Ein älterer Mann in schwarzem Anzug posiert, auf dem Campus der FH Kiel, für die Kamera.© FH Kiel

„Es ist ein tol­les Ge­fühl, Dinge mit einer Funk­ti­on zu er­schaf­fen.“

von Katja Jantz

„Es ist ein tol­les Ge­fühl, Dinge mit einer Funk­ti­on zu er­schaf­fen“, sagt Prof. Dr.-Ing. Ralf Gläbe. Wie das funk­tio­niert, möch­te er den Stu­die­ren­den am Fach­be­reich Ma­schi­nen­we­sen der Fach­hoch­schu­le (FH) Kiel zei­gen. Dort hat der ge­bür­ti­ge Bre­mer am 1. Juli 2012 die Pro­fes­sur „Fer­ti­gungs­tech­no­lo­gie“ über­nom­men.

KJ (Katja Jantz): Warum haben Sie sich ent­schie­den, Pro­duk­ti­ons­tech­nik zu stu­die­ren?   

RG (Ralf Gläbe): Ich hatte schon immer einen Hang zur Tech­nik, wenn­gleich frü­her eher im Be­reich der Elek­tro­tech­nik. Die Schu­le, an der ich mein Ab­itur ab­leg­te, war gleich­zei­tig eine be­rufs­bil­den­de Schu­le, die tech­nisch ori­en­tier­te Ar­beits­ge­mein­schaf­ten anbot. Ab der 11 Klas­se ar­bei­te­te ich ge­mein­sam mit Be­rufs­schü­le­rin­nen und -schü­lern in einer AG zur Ent­wick­lung und zum Bau von Wind­rä­dern. Das war aus­schlag­ge­bend für meine Stu­di­en­wahl.   

Es hat mich fas­zi­niert, wie wir aus einer Idee schritt­wei­se Kom­po­nen­te für Kom­po­nen­te und schlie­ß­lich ein kom­plet­tes Wind­rad kon­stru­ier­ten, das seine Funk­ti­on auf dem frei­en Feld unter Be­weis stel­len muss­te. Klapp­te etwas nicht, haben wir es ver­bes­sert. Es ist ein tol­les Ge­fühl, Dinge mit einer Funk­ti­on zu er­schaf­fen.

KJ: Was haben Sie ge­macht, bevor Sie an die FH Kiel ge­kom­men sind?   

RG: Der Schwer­punkt mei­ner Ar­beit lag bis­her in der Ge­schäfts­füh­rung eines For­schungs­kon­sor­ti­ums, an dem sie­ben In­sti­tu­te an den Stand­or­ten Bre­men, Aa­chen und Still­wa­ter in Okla­ho­ma/USA be­tei­ligt waren. Das von der Deut­schen For­schungs­ge­mein­schaft ge­för­der­te Pro­jekt trägt den Titel „Pro­zess­ket­ten zur Re­pli­ka­ti­on kom­ple­xer op­ti­scher Kom­po­nen­ten“ und wurde nach elf Jah­ren im Juni 2012 be­en­det. Es ging dabei um die Ent­wick­lung neuer Tech­no­lo­gi­en zur Fer­ti­gung von hoch­ge­nau­en Op­tik­kom­po­nen­ten, wie man sie in vie­len Con­su­mer­pro­duk­ten wie Di­gi­tal­ka­me­ras, Han­dy­ka­me­ras und DVD-Play­ern fin­det. Neben den for­ma­len Auf­ga­ben eines Ge­schäfts­füh­rers habe ich auch die wis­sen­schaft­li­che Lei­tung meh­re­rer Teil­pro­jek­te über­nom­men.   

Par­al­lel dazu habe ich mich mit Dreh- und Fräs­ver­fah­ren zur Her­stel­lung op­ti­scher Funk­ti­ons­flä­chen be­fasst, zum Bei­spiel mit einem Ver­fah­ren, mit dem auf hoch­ge­nau­en Dreh­ma­schi­nen in­ner­halb we­ni­ger Mi­nu­ten Ho­lo­gram­me er­zeugt wer­den. Die Ho­lo­gram­me kön­nen bei­spiels­wei­se als Si­cher­heits­merk­ma­le ver­wen­det wer­den oder auch zur Fo­kus­sie­rung von La­ser­strah­len, mit denen Ble­che ge­schwei­ßt wer­den sol­len.   

Ein an­de­res von mei­nen Kol­le­gin­nen, Kol­le­gen und mir ent­wi­ckel­tes Ver­fah­ren dient der Fer­ti­gung der welt­weit kleins­ten, hoch­ef­fi­zi­en­ten Re­flek­to­ren. Ähn­li­che wer­den bei­spiels­wei­se auf Stra­ßen­schil­dern, Schul­tor­nis­tern und Si­cher­heits­klei­dung ver­wen­det, ihr Wir­kungs­grad ist aber über 30 Pro­zent ge­rin­ger.

KJ: Wie wür­den Sie Laien Ihr Ar­beits­ge­biet er­klä­ren?   

