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FHreSH-Award: Tou­ris­mus-Start-Ups für eine nach­hal­ti­ge Zu­kunft

von Len­nard Woro­bic

Der An­sturm auf die Küs­ten des Lan­des ist in die­sem Jahr be­son­ders groß. Deut­sche Ur­lau­ber seh­nen sich nach Strand, Fisch­bröt­chen und Er­ho­lung – was ihnen durch­aus ge­gönnt sei. Ei­ner­seits kann die Tou­ris­mus­bran­che froh sein, dass die Ur­laub­sai­son 2020 nun doch nicht voll­kom­men ins Was­ser fällt, an­de­rer­seits kom­men somit auch neue Auf­ga­ben auf sie zu. Denn nicht nur die Hy­gie­ne- und Ab­stands­re­geln stel­len an­ge­sichts der vol­len Ho­tels und Strän­de eine Her­aus­for­de­rung dar, son­dern auch der As­pekt der Nach­hal­tig­keit. Damit das schöns­te Bun­des­land der Welt eine be­lieb­te Ur­laubs­de­sti­na­ti­on bleibt, be­schäf­tig­ten sich BWL- und Wirt­schafts­in­for­ma­tik-Stu­die­ren­de der Fach­hoch­schu­le Kiel im Grün­dungs­mo­dul „Capstone“ mit nach­hal­ti­gem Tou­ris­mus in Schles­wig-Hol­stein. Sie ent­wi­ckel­ten ei­ge­ne Busi­ness-Kon­zep­te, wel­che die Stu­dent*innen kürz­lich einer Jury aus Ver­tre­ter*innen der Men­to­ren für Un­ter­neh­men in Schles­wig-Hol­stein e.V., der Tou­ris­mus-Agen­tur Schles­wig-Hol­stein (TA.​SH) und der In­ves­ti­ti­ons­bank Schles­wig-Hol­stein (IBSH) vor­stell­ten. Am Ende wurde den Ge­win­ner-Teams zum ers­ten Mal der FHreSH-Award ver­lie­hen.

Durch pra­xis­ori­en­tier­te Auf­ga­ben­stel­lun­gen sol­len Stu­die­ren­de im Capstone-Modul an die Grün­der­sze­ne her­an­ge­führt wer­den und erste Ein­drü­cke rund um das Un­ter­neh­mer­tum sam­meln. Ge­wöhn­lich fin­det so­wohl die Auf­takt- als auch die Ab­schluss­ver­an­stal­tung des Mo­duls im Au­di­max der FH Kiel statt. Wie so vie­les in die­sem Som­mer­se­mes­ter wur­den je­doch alle Ter­mi­ne on­line ab­ge­hal­ten, so dass sich die Stu­dent*innen in Zoom-Mee­tings selbst or­ga­ni­sie­ren muss­ten. „Für die Stu­die­ren­den war es eine be­son­de­re Her­aus­for­de­rung, weil man sich in zu­fäl­lig zu­sam­men­ge­stell­ten Teams mit einer Grün­dungs­idee für nach­hal­ti­gen Tou­ris­mus in Schles­wig-Hol­stein aus­ein­an­der­set­zen muss­te“, sagt Doris We­ßels, die ge­mein­sam mit Anja Wie­busch, Rob Wie­chern, Maria Laatsch und Jens Lang­holz das Modul lei­te­te. Auf­ge­teilt in zwei „Ko­hor­ten“ prä­sen­tier­ten 29 Teams ver­schie­dens­te An­sät­ze, von denen am Ende vier Ge­win­ner­pro­jek­te aus­ge­wählt wur­den.

