Eine Frau steht in ihrem blauen Pullover an einem Hörsaalgebäude, der FH Kiel.© H. Ohm

„Ein­fach los­le­gen"

von Laura Berndt

Ob Kli­ma­wan­del, Res­sour­cen­aus­beu­tung oder so­zia­le Ver­wer­fun­gen, der Mensch zer­stört den Pla­ne­ten Erde täg­lich ein Stück mehr. An­ge­sichts die­ser dra­ma­ti­schen Ent­wick­lung haben viele das Ge­fühl, als Ein­zel­per­son so­wie­so nichts da­ge­gen tun zu kön­nen. „Falsch“, sagt Ka­tha­ri­na San­der, die neue Nach­hal­tig­keits­ko­or­di­na­to­rin der Fach­hoch­schu­le Kiel (FH Kiel). Sie ist über­zeugt: Ver­än­de­run­gen fan­gen im Klei­nen an und alle kön­nen einen Bei­trag zur nach­hal­ti­gen Ent­wick­lung leis­ten, auch Hoch­schu­len. Das Be­wusst­sein dafür möch­te die 26-jäh­ri­ge Ber­li­ne­rin künf­tig an der FH wei­ter schär­fen.

Laura Berndt (LB): Seid wann be­schäf­ti­gen Sie sich mit dem Thema Nach­hal­tig­keit?

Ka­tha­ri­na San­der (KS): Ich denke, dass mir wäh­rend mei­nes Wirt­schafts­kom­mu­ni­ka­ti­ons­stu­di­ums an der Hoch­schu­le für Tech­nik und Wirt­schaft in Ber­lin zum ers­ten Mal be­wusst wurde, wie un­ver­hält­nis­mä­ßig die Wer­bung für den zwan­zigs­ten Jo­ghurt ist, wenn genau die­ser Über­fluss zur Zer­stö­rung un­se­res Pla­ne­ten bei­trägt. Mein In­ter­es­se für das Thema Nach­hal­tig­keit wuchs, ich woll­te mich auch pro­fes­sio­nell damit be­schäf­ti­gen und habe mich des­we­gen für den Mas­ter „Sus­tai­na­bi­li­ty, Eco­no­mics and Ma­nage­ment“ an der Uni­ver­si­tät Ol­den­burg ent­schie­den.

LB: Was sind die Auf­ga­ben der Nach­hal­tig­keits­ko­or­di­na­ti­on an der FH Kiel?

KS: Das Ko­or­di­na­ti­ons­team für nach­hal­ti­ge Ent­wick­lung an der FH Kiel exis­tiert seit einem Jahr und ar­bei­tet daran, ein Be­wusst­sein für die The­ma­tik in­ner­halb der Hoch­schu­le zu schaf­fen. Wir be­zeich­nen uns selbst als Chan­ge­Lab, als ein La­bo­ra­to­ri­um des Wan­dels und der Ver­än­de­rung, und ver­ste­hen uns als Netz­werk für alle Hoch­schul­an­ge­hö­ri­gen, die sich aktiv und krea­tiv für eine nach­hal­ti­ge Hoch­schul­ent­wick­lung ein­set­zen wol­len. Für sie ver­an­stal­ten wir re­gel­mä­ßig einen Run­den Tisch, ein de­mo­kra­ti­sches und of­fe­nes Gre­mi­um, das den Aus­tausch zum Thema Nach­hal­tig­keit und die ge­gen­sei­ti­ge In­spi­ra­ti­on för­dern soll. Ei­ner­seits berät und klärt das Team der Nach­hal­tig­keits­ko­or­di­na­ti­on auf, an­de­rer­seits un­ter­stüt­zen wir alle tat­kräf­tig bei der Um­set­zung ihrer Ideen oder Wün­sche, von der Or­ga­ni­sa­ti­on einer Ring­vor­le­sung bis zu the­men­spe­zi­fi­schen Work­shops.

LB: Wo wird die Ar­beit des ver­gan­ge­nen Jah­res an der FH sicht­bar?