RG: Boh­ren und Sägen ken­nen alle. Bei­des sind Fer­ti­gungs­ver­fah­ren, die dazu die­nen, die Ge­stalt von Bau­tei­len zu ver­än­dern. Da­ne­ben um­fasst die Fer­ti­gungs­tech­nik noch eine Viel­zahl wei­te­rer Ver­fah­ren – sie wer­den lau­fend ver­bes­sert und an­ge­passt, bis­wei­len wer­den auch gänz­lich neue ent­wi­ckelt. Das Ar­beits­feld ist eng mit an­de­ren Dis­zi­pli­nen ver­bun­den, wie der Mess­tech­nik, der Werk­stoff­tech­nik und der Kon­struk­ti­on. Die Auf­ga­be von Fer­ti­gungs­tech­ni­ke­rin­nen und -tech­ni­kern ist es, die je­weils per­fek­te Lö­sung für eine Fer­ti­gungs­auf­ga­be in die­sem, sich stän­dig än­dern­den Um­feld zu fin­den.

KJ: Warum haben Sie sich ent­schie­den, an der FH Kiel zu leh­ren?   

RG: Ich hatte vom ers­ten Au­gen­blick an das Ge­fühl, dass die Hoch­schu­le und ins­be­son­de­re das CIMTT mit sei­ner her­vor­ra­gen­den ma­schi­nel­len Aus­stat­tung es mir er­mög­li­chen, Lehre und For­schung in ge­eig­ne­ter Weise mit­ein­an­der zu ver­bin­den. Au­ßer­dem hat Kiel eine ein­ma­lig schö­ne Lage. Aus­schlag­ge­bend waren aber letzt­end­lich der kol­le­gia­le Um­gang und die po­si­ti­ve Grund­stim­mung an der FH.

KJ: Was möch­ten Sie Ihren Stu­die­ren­den ver­mit­teln?   

RG: Na­tür­lich – so wie si­cher­lich alle meine Vor­gän­ge­rin­nen und Vor­gän­ger – ein fun­dier­tes Grund­wis­sen. Au­ßer­dem ist es mir wich­tig, ihnen an­hand ak­tu­el­ler in­dus­tri­el­ler Fra­ge­stel­lun­gen ein Ge­fühl dafür zu geben, womit die Stu­die­ren­den in ihrem Be­rufs­le­ben kon­fron­tiert wer­den und wie sie sich die­sen Fra­ge­stel­lun­gen nä­hern kön­nen. Und nicht zu­letzt möch­te ich ihnen einen Blick über den Tel­ler­rand er­mög­li­chen und damit Lust auf mehr ma­chen.

KJ: Was er­war­ten Sie von Ihrem ers­ten Se­mes­ter an der FH Kiel?   

RG: Ich denke, es kommt eine ganze Menge Ar­beit auf mich zu. Zu­nächst möch­te ich eine um­fas­sen­de Vor­le­sung an­bie­ten, in der ich ak­tu­el­le und in­ter­es­san­te Teil­the­men be­rück­sich­ti­ge. Auf­bau­end auf mei­nen Er­fah­run­gen der ver­gan­ge­nen Jahre möch­te ich par­al­lel hier­zu mög­lichst früh damit be­gin­nen, die Grund­la­gen für kom­men­de Dritt­mit­tel­pro­jek­te zu legen.

KJ: Was ver­bin­den Sie mit Kiel?   

RG: Bis vor einem Jahr war das nur die Kie­ler Woche. Aber nach­dem klar war, dass ich in Kiel ar­bei­ten werde, habe ich mit vie­len Men­schen über die Stadt ge­spro­chen und dabei viele per­sön­li­che Ge­schich­ten ge­hört – von tol­len Er­leb­nis­sen, viel Natur sowie in­ter­es­san­ten Se­hens­wür­dig­kei­ten und Orten. Ich freue mich auf das, was vor mir liegt.

Kurz­bio­gra­fie   

seit Juli 2012 Pro­fes­sor für „Fer­ti­gungs­tech­no­lo­gie“ am Fach­be­reich Ma­schi­nen­we­sen der Fach­hoch­schu­le Kiel   

2004 - 2012 Ge­schäfts­füh­rer des Trans­re­gio­na­len Son­der­for­schungs­be­reichs SFB/TR4 „Pro­zess­ket­ten zur Re­pli­ka­ti­on kom­ple­xer op­ti­scher Kom­po­nen­ten“

1995 - 2004 Wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter am Labor für Mi­kro­zer­spa­nung/ Stif­tung In­sti­tut für Werk­stoff­tech­nik; zeit­wei­se Lei­tung der In­dus­trie­fer­ti­gung am Labor für Mi­kro­zer­spa­nung   

2003 Pro­mo­ti­on an der Uni­ver­si­tät Bre­men im Be­reich der Fer­ti­gungs­tech­nik zu dem Thema „Pro­zess- und schneid­stoff­tech­ni­sche Ent­wick­lun­gen zur Mi­kro­zer­spa­nung von Stahl“   

1993 - 1995 Sti­pen­di­at der Stu­di­en­stif­tung des Deut­schen Vol­kes   

1990 - 1995 Stu­di­um der Pro­duk­ti­ons­tech­nik an der Uni­ver­si­tät Bre­men mit der Ver­tie­fungs­rich­tung Strö­mungs­me­cha­nik   

1985 - 1988 Aus­bil­dung zum Werk­zeug­ma­cher bei der Mer­ce­des Benz AG

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