Den Sie­ger der ers­ten Grup­pe be­stimm­ten die Ju­ry­mit­glie­de­r­in­nen Do­ro­thee Tho­m­anek, erste Vor­sit­zen­de der Men­to­ren für Un­ter­neh­men in Schles­wig-Hol­stein e.V., und Dr. Bet­ti­na Bunge, Ge­schäfts­füh­re­rin der Tou­ris­mus­agen­tur Schles­wig-Hol­stein. „Wir möch­ten gerne im Sea-Ven­ture Hotel über­nach­ten“, sagte Tho­m­anek, und ver­kün­det damit den ers­ten Platz. Mit dem Kon­zept, Ho­tels aus ge­brauch­ten See­con­tai­nern zu fer­ti­gen habe das Team „einen Trend ent­deckt, der ganz be­son­de­re Ur­laubs­er­leb­nis­se er­mög­licht“, so Tho­m­anek wei­ter. Den zwei­ten Platz be­leg­te das Pro­jekt „Campf­ort Zone“, wel­ches sich für nach­hal­ti­ge Cam­ping­plät­ze in Schles­wig-Hol­stein ein­setzt. „Das Pro­jekt hat de­fi­ni­tiv Po­ten­zi­al für die Zu­kunft“, mein­te Bet­ti­na Bunge.

„Es waren super span­nen­de An­sät­ze dabei, am Ende waren wir uns aber re­la­tiv schnell einig“, be­rich­te­te An­ni­na Klar von der TA.​SH., die ge­mein­sam mit Ka­tha­ri­na Preus­se, För­der­lot­sin der In­ves­ti­ti­ons­bank Schles­wig-Hol­stein, für die Be­wer­tung der zwei­ten Ko­hor­te zu­stän­dig war. Green Tour SH über­zeug­te die Ju­ry­mit­glie­de­r­in­nen mit einem „ganz­heit­li­chen Mo­dell“, so Klar. Die Idee schlie­ße die Lücke zwi­schen Nach­hal­tig­keit und Tou­ris­mus. Mit ihrem Ge­schäfts­kon­zept, hoch­wer­ti­ge Sou­ve­nirs in Schles­wig-Hol­stein an­zu­fer­ti­gen, wel­che Ur­lau­ber*innen mit nach Hause brin­gen, be­leg­te das Pro­jekt „Ver­ges­se­ne Sou­ve­nirs“ Rang zwei. Pas­send zum Motto des Grün­dungs­mo­duls er­hiel­ten die Ge­win­ner-Teams ein Zer­ti­fi­kat sowie Gut­schei­ne für den Sand­ha­fen und Stand Up Padd­ling.

Doch nicht nur von den Grup­pen, die eine Plat­zie­rung er­reich­ten, zeig­te sich die Jury be­ein­druckt: „Das Team der ‚Fahr­rad­tank­stel­le‘ hat etwa eine gran­dio­se Prä­sen­ta­ti­on mit ei­ge­nem Cor­po­ra­te De­sign ent­wi­ckelt“, be­rich­te­te Bet­ti­na Bunge. Das Kon­zept da­hin­ter ver­eint einen Fahr­rad­ver­leih mit einer Re­pa­ra­tur-Werk­statt, einem Shop und einem Re­stau­rant­be­trieb. Ideen wie „Fe­ri­en auf dem Bau­ern­hof“, ein An­ge­bot für Klas­sen­fahr­ten nach Schles­wig-Hol­stein im Sinne öko­lo­gi­scher Bil­dung für Schü­ler*innen, sowie das Start-Up „Elek­tro­fäh­re für SH“ kom­plet­tie­ren die breit ge­fä­cher­ten An­sät­ze der Stu­die­ren­den. Ob­wohl ein Gro­ß­teil von ihnen noch keine Er­fah­run­gen in der Tou­ris­mus­bran­che sam­meln konn­te, lie­fer­ten die BWL- und Wirt­schafts­in­for­ma­tik-Stu­dent*innen neue Im­pul­se für die ver­tre­te­nen Un­ter­neh­men. „Die Her­aus­for­de­run­gen aus der Pra­xis, die uns tag­täg­lich be­schäf­ti­gen, waren in den Prä­sen­ta­tio­nen wie­der­zu­er­ken­nen – zum Bei­spiel, dass wir Schles­wig-Hol­stein als Ganz-Jah­res-De­sti­na­ti­on ver­mark­ten wol­len“, re­sü­mier­te An­ni­na Klar im Namen der TA.​SH, und er­hält dar­auf­hin Zu­stim­mung von Ge­schäfts­füh­re­rin Bet­ti­na Bunge: „Mit ei­ni­gen Be­rei­chen, wel­che die Stu­die­ren­den an­ge­spro­chen haben, müs­sen wir uns selbst be­schäf­ti­gen. Wir neh­men daher Haus­auf­ga­ben für uns als Or­ga­ni­sa­ti­on mit.“ Bunge er­mu­tig­te die Stu­die­ren­den, die Tou­ris­mus­agen­tur wei­ter zu be­glei­ten und zu­künf­tig in Form von Pro­jekt­ar­bei­ten, Prak­ti­ka oder Jobs mit­zu­wir­ken. Sie hoffe, dass sich man­che Ideen um­set­zen las­sen, so dass die TA.​SH die Pro­jek­te ver­mark­ten kann. „Es ist noch ein wei­ter Weg für den nach­hal­ti­gen Tou­ris­mus in Schles­wig-Hol­stein, und den gehen wir gerne mit Ihnen ge­mein­sam“, sagte sie ab­schlie­ßend.

