem Kom­mi­li­to­nen einen Image­film für die FINO-For­schungs­platt­form. „Drei­mal sind wir mit einem He­li­ko­pter zu die­sen Platt­for­men ge­flo­gen, um dort Auf­nah­men zu ma­chen“, er­zählt Tyll Rie­del. Zuvor muss­ten sie sogar Si­cher­heits-Trai­nings ab­sol­vie­ren und einen Hö­hen­ret­tungs­schein ma­chen. Über die Ar­beit bei der viel. sagt Rie­del: „Ich würde sagen, dass das im Nach­hin­ein einen gro­ßen Ein­fluss dar­auf hatte, was ich jetzt auch mache.“ Es folg­ten Sta­tio­nen bei New Com­mu­ni­ca­ti­on und der Ca­nu­do GmbH, die im Frank­fur­ter Raum an­säs­sig ist, bis er durch Zu­fall auf eine An­zei­ge der Frank­fur­ter All­ge­mei­nen Zei­tung stieß.

„Dass alles cross­me­di­al in ein di­gi­ta­les For­mat flie­ßt“ mach­te für Tyll Rie­del einen be­son­de­ren Reiz an der Stel­le bei der FAZ aus. Die Be­schäf­ti­gung mit Jour­na­lis­mus, Sto­ry­tel­ling und in­ter­ak­ti­ven Web­sei­ten in­ter­es­sie­ren den ge­bür­ti­gen Nie­der­sach­sen. „Ich dach­te mir: ‚Das ist ja ei­gent­lich ge­ra­de das, was du die ganze Zeit ge­sucht hast‘“, be­rich­tet er be­geis­tert. Als Di­gi­tal De­si­gner/ De­ve­l­oper be­sitzt er nach ei­ge­ner Aus­sa­ge eine Art „Hy­brid­funk­ti­on“. „Auf der einen Seite ge­stal­te ich di­gi­ta­le Lay­outs und User In­ter­faces – auf der an­de­ren Seite pro­gram­mie­re ich das, was ich ge­stal­te, und brin­ge das Ganze ins Netz“, so Rie­del. Be­son­ders ge­fal­le ihm an sei­ner Ar­beit, dass er so­wohl krea­ti­ve als auch tech­ni­sche Auf­ga­ben über­nimmt. „Da­durch hat man viel Ge­stal­tungs­spiel­raum“, meint der 31-jäh­ri­ge. Die FAZ ist als Un­ter­neh­men in Re­dak­ti­on und Ver­lag, in wel­chem Rie­del ar­bei­tet, auf­ge­teilt. Ein gro­ßer Teil sei­nes Auf­ga­be­be­rei­ches ist das so­ge­nann­te Con­tent-Mar­ke­ting. „Wenn jetzt zum Bei­spiel ein Un­ter­neh­men kommt, das auf eine in­ter­es­san­te Art und Weise eine neue Tech­no­lo­gie oder ein Pro­dukt dar­stel­len möch­te, wird ein Team ge­bil­det aus einem Jour­na­lis­ten, einem Foto- oder einem Vi­deo­gra­fen, einem Ge­stal­ter, einem Pro­gram­mie­rer und einem Pro­jekt­lei­ter“, er­klärt Tyll Rie­del. Dar­aus ent­stün­den im End­ef­fekt ver­schie­dens­te Ge­schich­ten, die in ein in­ter­ak­ti­ves For­mat ge­gos­sen wer­den. Auch bei der Au­ßen­dar­stel­lung der Frank­fur­ter All­ge­mei­nen Zei­tung wirkt Rie­del mit. „Be­son­ders die ver­schie­de­nen Apps und die Web­sei­te sind Ka­nä­le, mit denen ich viel zu tun habe“, be­rich­tet der Me­di­en­pro­du­zent. Das Spek­trum, in wel­chem er ar­bei­tet, ist dabei breit ge­fä­chert. Es sei auch schon mal vor­ge­kom­men, dass er im Print­be­reich der FAZ ein­ge­sprun­gen ist, wenn ein Kol­le­ge krank war. „Ich habe gleich von An­fang an die Ge­stal­tung im Di­gi­tal- und Print­be­reich sowie die Um­set­zung über­nom­men, da­durch bin ich echt schnell in das Un­ter­neh­men rein­ge­kom­men“, er­zählt Tyll Rie­del von sei­ner Ein­ar­bei­tung. Be­reits in sei­ner ers­ten Woche setz­te er ein Pro­jekt mit dem Au­to­mo­bil­her­stel­ler SEAT um. Auch die Zu­sam­men­ar­beit mit den Pro­dukt- und Mar­ke­ting­ma­na­gern für die FAZ-Apps be­rei­tet ihm Spaß: „Ich konn­te Vor­schlä­ge für Ver­bes­se­run­gen ma­chen, die dann um­ge­setzt wur­den und einen mess­ba­ren Er­folg auf­wie­sen“, be­rich­tet Rie­del.

