Ein Mann© J. Kläschen

En­er­gie­spei­cher: For­schen für eine län­ge­re Le­bens­dau­er

von Rei­mar Zech | Joa­chim Kläschen

Nach dem Ab­itur in Get­torf woll­te ich in Kiel Elek­tro­tech­nik stu­die­ren. Ich muss­te mich zwi­schen FH und Uni ent­schei­den. Die Ent­schei­dung fiel auf die Uni: „Wofür habe ich denn schlie­ß­lich Abi ge­macht?“, dach­te ich mir. Al­ler­dings wurde mir schon im ers­ten Se­mes­ter an der Uni klar, dass ich für mich die fal­sche Ent­schei­dung ge­trof­fen hatte. Mir fehl­te an der Uni der Bezug zur Pra­xis - ich woll­te wis­sen, wofür ich etwas ler­nen und was ich spä­ter damit an­fan­gen kann.

Mit dem Wech­sel zur FH ent­schied ich mich wegen der gro­ßen Band­brei­te an The­men für den Ba­che­lor-Stu­di­en­gang Me­cha­tro­nik. Die Mög­lich­keit, so­wohl mit CAD-Sys­te­men zu ar­bei­ten, als auch Pla­ti­nen-Lay­outs zu ent­wer­fen, in­ter­es­sier­te mich sehr. Zudem be­kommt man einen tech­ni­schen Über­blick über viele The­men, so dass man sich spä­ter viel leich­ter in ver­schie­de­ne Fel­der ein­ar­bei­ten kann.

Schon vor mei­nem Stu­di­um war ich an Mo­bi­li­täts-The­men in­ter­es­siert. Als Ju­gend­li­cher habe ich viel an Fahr­rä­dern ge­schraubt und mit einem Kum­pel zu­sam­men ein Go-Kart mit einem Ra­sen­mä­her-Motor ge­baut. Durch diese Vor­lie­ben bin ich in mei­nem ers­ten FH-Se­mes­ter zum Raceyard-Team ge­kom­men, das elek­tri­sche Klein­renn­wa­gen ent­wirft und baut.

In der Pro­jekt­ar­beit ent­wi­ckel­te ich ge­mein­sam mit an­de­ren Stu­die­ren­den ein E-Skate­board. Da­nach kon­zi­pier­te ich in mei­ner Ba­che­lor­ar­beit für die Kie­ler Firma UXMA einen Um­rich­ter für einen E-Scoo­ter.

Ei­gent­lich woll­te ich immer aus Kiel weg, aber das Stu­di­um ge­fiel mir so gut, dass ich nach dem Ba­che­lor auch mei­nen Mas­ter an der FH ma­chen woll­te. Zudem hatte ich mir in Kiel schon ein Netz­werk auf­ge­baut. Durch die Ar­beit in klei­nen Grup­pen be­stand immer auch ein guter Draht zu den Pro­fes­so­ren. Au­ßer­dem gibt es in Kiel mit dem Fab­Lab.sh von Open­cam­pus tolle Mög­lich­kei­ten, ei­ge­ne Pro­jek­te auch selb­stän­dig zu ver­wirk­li­chen.

Um mein Fern­weh zu stil­len, bin ich wäh­rend mei­nes Mas­ters über das Eras­mus-Pro­gramm für ein Se­mes­ter nach Avei­ro in Por­tu­gal ge­gan­gen. Das war eine gro­ß­ar­ti­ge und un­ver­gleich­ba­re Er­fah­rung. Ich kann jeder und jedem nur raten, so früh wie mög­lich an einem Eras­mus-Aus­tausch teil­zu­neh­men. Mit an­de­ren Men­schen aus Eu­ro­pa zu­sam­men­zu­kom­men, sich aus­zu­tau­schen und bei aller Ver­schie­den­heit und Viel­falt Ge­mein­sam­kei­ten zu ent­de­cken, ver­än­dert die ei­ge­ne Sicht­wei­se auf Eu­ro­pa. Auch meine ei­ge­ne Sicht auf Kiel hat das Se­mes­ter in Por­tu­gal ver­än­dert, denn an­schlie­ßend wuss­te ich, was mir Kiel alles bie­tet. Zudem ist Kiel nicht die ein­zi­ge Stadt in Eu­ro­pa mit viel Regen.

