Ziel der Kieler CAPTN-Initiative ist die Entwicklung einer autonomen klimaneutralen Mobilitätskette rund um die Kieler Förde. Im Rahmen des Teilprojekts CAPTN Energy erarbeiten die Beteiligten Strategien für die Energieversorgung. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Verwendung sogenannter grüner Treibstoffe. Forscher der Fachhochschule (FH) Kiel wollen im Rahmen eines Forschungsprojekts ein robotergestütztes Betanken von Schiffen mit grünen Treibstoffen unter Seegangbedingungen ermöglichen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das auf drei Jahre ausgelegte Projekt „Fuel-Ship2Ship“ mit rund 380.000 Euro.
Treibstoffe wie grüner Wasserstoff, Ammoniak und Methanol gelten als klimafreundliche Alternative zu fossilen Brennstoffen. Sie könnten den CO2-Ausstoß der Schifffahrtsbranche deutlich verringern. Diese Treibstoffe haben allerdings einen großen Nachteil: Ihre Energiedichte ist deutlich geringer als die fossiler Brennstoffe. „Mit Wasserstoff betriebene Schiffe müssen häufiger betankt werden als mit Flüssiggas oder Diesel betriebene Schiffe“, erklärt Prof. Dr. Bernd Finkemeyer von der FH Kiel: „Dieses Manko führt dazu, dass Reedereien diese Alternative nur selten nutzten. Mit einem speziell entwickelten Robotersystem könnte die Betankung automatisch erfolgen, sicherer werden und weniger menschliche Arbeitszeit binden. Das könnte die Akzeptanz umweltfreundlicherer Kraftstoffe wie grünem Wasserstoffs erhöhen.“
Aufgrund der geringeren Reichweite bietet sich die Nutzung von grünem Wasserstoff vor allem für die Binnen- und Küstenschifffahrt sowie für den innerstädtischen Fährverkehr an. Hier könnten häufigere Tankstopps relativ unkompliziert in die Betriebsabläufe integriert werden. Und genau dort setzt das Projekt der FH Kiel an. Als Anwendungsbeispiel dient der Versuchsträger MS „Wavelab“. Mit dem Katamaran erprobt die CAPTN-Initiative auf der Kieler Förde autonome Navigationssysteme und moderne Antriebssysteme.
Die größte Herausforderung eines autonomen robotergestützten Tankvorgangs stellen die Schiffsbewegungen dar. Bunkert ein Schiff an der Pier seinen Treibstoff über einen Tankautomaten, muss dieser die Schiffsbewegung ausgleichen. Diese Bewegung wollen Finkemeyer und Prof. Dr. Christoph Wree zunächst mithilfe eines Labordemonstrators simulieren: Ein Roboter übernimmt die Rolle des Tankroboters, ein zweiter simuliert das zu betankende Schiff, erklärt Wree: „Ein Kamerasystem erfasst die Bewegungen des Schiffs und verarbeitet und überträgt die Daten in Echtzeit an den Tankroboter, der die Bewegungen kompensiert. In vorangegangenen Forschungsprojekten haben wir Methoden entwickelt, um Kamerabilder in Echtzeit mithilfe künstlicher Intelligenz auszuwerten und für die Bewegungssteuerung zu nutzen. Wir freuen uns, in diesem Projekt künstliche Intelligenz im Echtzeitkontext der Robotik zu erproben. “
Am Ende des auf drei Jahre ausgelegten Forschungsprojekts sollen konkrete Anforderungen und Empfehlungen für eine Umsetzung an einer realen Fähre stehen. Hierzu gehören nicht nur die Anforderungen an den Roboter, sondern auch an die Fähre, beispielsweise an eine optimierte Positionierung des Auffüllstutzens oder Varianten des Festmachens.
Hintergrund CAPTN-Initiative und CAPTN Energy
Die Initiative „Clean Autonomous Public Transport Network (CAPTN)“, initiiert durch die Christian-Albrechts-Universität (CAU) zu Kiel, vereint seit 2018 diverse transdisziplinäre Aktivitäten von CAPTN-Partnern aus Gesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Verwaltung unter einer Maxime: Die Etablierung einer integrierten innerstädtischen Mobilitätskette autonomer sauberer Verkehrsträger zu Wasser und auf dem Land für den öffentlichen Personennahverkehr.
Das Forschungsbündnis CAPTN Energy möchte die Nutzung erneuerbarer Energien für maritime Anwendungen vorantreiben. Ziel ist es, eine sichere Bereitstellungskette von der Umwandlung, Speicherung, Übertragung bis zur Nutzbarmachung entlang des Nord-Ostsee-Kanals zu etablieren. Dazu vergibt das Bündnis Fördermittel an innovative Projektideen. CAPTN Energy wird in der Programmlinie „WIR! – Wandel durch Innovation in der Region“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.