Die Sieger des Capstone-Moduls an der FH Kiel 2024.© A. Wim­ber
Mit ihrer Idee für eine Strand­bar in Has­sel­fel­de über­zeug­ten die Stu­die­ren­den der ima­gi­nä­ren Sun­set­Group die Jury.

Fri­sche Idee für das Leben und Stu­die­ren auf dem Ost­ufer

von Ann-Chris­tin Wim­ber

Es ist voll im Au­di­max: Fast 150 Erst­se­mes­ter sit­zen hier seit Stun­den und prä­sen­tie­ren ihre Ideen zum `Leben und Stu­die­ren auf dem Ost­ufer rund um den Cam­pus der FH Kiel`. Es geht um nichts Ge­rin­ge­res als den FHreSH-Award für fri­sche Ideen.

„In die­sem Pflicht­mo­dul geht es darum, meh­re­re Ele­men­te der Be­triebs­wirt­schafts­leh­re zu­sam­men­zu­füh­ren - von Fi­nan­zen über Mar­ke­ting bis hin zur Kun­den­seg­men­tie­rung“, er­klärt Prof. Dr. Doris We­ßels Capstone. So heißt das Modul im Stu­di­en­gang Be­triebs­wirt­schafts­leh­re, in dem sich die Stu­die­ren­den mit Ge­schäfts­ide­en und Un­ter­neh­mens­grün­dun­gen be­schäf­ti­gen. „Wir wol­len, dass die Stu­die­ren­den mög­lichst schnell mer­ken, was ihnen Spaß macht und in wel­chem Be­reich sie sich nicht spe­zia­li­sie­ren wol­len. Das Be­son­de­re an die­sem Modul: Die vier Leh­ren­den des Fach­be­reichs - Maria Laatsch, Prof. Dr. Doris We­ßels, Prof. Dr. Anja Wie­busch und Prof. Dr. Julia Steh­mann - ste­hen den Erst­se­mes­tern als Coa­ches zur Seite. Ide­en­ent­wick­lung und -aus­wahl, Ge­schäfts­mo­dell- und Pitch-Coa­ching ste­hen auf dem Stun­den­plan. Dar­über hin­aus be­glei­ten die Do­zen­tin­nen die Teams von der Team­bil­dung bis zum ab­schlie­ßen­den Pitch.

Bei der Ab­schluss­ver­an­stal­tung am ver­gan­ge­nen Mon­tag im Au­di­max hat­ten die Teams je­weils acht Mi­nu­ten Zeit, einer hoch­ka­rä­ti­gen Jury ihre Idee zu prä­sen­tie­ren. Dabei hal­ten sie sich an eine große Struk­tur, die ein Un­ter­neh­men­sportrait, ein Wer­te­ver­spre­chen sowie eine Wett­be­werbs- und Kun­den­ana­ly­se um­fasst. Au­ßer­dem müs­sen die Stu­die­ren­den Zah­len lie­fern: Preis­kal­ku­la­ti­on, Ka­pi­tal­be­darf und Fi­nan­zie­rung, Um­satz­pla­nung und Ab­satz­pro­gno­se sowie Ge­winn- und Trag­fä­hig­keits­schwel­le müs­sen dar­ge­stellt wer­den.

„Wir haben fünf qua­li­ta­ti­ve und fünf quan­ti­ta­ti­ve Ka­pi­tel vor­ge­ge­ben“, sagt Prof. Dr. Steh­mann. Damit sind alle gro­ßen Be­rei­che der Be­triebs­wirt­schafts­leh­re ab­ge­deckt. Diese wer­den mal mehr, mal we­ni­ger aus­führ­lich dar­ge­stellt.

Doch in einem sind sich die Ju­ry­mit­glie­der – dazu ge­hö­ren auch Ul­ri­ke Salka, För­der­lot­sin der In­ves­ti­ti­ons­bank SH für Un­ter­neh­men und Grün­dung, Fa­bi­an Haus­hahn, Ge­schäfts­füh­rer der Kie­ler Wirt­schafts­ju­nio­ren, und Ma­ri­on Mayr-Tschofe­nig, Lei­te­rin des Start-Up Of­fice der FH Kiel – einig: Die Ideen der jun­gen Leute sind gro­ß­ar­tig und zei­gen, was am Ost­ufer ge­braucht wird. Zu den vor­ge­stell­ten Plä­nen ge­hö­ren unter an­de­rem meh­re­re Foodt­rucks, eine Sieb­druck­werk­statt und ein Ke­ra­mik­ca­fé, fünf Strand­bars in Has­sel­fel­de, Was­ser­ta­xen zum Selbst­fah­ren, Pop-Up-Stores, Es­sens­au­to­ma­ten und Un­ter­hal­tungs­an­ge­bo­te.