Da die Wel­len in Kiel nur sel­ten zum Sur­fen rei­chen, ent­wi­ckel­te ich in der Mas­ter­pro­jekt­ar­beit mit vier Kom­mi­li­to­nen ein E-Surf­board. Wir sind mit un­se­rer Idee ein­fach zu Prof. Dr. Ro­bert Manz­ke ge­gan­gen, den wir so­fort für uns ge­win­nen konn­ten. Mit den Mög­lich­kei­ten des FH-Ma­ker­spaces und dem Fab­Lab.sh haben wir es in drei­ein­halb Mo­na­ten ge­schafft, un­se­re Idee zu ent­wi­ckeln und um­zu­set­zen. Sogar die Spon­so­ren war­ben wir als Team ein. Es war ein tol­les Ge­fühl, ge­mein­sam in so kur­zer Zeit etwas ganz Rea­les zu schaf­fen. So mach­te die Um­set­zung des Wis­sens, dass man in den Vor­le­sun­gen ge­lernt hat, rich­tig Spaß.

In mei­ner Mas­ter-Ar­beit habe ich für Por­sche En­gi­nee­ring ein elek­tro­che­mi­sches Bat­te­rie­mo­dell ent­wi­ckelt. Das Mo­dell be­rück­sich­tigt ver­schie­de­ne Ei­gen­schaf­ten einer Bat­te­rie und setzt diese zu­ein­an­der in Be­zie­hung. Somit ist es bei­spiel­wei­se mög­lich, den Ein­fluss der Flä­che der Bat­te­rie auf die En­er­gie­dich­te zu si­mu­lie­ren.

Auch nach mei­nem Mas­ter bin ich an der FH Kiel ge­blie­ben und setze mich wei­ter mit En­er­gie­fra­gen und Green Tech­no­lo­gies aus­ein­an­der. Als wis­sen­schaft­li­cher Mit­ar­bei­ter von Prof. Dr.-Ing. Chris­toph Weber for­sche ich seit Ja­nu­ar 2020 in einem Pro­jekt, das mit Hilfe von künst­li­cher In­tel­li­genz den La­de­zu­stand von Bat­te­ri­en mög­lichst exakt be­stim­men soll. Der Clou hier­bei ist, dass das Sys­tem durch eine Viel­zahl von Mes­sun­gen selb­stän­dig lernt. Ge­ra­de die Kom­bi­na­ti­on aus klas­si­schen In­ge­nieur­dis­zi­pli­nen wie prä­zi­ser Mess­tech­nik und die Me­tho­den der Ma­schi­nel­len Lern­ver­fah­ren sind für mich be­son­ders reiz­voll. Die in­ter­dis­zi­pli­nä­re Tä­tig­keit ist zudem sehr wich­tig in der For­schungs­grup­pe.

In Schles­wig-Hol­stein kommt es öfter vor, dass Wind­kraft­an­la­gen ab­ge­schal­tet wer­den, ob­wohl aus­rei­chend Wind weht. Der Grund ist, dass es einen Über­schuss an En­er­gie im Strom­netz gibt. Große Bat­te­rie­spei­cher kön­nen diese En­er­gie zwi­schen­spei­chern. Um dies je­doch ef­fek­tiv zu nut­zen, muss er­mit­telt wer­den, wie viel freie Ka­pa­zi­tät ein Bat­te­rie­spei­cher hat. Das Pro­jekt soll hel­fen, re­ge­ne­ra­ti­ven En­er­gi­en bes­ser zu nut­zen und dabei die Le­bens­dau­er von Bat­te­ri­en er­hö­hen.

Vor allem in den Be­rei­chen Mo­bi­li­tät und En­er­gie ist ge­ra­de viel im Um­bruch, und es gibt es viele span­nen­de The­men, zu denen ich durch mein Stu­di­um einen di­rek­ten Zu­gang ge­won­nen habe. Bei mei­ner täg­li­chen Ar­beit zu er­le­ben, wie ich mein Wis­sen sinn­voll an­wen­den kann, ist eine star­ke Mo­ti­va­ti­on für mich.

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