Prof. Dr. Ronald Eisele und Prof. Dr.-Ing. Aylin Bicakci stehen an ihrer spezifisch modifizierten Laminierpresse und halten ein Leistungselektronik-Modul in die Kamera.© L. Freese

Erfolgreiche Staffelübergabe - FH Kiel verabschiedet Prof. Ronald Eisele

von Frauke Schäfer

Die Fachhochschule (FH) Kiel hat gestern (11. Juli 2024) erstmals eine Fachtagung zur Leistungselektronik veranstaltet. Fachleute aus dem Bundesgebiet diskutierten die Bedeutung und neueste Entwicklungen im Bereich dieser Schlüsseltechnologie für die Energiewende. Im Anschluss an die Tagung verabschiedete die FH Kiel Prof. Dr. Ronald Eisele, der die Leistungselektronik in Lehre und Forschung an Hochschule etabliert hat. Der Professor für Bauteil-Packaging geht nach 19 Jahren an der FH Kiel in den Ruhestand.

Leistungsmodule sind bei der Erzeugung, Verteilung und Nutzung von Strom unverzichtbar. Sie ermöglichen eine flexible Anpassung von Spannung, Frequenz und Stromart und damit die Integration erneuerbarer Energien ins Stromnetz. Ihre kompakte Bauweise macht sie zum idealen Bestandteil der Elektromobilität. Sie punkten mit hoher Temperaturstabilität, Zuverlässigkeit und Langlebigkeit. Kurz: Leistungselektronik ist die Schlüsseltechnologie der Energiewende. „Die Leistungselektronik hilft zwei wichtige Ziele zu erreichen: Fossile Energieträger durch elektrischen Strom als Energieträger zu ersetzen und bestehende elektrische Systeme mit höherer Effizienz zu betreiben, als noch vor Jahren möglich“, erklärt Prof. Dr. Ronald Eisele von der Fachhochschule Kiel. „Durch den Einsatz von Leistungselektronik könnten global bis zu 30 Prozent Strom eingespart werden. Das entspricht dem aktuellen Verbrauch von China.“

Eisele hat die Forschung im Bereich der Leistungselektronik in den vergangenen Jahren an der FH Kiel aufgebaut und etabliert. Er gehörte zu den ersten Wissenschaftlern, die 2010 mit dem Transferpreis der Innovationsstiftung Schleswig-Holstein ausgezeichnet wurden. 2017 folgte der Innovationspreis der Landeshauptstadt Kiel. Auf dem Gebiet des sogenannten Niedertemperatur-Sinterns gelang es dem Physiker, die Lebensdauer von Halbleitern in stark stressenden Anwendungen wie Elektroautos und Windkraftanlagen um das Zwanzigfache zu steigern. Mehrere in Produktion befindliche Erfindungen und insgesamt 70 Patentfamilien gehen auf ihn zurück. In zahlreichen mit Landes-, Bundes- und EU-Mitteln geförderten Forschungsprojekten hat er unter anderem neue Methoden für die Produktion von leistungselektronischen Bauteilen entwickelt, die heute in zahlreichen Unternehmen Anwendung finden.

Zum Beispiel bei Danfoss Silicon Power in Flensburg. Hier arbeitete Prof. Frank Osterwald lange Jahre als Senior Director R&D und Mitglied der Geschäftsleitung. In seiner Laudatio lobte der heutige Geschäftsführer der Gesellschaft für Energie und Klimaschutz (EKSH) die hohe Transferleistung von Eisele. Mehr als ein halbes Dutzend bahnbrechender Innovationen bei Danfoss und weiteren Partnern, so Osterwald, gingen auf die Zusammenarbeit mit Prof. Eisele und seinem Team an der FH Kiel zurück: „Erfindungen und kontinuierliche Fortschritte bei der Flüssigkeitskühlung von Leistungsmodulen haben neue Einsatzfelder erschlossen – zum Beispiel in Windkraftanlagen. Die Langlebigkeit der auf Eiseles Erfindungen zurückgehenden Kontaktierung von Leistungshalbleitern hat die Elektromobilität entscheidend vorangebracht. Die von ihm revolutionierte Umhüllung leistungselektronischer Bauelemente kombiniert einen ressourcenschonenden Einsatz von Rohstoffen mit herausragenden Komponenteneigenschaften. Gänzlich auf den Kopf gestellt wird die leistungselektronische Welt, wenn das FH-Kiel-Team Eiseles Ideen unter der Leitung seiner Nachfolgerin, Prof. Dr.-Ing. Aylin Bicakci, zur Anwendungsreife bringt; wenn ihm die Substitution ehemals keramischer Leistungselektroniksubstrate durch kunststoffisolierte, laminierte Substrate gelingt, die mit Zement statt mit Kunststoff vergossen werden.“

Die Nachfolgerin von Ronald Eisele, Prof. Dr.-Ing. Aylin Bicakci hat von 2009 bis 2014 an der FH zunächst Mechatronik (Bachelor) und anschließend Elektrische Technologien (Master) studiert. Anschließend promovierte sie im Rahmen eines kooperativen Promotionsstudiums an der TU Berlin und der FH Kiel. „Die Erforschung und Entwicklung von Leistungsmodulen und deren Aufbau- und Verbindungstechniken motivieren mich, weil sie zukunftsträchtig und sehr interdisziplinär sind. Außerdem haben sie einen großen Einfluss auf die laufende Energiewende“, erklärt Bicakci.

Die Professorin für Aufbau- und Verbindungstechnologien (AVT) der Mechatronik ist aktuell mit ihrem Team unter anderem am grenzüberschreitenden Projekt SmartPowerConversion beteiligt. Kooperationspartner sind die Syddansk Universitet, die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, Sønderborg Vækstråd und die Wirtschaftsförderung und Technologietransfer Schleswig-Holstein GmbH (WTSH). Gemeinsam wollen die Projektpartner Leistungselektronik, Batterie- und Digitalisierungstechnologien einsetzen, um die wachsende Menge grünen Stroms effizient zu verwalten. Er soll für die Elektromobilität, Energiespeicherung und mit Hilfe der sogenannten „Power-to-X“-Technologie für die Herstellung synthetischer Brenn-, Kraft- und Grundstoffe genutzt werden.

Bicakci gehört auch dem institutsübergreifenden Forschungsprojekt VerGan an, das vom Bundesministerium für Forschung und Bildung gefördert wird. Unter der Leitung von Prof. Dr. Ulf Schümann (Institut für Elektrische Energietechnik) arbeitet das Team der FH Kiel unter anderem mit Volkswagen, Semikron Danfoss und dem Fraunhofer ISIT zusammen. Das ISIT hat hochmoderne Galliumnitrid-Halbleiter entwickelt, die als vielversprechende Alternative zu Silizium und Siliziumkarbid-Halbleitern gelten, insbesondere aufgrund ihrer Kosteneffizienz und Leistungsfähigkeit. Die Hauptaufgabe der Kieler Arbeitsgruppe besteht darin, das anspruchsvolle sogenannte Packaging zu bewältigen, also die Art und Weise, wie die Halbleiter in elektronische Bauteile und Systeme integriert werden. Das Packaging spielt eine wichtige Rolle für die Leistungsfähigkeit und Effizienz. Aufgrund der geringen Halbleiterfläche bringt diese Aufgabe besondere Herausforderungen mit sich.

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