Ka­tha­ri­na Preus­se von der IB.​SH stell­te den jun­gen Un­ter­neh­mer*innen eben­falls eine Zu­sam­men­ar­beit in Aus­sicht: „Ich sehe sol­che Ver­an­stal­tun­gen immer als Win-Win für beide Sei­ten an.“ Wäh­rend die Stu­die­ren­den par­al­lel zum Stu­di­um an ihren Grün­dungs­ide­en ar­bei­ten kön­nen, er­hal­ten sie durch den Kon­takt mit Un­ter­neh­men be­reits erste Mög­lich­kei­ten einer Fi­nan­zie­rung. „Wenn Sie das ak­tu­el­le oder ein an­de­res Pro­jekt um­set­zen möch­ten, kom­men Sie gerne auf uns zu“, sagte Preus­se an die Stu­die­ren­den ge­rich­tet. Das Un­ter­neh­mer­tum in Schles­wig-Hol­stein wei­ter zu för­dern hält auch Do­ro­thee Tho­m­anek für eine sinn­vol­le Sache: „Man kann nicht früh genug an­fan­gen, sich mit sol­chen The­men zu be­schäf­ti­gen“, mein­te sie und fügte hinzu: „Sich in Schles­wig-Hol­stein selbst­stän­dig zu ma­chen ist wich­tig – wir brau­chen Start-Ups und junge Un­ter­neh­men mit fri­schen Ideen.“

Da das Grün­dungs­mo­dul in die­sem Se­mes­ter kur­zer­hand an die On­line­leh­re an­ge­passt wer­den muss­te, zeig­ten sich die ver­ant­wort­li­chen Do­zent*innen an­ge­sichts der ge­lun­ge­nen Ver­an­stal­tung zu­frie­den und er­leich­tert zu­gleich. „Wir waren am An­fang etwas auf­ge­regt, weil es für uns auch neu ist, eine Ver­an­stal­tung in dem Stil durch­zu­zie­hen“, ge­stand Doris We­ßels. Die Pro­jekt­ar­bei­ten waren für die Stu­die­ren­den eine echte Her­aus­for­de­rung, be­ton­te Rob Wie­chern: „Wir haben in die­sem Se­mes­ter unter be­son­ders er­schwer­ten Be­din­gun­gen ge­ar­bei­tet.“ Umso be­ein­dru­cken­der ist es, dass die Ver­an­stal­tung mit mehr als 140 Teil­neh­mer*innen rei­bungs­los über die Bühne ging. Das Event muss aber nicht un­be­dingt das Ende für die Pro­jek­te be­deu­ten. „In Kiel und an der Fach­hoch­schu­le gibt es eine Viel­zahl an An­ge­bo­ten, Ideen wei­ter aus­zu­ar­bei­ten – zum Bei­spiel in der Star­ter­kit­chen oder bei Open Cam­pus“, sagte Jens Lang­holz. Be­ra­tung rund um die Grün­der­sze­ne kön­nen Stu­die­ren­de aller Fach­be­rei­che sich zudem im Start­Up Of­fice ein­ho­len.

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