Drei Mo­na­te bevor Tyll Rie­del nach Frank­furt zog, war er zum ers­ten Mal zu Be­such in der Main­me­tro­po­le. „Da hatte ich mich noch gar nicht auf den Job be­wor­ben, und ein paar Mo­na­te spä­ter habe ich dann plötz­lich da ge­wohnt“, so der 31-jäh­ri­ge. Zu­nächst lebte er im Stadt­teil Born­heim, mitt­ler­wei­le wohnt er etwas wei­ter au­ßer­halb in Bad Hom­burg – nicht weit ent­fernt vom Mit­tel­ge­bir­ge Tau­nus. „Da­durch, dass ich gerne viel drau­ßen bin, ist das ein guter Kom­pro­miss für mich – man wohnt au­ßer­halb, aber mit guter An­bin­dung“, sagt Rie­del. In sei­ner Frei­zeit schraubt er gerne an Fahr­rä­dern herum oder geht wan­dern, in Bad Hom­burg gibt es dafür deut­lich mehr Mög­lich­kei­ten als im Zen­trum Frank­furts. Die Stadt sei we­sent­lich vol­ler, schnel­ler und in­ter­na­tio­na­ler als Kiel, meint Rie­del: „Tags­über wird Frank­furt zur Mil­lio­nen­stadt, weil ein­fach so viele Leute zum Ar­bei­ten in die Stadt pen­deln.“

Min­des­tens ge­nau­so span­nend wie die Zeit des ers­ten iPho­nes wer­den auch die nächs­ten Jahre in der Me­di­en­bran­che – einem schnell­le­bi­gen Feld mit vie­len Mög­lich­kei­ten. Des­sen ist sich auch Tyll Rie­del be­wusst. „Die gro­ßen Ver­lags­häu­ser müs­sen alle ein biss­chen gu­cken was das Ge­schäfts­mo­dell der Zu­kunft ist“, sagt er be­stimmt. Auch bei der FAZ steht das auf der Agen­da, neue For­ma­te wie Pod­casts lie­gen im Trend. „Das sind alles The­men­fel­der, die echt in­ter­es­sant sind“, so Rie­del. Wäh­rend­des­sen gehen die Auf­la­ge­zah­len von klas­si­schen Print­zei­tun­gen zu­rück. Trotz­dem sei die FAZ mit ver­schie­de­nen Abo-Mo­del­len wie FAZ PLUS oder einer täg­lich auf­be­rei­te­ten Mul­ti­me­dia-Aus­ga­be gut auf­ge­stellt, meint Rie­del. „Man merkt auf jeden Fall, dass es noch Leute gibt, die für guten Jour­na­lis­mus be­reit sind zu zah­len“, so der Di­gi­tal De­si­gner. Damit das so bleibt, ar­bei­ten Tyll Rie­del und seine Kol­leg*innen wei­ter an Kon­zep­ten, um den mo­der­nen Jour­na­lis­mus für die Her­aus­for­de­run­gen der Di­gi­ta­li­sie­rung stark zu ma­chen. 

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