Frühe Mitbestimmung macht Kinder stark und durchbricht den Kreislauf der Vererbung von Armut. Das zeigen wissenschaftliche Studien. Doch welche Kompetenzen benötigen Fachkräfte in Kindertageseinrichtungen, um Kindern die Grundlagen von demokratischem Miteinander und gleichberechtigter Teilhabe zu eröffnen? Diese Frage untersucht eine Forschungsgruppe um Prof. Dr. Raingard Knauer (Fachhochschule Kiel) und Prof. Dr. Ulrich Bartosch (Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt) in den kommenden zweieinhalb Jahren, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit rund 640.000 Euro. Das Verbundprojekt ist Teil der „Ausweitung der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte“ (AWiFF).
„Die Aspekte Partizipation und Selbstbestimmung sind in manchen Kindertageseinrichtungen zwar bereits fester Bestandteil und ein Selbstverständnis. Zum Beispiel wenn die Fachkräfte geklärt haben, welche Rechte Kinder in ihrer Einrichtung haben sollen und Formen der Mitentscheidung wie Kinderparlamente entwickelt haben“, erklärt Prof. Knauer vom Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit: „Doch in der Diskussion um die Qualifikation von Fachkräften haben solche Fragestellungen jedoch bislang keinen systematischen Stellenwert.“ Dabei gelte es, gerade frühkindliche Erziehungs- und Bildungsprozesse als eine Phase zu begreifen, in der Kinder die Rechte haben, das private und gesellschaftliche Lebensumfeld aktiv mit zu gestalten.
Pädagogische Fachkräfte müssten demnach durch ihre berufliche und akademische Bildung an Berufsfachschulen, Fachschulen und Hochschulen die entsprechenden Schlüsselkompetenzen erwerben. „Es geht um ein Qualifikationsprofil der Zukunft“, betont Prof. Bartosch von der Fakultät für Soziale Arbeit. Der Pädagogikprofessor hat als Bologna-Experte der Hochschulrektorenkonferenz viel Erfahrung in der Konzeption von Studiengängen gesammelt. Seine Kieler Kollegin Prof. Knauer ist Expertin für die demokratische Gestaltung von Kindertageseinrichtungen und damit die Eröffnung früher Erfahrungen von Demokratie.
Beide Aspekte bilden den Rahmen des Forschungsprojektes. In Schleswig-Holstein ist es nicht zuletzt deswegen angesiedelt, weil das Land eine Tradition in der Umsetzung von Beteiligungsrechten von Kindern und Jugendlichen hat und diese Rechte als eines der ersten Bundesländer in die Landesverfassung aufgenommen hat. In Schleswig-Holstein wurde auch das erste Konzept für Partizipation von Kindern in Kindertageseinrichtungen, die sogenannte „Kinderstube der Demokratie“ entwickelt, vom Institut für Partizipation und Bildung e.V.
Das Kieler Forschungsteam wird zunächst beispielhaft in Schleswig-Holstein die spezifischen Ausbildungsziele an Fachschulen und Hochschulen erheben und Akteure u. a. auch zu vorhandenen didaktischen Modellen befragen. Hierbei arbeiten sie mit dem Regionalen Berufsbildungszentrum Soziales, Ernährung und Bau der Landeshauptstadt Kiel (RBZ 1) und dem Verband Evangelischer Kindertageseinrichtungen in Schleswig-Holstein e.V. zusammen. In einem zweiten Schritt werden sie überprüfen, wie sich die gewonnenen Erkenntnisse auf Bayern übertragen lassen – auch in Hinblick auf eine Vergleichbarkeit der Ausbildung, die mit diesem Projekt angestoßen werden soll.
Im Bereich „Ausweitung der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte“ (AWiFF) fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung 29 Vorhaben. Im Mittelpunkt des Forschungsinteresses stehen Transparenz, Qualität und Anschlussfähigkeit der Aus- und Weiterbildung für frühpädagogische Fachkräfte. Die Vorhaben haben zum Ziel, empirische Erkenntnisse über institutionelle und personelle Voraussetzungen und Notwendigkeiten im Bereich der frühen Bildung zu gewinnen. AWiFF wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung in den Jahren 2011 bis 2014 mit insgesamt rund 7,5 Mio. € finanziert.
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BU: Prof. Dr. Raingard Knauer (FH Kiel) und Prof. Dr. Ulrich Bartosch (KU) untersuchen in den nächsten zweieinhalb Jahren, wie sich das Thema „Demokratiebildung“ in der Ausbildung pädagogischer Fachkräfte von Kindertagesstätten systematisch verankern lässt. (Foto: upd)
veröffentlicht am 26.04.2012
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