Nach rund fünf Stun­den haben es die Stu­die­ren­den ge­schafft – alle 21 Teams haben ihr Idee vor­ge­stellt. Die Jury braucht 20 Mi­nu­ten, dann ste­hen die fünf Preis­trä­ger der Plät­ze 1 bis 3 sowie zwei­er Son­der­prei­se von der IB.​SH und der Men­to­ren fest: Als ers­tes wird das Team auf die Bühne ge­holt, das sich den Price Hike Pub aus­ge­dacht hat, in dem sich die Ta­ges­prei­se nach der Nach­fra­ge rich­ten. Der sil­ber­ne FHreSH-Award geht an den East Side Bur­ger, einen Foodt­ruck, der mit einem na­he­zu per­fek­ten Pitch auf­war­tet. Das beste Ge­samt­pa­ket lie­fer­ten nach Mei­nung der Jury je­doch die vier Stu­die­ren­den der ima­gi­nä­ren Sun­set­Group ab. Die drei jun­gen Frau­en und ihr männ­li­cher Kol­le­ge wol­len zwar auch eine Strand­bar in Has­sel­fel­de er­öff­nen. Sie hät­ten aber, so die Be­grün­dung der Jury, nicht nur Stu­die­ren­de und Leh­ren­de, son­dern die grö­ß­te Ziel­grup­pe –  die Bür­ge­rin­nen und Bür­ger im Stadt­teil sowie Tou­ris­ten – im Blick ge­habt. Au­ßer­dem sei die Idee einer nach­hal­ti­gen und na­tur­na­hen Mi­ni­golf­an­la­ge mit Blick auf die un­ter­ge­hen­de Sonne am über­zeu­gends­ten ge­we­sen.

Die bei­den Son­der­prei­se gehen an die Strand­bar Bars­sel­fel­de wegen des mach­ba­ren und nach­voll­zieh­ba­ren Pit­ches sowie an das In­no­va­ti­ve Wohn­kon­zept am Ost­ufer für die gute Vor­ar­beit und weil die Stu­die­ren­den das Pro­blem der Woh­nungs­not er­kannt und krea­tiv an­ge­gan­gen sind.

„Wir haben einen sehr guten Ein­druck von dem be­kom­men, was das Ost­ufer braucht“, be­tont Bren­del und ist ins­ge­samt be­geis­tert von den vor­ge­stell­ten Ideen.

Von ihrem Sieg sind Lotte Kuper, Char­lin Czy­mai, Na­ta­lie Kohl­mei­er und Jacob Kruse über­rascht. „Nach­dem der drit­te Platz aus­ge­ru­fen wor­den war, hat­ten wir die Sache ei­gent­lich schon ab­ge­schrie­ben“, be­rich­tet Lotte. „Es gab im­mer­hin ei­ni­ge an­de­re Teams, die ähn­li­che Ideen prä­sen­tiert haben.“ Über die Gut­schei­ne vom Sand­ha­fen freu­en sich die Vier na­tür­lich trotz­dem. Aber ihre Idee in die Tat um­set­zen, das wol­len die Stu­die­ren­den nicht - trotz Bren­dels Ap­pell für mehr Grün­der­geist und Un­ter­neh­mer­tum. „Das Modul war ganz schön zeit­in­ten­siv“, er­klärt Jacob. „Ich kann mir nicht vor­stel­len, neben dem Stu­di­um noch ein Un­ter­neh­men zu grün­den.“

Zeit­in­ten­siv oder nicht: Die BWL-Stu­die­ren­den an der FH Kiel haben Glück, dass sie in den Ge­nuss die­ses ein­ma­li­gen Mo­duls kom­men. Denn mit Capstone hat die Fach­hoch­schu­le ein Al­lein­stel­lungs­merk­mal. Nir­gend­wo sonst gibt es ein so pra­xis­na­hes Grün­dungs­mo­dul. „Tat­säch­lich hat der Wis­sen­schafts­rat in sei­nem ak­tu­el­len Gut­ach­ten emp­foh­len, Un­ter­neh­mens­grün­dun­gen mög­lichst früh im Stu­di­um zu be­han­deln“, sagt We­ßels, die das Modul schon vor Jah­ren mit ihren en­ga­gier­ten Kol­le­gen und Kol­le­gin­nen im Fach­be­reich Wirt­schaft ge­mein­sam kon­zi­piert und kon­ti­nu­ier­lich wei­ter­ent­wi­ckelt hat. Dabei ging es dem Team vor allem um eine Lehre auf Au­gen­hö­he und die Ver­net­zung mit rea­len Ak­teu­ren aus der Grün­der­sze­ne und der Wirt­schaft.

Auch wenn die Erst­se­mes­ter nicht gleich im ers­ten Se­mes­ter grün­den wer­den: Die Ideen, die sie ent­wi­ckelt haben, könn­ten das Ost­ufer be­rei­chern. Und wer weiß: Viel­leicht greift ja einer von ihnen spä­ter die Idee doch noch ein­mal auf.

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