Studierende der Medizin und Berufsanfänger*innen aus dem medizinischen Bereich haben im Rahmen des Projekts Ethik-First die Möglichkeit, ein im klinischen Alltag erlebtes moralisches Dilemma zu diskutieren und unter Anleitung zu reflektieren. Seit fast sechs Jahren finden diese Fallkonferenzen – ein Projekt am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) – monatlich statt. Ethik-First wird von der Stiftung „Gutes tun“ des UKSH gefördert. Seit dem Wintersemester 23/24 haben auch Studierende des Master-Studiengangs Klinische Sozialarbeit des Fachbereichs Soziale Arbeit und Gesundheit der Fachhochschule Kiel die Möglichkeit, an diesen Konferenzen teilnehmen. Im Rahmen des Seminars Ethik in der Gesundheitsversorgung erprobten Studierende gelernte Theorie in der Praxis.
Zur Fallkonferenz kamen Studierende unterschiedlicher Fachrichtungen zusammen: Medizin, Psychologie und Klinische Sozialarbeit waren vertreten. Nach einer kurzen Einführung luden Laura Lunden und Alina Paur, Ärztinnen die das Projekt begleiten, die Teilnehmerinnen ein, an der Fallbesprechung teilzunehmen. Danach folgte die Diskussion. Eine Studentin des Masters Klinische Sozialarbeit hob die wertschätzende Zusammenarbeit positiv hervor: „Was zunächst nach einer Herausforderung klang, wurde zu einer spannenden Gesprächsrunde. Obwohl wir keine Medizinerinnen sind, durften wir auf Augenhöhe mitdiskutieren.“ Die Gruppe stellte schnell fest, wie wertvoll die unterschiedlichen Perspektiven der verschiedenen Professionen sind. „Ein Fall und die darin enthaltenen ethischen Dilemmata hat viele Ebenen“, ergänzte sie. Diese seien teils einfacher und manchmal schwieriger zueinander in Beziehung zu setzen.
Eine Hilfe für die Fallbesprechung boten die medizinethischen Prinzipien nach Tom I. Beauchamp und James F. Childress. Diese setzen sich aus dem Selbstbestimmungsrecht der Patient*innen, dem Prinzip der Schadensvermeidung, dem Patient*innenwohl und der sozialen Gerechtigkeit zusammen. Anhand des diskutierten Falls überlegten die Teilnehmerinnen, welche Faktoren sich dabei im Dilemma gegenüberstehen. Die Studentin fasst zusammen: „Unsere verschiedenen fachlichen Zugänge haben spannende Diskussionsimpulse geboten und die Bedeutung von interdisziplinärer Zusammenarbeit auf Augenhöhe verdeutlicht.“
Zum Abschluss der Fallbesprechung fasste die Gruppe alle denkbaren Handlungsschritte zusammen. Dann entschieden die Teilnehmer*innen über das theoretische weitere Vorgehen. Da der Fall aus der Praxis einer der moderierenden Ärztinnen kam, konnte sie den weiteren Verlauf und das Ergebnis mit allen teilen. „Das hat den Abend abgerundet und trotz eines langen Tags an der FH waren wir froh, dabei zu sein“, erzählt die Teilnehmerin.