Segelschiff Roald Amundsen© L. Hen­ne­mann/Ar­chiv

For­schen auf dem Tra­di­ti­ons­seg­ler - Roald Amun­d­sen star­tet zu "Stu­die­ren unter Se­geln"

von Ann-Chris­tin Wim­ber

Die Idee zu einer Stu­di­en­rei­se auf einem Se­gel­schiff ent­stand 2021. In An­leh­nung an gleich­ar­ti­ge Pro­jek­te für Schü­ler ent­wi­ckel­te die FH Kiel das Kon­zept für eine ein­wö­chi­ge Reise, bei der sich die Stu­die­ren­den mit einem Leit­the­ma be­fas­sen soll­ten. „In die­sem Se­mes­ter haben sich die Stu­die­ren­den, die aus ver­schie­de­nen Stu­di­en­se­mes­tern und Fach­rich­tun­gen stam­men, mit den Thema ‚Kli­ma­wan­del und ma­ri­ti­me Sys­te­me‘ be­fasst“, er­läu­tert Pro­fes­sor Dr.-Ing. Ha­rald Ja­cob­sen, der ge­mein­sam mit sei­nem Kol­le­gen Pro­fes­sor Dr. Olaf Neu­mann und einem acht­köp­fi­gen Team das Pro­jekt or­ga­ni­siert.

Be­reits im Vor­feld haben die Stu­die­ren­den zu die­sem Leit­the­ma in vier Klein­grup­pen ei­ge­ne Pro­jek­te er­ar­bei­tet, die an Bord ver­tieft wer­den. „Ich habe mich mit den Ver­än­de­run­gen in der Ost­see und in den An­rai­ner­staa­ten be­schäf­tigt“, be­schreibt Enya Freu­den­berg ihre Tä­tig­keit in dem in­ter­dis­zi­pli­nä­ren Wahl­mo­dul, das ihr fünf Credit­points be­schert. „Es hat mei­nen Ho­ri­zont er­wei­tert und mir ein­mal mehr ge­zeigt, dass unser Meer ein kost­ba­res Gut ist“, sagt die 20-Jäh­ri­ge, die am Fach­be­reich Me­di­en ein­ge­schrie­ben ist. Von dem Turn in die dä­ni­sche Ost­see hat sie be­reits kon­kre­te Er­war­tun­gen: „Ich freue mich auf das Zu­sam­men­sein mit an­de­ren Men­schen und dar­auf fest­zu­stel­len, was pas­siert, wenn ich mei­nen ei­ge­nen Er­fah­rungs­ho­ri­zont er­wei­te­re.“

Hanna Sten­der (26) fährt be­reits zum zwei­ten Mal mit. Sie kann be­reits be­stä­ti­gen, dass ins­be­son­de­re der Aus­tausch zwi­schen den Stu­die­ren­den der un­ter­schied­li­chen Fach­rich­tung eine große Be­rei­che­rung dar­stellt: „Ich habe ge­ra­de mei­nen Ma­schi­nen­bau-Ba­che­lor ge­macht. Beim Stu­die­ren unter Se­geln lernt man auch mal an­de­re Per­spek­ti­ven ein­zu­neh­men – in mei­nem Fall habe ich mich mit einem Pro­jekt be­schäf­tigt, dass nicht im tech­ni­schen Be­reich an­ge­sie­delt ist.“ Die Er­fah­rung emp­fin­det Hanna als nach­hal­tig. Noch heute trä­fen sich die Teil­neh­mer der Fahrt aus 2021 re­gel­mä­ßig. „Es ist toll, auch au­ßer­halb des ei­ge­nen Fach­be­reichs ver­netzt zu sein.“

Neben ihrer For­schungs­tä­tig­keit ar­bei­ten die Stu­die­ren­den an Bord der Roald Amun­d­sen. Sie müs­sen ge­mein­sam mit Un­ter­stüt­zung der Crew alle an­ste­hen­den Auf­ga­ben er­le­di­gen: Na­vi­gie­ren, ko­chen und das Schiff sau­ber hal­ten. Als Teil der Crew sind die Stu­dent*innen zudem voll in die Hand­ha­bung des Topp­se­gel­scho­ners in­te­griert, müs­sen Segel set­zen und ler­nen Ma­nö­ver ken­nen.

In­itia­tor des Pro­jekts war FH-Kiel-Prä­si­dent Prof. Dr. Björn Chris­ten­sen. „Kiel und Se­geln ge­hö­ren ein­fach zu­sam­men“, er­klärt er seine Mo­ti­va­ti­on. „Was liegt da näher, als Se­geln auch für die Aus­bil­dung zu nut­zen. Kern­ele­ment un­se­rer Hoch­schu­le ist schlie­ß­lich neben der an­wen­dungs­ori­en­tier­ten For­schung und Lehre auch der in­ter­dis­zi­pli­nä­re Aus­tausch.“

In Ha­rald Ja­cob­sen fand Chris­ten­sen von An­fang an einen gro­ßen Un­ter­stüt­zer. Der Pro­de­kan des Fach­be­reichs In­for­ma­tik und Elek­tro­tech­nik se­gelt schon seit Kin­der­ta­gen und kennt die Dy­na­mik an Bord: „Ein Schiff eig­net sich au­ßer­or­dent­lich gut für Grup­pen- und Team­bil­dung. Für den Aus­tausch in­ner­halb un­ter­schied­li­cher Fach­be­rei­che und das Er­wei­tern des ei­ge­nen Ho­ri­zonts – wich­ti­ge The­men für un­se­re Fach­hoch­schu­le – kann ich mir kei­nen bes­se­ren Ort vor­stel­len.“

Hanna Sten­der freut sich, dass sie als Nach­rü­cke­rin noch ein­mal mit­fah­ren darf. „Ich ver­ste­he gar nicht, warum die An­mel­de­zah­len dies­mal re­la­tiv ge­ring waren“, wun­dert sie sich. An kei­ner an­de­ren Hoch­schu­le gibt es ein sol­ches Wahl­mo­dul. „Meine Freun­de be­nei­den mich“, sagt Enya Freu­den­berg. „Schlie­ß­lich ist das eine Er­fah­rung, die man nicht jeden Tag ma­chen kann.“

Vor­aus­set­zung für die Teil­nah­me ist neben dem In­ter­es­se am in­ter­dis­zi­pli­nä­ren Ar­bei­ten und am Se­geln, die Fä­hig­keit zu schwim­men. Vor­kennt­nis­se im Se­geln sind nicht nötig. Ein Ei­gen­an­teil von 270 Euro ist zu zah­len.

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