Burcu Cevher ist weder Olympia-Teilnehmerin noch Hochleistungsportlerin sondern Betriebswirtin. Trotzdem ist die 31-Jährige gerade mit einer Goldmedaille im Gepäck aus Schottland zurückgekehrt. Ein Jahr lang hatte sie an der Napier University in Edinburgh studiert – und wurde zum Abschluss mit der „university class medal for best over all performance“ ausgezeichnet, also der Universitätsmedaille für die beste Gesamtleistung in ihrer Klasse
„Ich hätte nie damit gerechnet – besonders nicht als ausländische Studentin“, sagt Burcu Cevher. Das völlig andere Notensystem in Schottland hat es ihr schwer gemacht, die eigenen Leistungen richtig einzuschätzen. So gibt es für herausragende Leistungen D-Noten (D steht für „distinction“, Auszeichnung), P-Noten fürs Bestehen (P steht für „passed“, bestanden) sowie F-Noten, wenn man durchgefallen ist (F steht für „failure“) – jeweils von eins bis fünf. Die Bestnote von Burcu Cevher war ein D2. „Das zu bekommen, war allerdings fast ein Ding der Unmöglichkeit“, berichtet die frisch gebackene Betriebswirtin. Wie genau die Umrechnung ins deutsche Notensystem erfolgt, ist schwer zu verstehen. So kommt es, dass die junge Frau ihren eigenen Notendurchschnitt noch gar nicht kennt: Sie muss auf ihr Zeugnis von der Fachhochschule Kiel warten. Was sie aber schon verraten kann: „Die Note meiner Abschlussarbeit ist umgerechnet eine 1,0.“
Ihr Studium der Betriebswirtschaftslehre hat Burcu Cevher an der FH Kiel begonnen. „Für mich war immer klar, dass ich ins Ausland gehen möchte“, erzählt sie. Die Napier University ist eine von weltweit knapp 40 Partnerhochschulen des Fachbereichs Wirtschaft der Fachhochschule Kiel. Die Zusammenarbeit und die Anerkennung von Studienleistungen sind mit den Partnerhochschulen klar geregelt. So hat Burcu Cevher neben ihrer Medaille nach einem Jahr in Schottland auch zwei Hochschulabschlüsse in der Tasche: Denn wer ein Jahr im Ausland studiert, bekommt sowohl den Abschluss an der Fachhochschule Kiel als auch den Abschluss an der Partneruniversität.
Wenn Burcu Cevher von der Napier University erzählt, gerät sie ins Schwärmen: „Edinburgh ist eine wunderschöne Stadt, die sehr studentisch geprägt ist. Außerdem sind die Professoren sehr nett und es gibt keine Berührungsängste.“ Als Studentin wurde die junge Frau dort in einem Mentoren-System eng betreut und hatte jede zweite Woche ein Meeting mit ihrem Professor. „Es ist toll, dass es auf dem Campus schöne Cafés gibt, so dass man sich mit den Professorinnen und Professoren ganz entspannt bei einem Kaffee unterhalten kann.“
Doch auch ihr Studium an der Fachhochschule Kiel möchte Burcu Cevher nicht missen: „Einige Fächer kamen mir in Schottland etwas oberflächlich vor. In Marketing zum Beispiel habe ich nichts gelernt, was ich nicht schon wusste. An der FH Kiel geht man einfach weiter in die Tiefe. Gerade das Thema Controlling ist hier sehr ausgeprägt.“
Die gebürtige Kielerin beginnt direkt im Anschluss an ihr Studium als Trainee im Bereich Controlling bei Rheinmetall in Düsseldorf. „Ich werde Kiel vermissen“, sagt sie. „Insbesondere das Wasser, meine Familie und meine Freundinnen und Freunde!“
Auf die Frage, ob die Medaille nun einen Ehrenplatz bekomme, lacht Burcu Cevher. Sie hat die Medaille ihrer Mutter gegeben: „Meine Eltern haben immer so viel für mich gemacht und mich im Studium unterstützt – das ist ein kleines Dankeschön.“
Text: Jana Haverbier