KS: Ich denke, dass die nach­hal­ti­ge Ent­wick­lung an un­se­rer Hoch­schu­le zu die­sem Zeit­punkt noch nicht sicht­bar ist, das Be­wusst­sein dafür je­doch ge­stie­gen ist. Ver­än­de­rung ge­schieht nicht von heute auf mor­gen, dafür braucht es Zeit und Ge­duld. Aus dem Sym­po­si­um und der Open Space Ver­an­stal­tung im Rah­men der IDW im No­vem­ber 2013 sind neben dem Run­den Tisch auch ver­schie­de­ne Ar­beits­ge­mein­schaf­ten ent­stan­den. Die AG Ge­sell­schaft­li­che Ver­ant­wor­tung ar­bei­tet an einem hoch­schul­ei­ge­nen Nach­hal­tig­keits­ver­ständ­nis, die AG En­er­gie­spar­bör­se an der Um­set­zung einer cam­pus­wei­ten En­er­gie­spark­am­pa­gne. Dies sind nur zwei Bei­spie­le für un­se­re In­itia­ti­ven, sicht­bar wer­den ihre Er­geb­nis­se wohl erst im kom­men­den Jahr. Eine Idee, die hin­ge­gen be­reits ver­wirk­licht wer­den konn­te, ist die hoch­schul­ei­ge­ne Seite auf dem Mit­fahr­por­tal flinc.​de. Durch die Nut­zung von Fahr­ge­mein­schaf­ten kön­nen FH-Mit­glie­der künf­tig CO2-Emis­sio­nen re­du­zie­ren und gleich­zei­tig ihre Fahrt­kos­ten sen­ken. Und es ist noch vie­les in Pla­nung, zum Bei­spiel eine stär­ke­re In­te­gra­ti­on von Nach­hal­tig­keit in der Lehre und die Ge­stal­tung eines le­ben­di­ge­ren Cam­pus.

LB: Wo und wie han­deln Sie pri­vat nach­hal­tig?

KS: Ich bin Ve­ge­ta­rie­rin, ver­su­che über­wie­gend Bio-Le­bens­mit­tel zu kau­fen und fahre täg­lich sie­ben Ki­lo­me­ter mit dem Fahr­rad zur Ar­beit und zu­rück. Wenn ich ver­rei­se, dann haupt­säch­lich mit der Bahn. Flüge soll­ten gut über­legt sein und sind sie un­ver­meid­bar, dann soll­te die Reise über einen län­ge­ren Zeit­raum gehen und kein Wo­chen­end­trip nach Lon­don sein. Auch in punc­to Klei­dung lege ich gro­ßen Wert auf nach­hal­tig pro­du­zier­te Ware. Be­dau­er­li­cher­wei­se gibt es die kaum im lo­ka­len Han­del, son­dern vor allem im In­ter­net zu kau­fen. Ein ech­ter Wi­der­spruch, denn passt ein Klei­dungs­stück mal nicht, muss es zu­rück­ge­schickt und um­ge­tauscht wer­den. Das hat wenig mit Nach­hal­tig­keit zu tun, denn es ent­ste­hen unter an­de­rem zu­sätz­li­che Trans­port­we­ge. Aus die­sem Grund über­le­ge ich mir jeden Kauf ganz genau. Wi­der­sprü­che be­geg­nen einem immer wie­der bei dem Ver­such einen nach­hal­ti­gen Le­bens­stil zu füh­ren, aber das ist in Ord­nung und soll­te nie­man­den davon ab­hal­ten, sich zu hin­ter­fra­gen.

LB: Was kann jeder Ein­zel­ne im All­tag für eine nach­hal­ti­ge Ent­wick­lung tun?

KS: Jeder von uns soll­te zu­nächst das ver­än­dern, was am leich­tes­ten fällt, und vor allem ein­fach damit los­le­gen. Damit in­spi­rie­ren wir oft unser di­rek­tes Um­feld und so steigt das Be­wusst­sein für nach­hal­ti­ges Ver­hal­ten. Ein Tipp: lie­ber im klei­nen Rah­men be­gin­nen. Zum Bei­spiel kön­nen Sie Ihren Müll tren­nen, die Woh­nung mit weit of­fe­nem Fens­ter lüf­ten und die Hei­zung dabei immer ab­stel­len. Sie kön­nen Pa­pier spa­ren und soll­ten Sie es doch hin und wie­der be­nö­ti­gen, zu Re­cy­cling­pa­pier grei­fen. Las­sen Sie sich nicht von dem Be­griff En­er­gie­spar­lam­pe in die Irre füh­ren, LED-Lam­pen ver­brau­chen deut­lich we­ni­ger Strom. Au­ßer­dem ent­hal­ten sie kein Queck­sil­ber, ein Roh­stoff, der nicht nur für den Men­schen ge­fähr­lich ist, son­dern lei­der über­wie­gend nicht re­cy­celt wird. Den Um­stieg auf Bio-Le­bens­mit­tel emp­feh­le ich be­son­ders, ihre scho­nen­de­re An­bau­me­tho­de ist für den Kli­ma­schutz und die lang­fris­ti­ge Er­hal­tung der Res­sour­cen wich­tig.

LB: Exo­ti­sches Obst, Flug­rei­sen und stän­dig neue Klei­dung, das sind nur drei Bei­spie­le für Dinge, die alles nur nicht nach­hal­tig sind. Be­deu­tet nach­hal­ti­ger Kon­sum Ver­zicht und ist die­ser au­to­ma­tisch mit hö­he­ren Kos­ten ver­bun­den?

KS: Ja! Ver­zicht muss aber nicht hei­ßen, dass wir damit kein glück­li­che­res Leben füh­ren kön­nen. Na­tür­lich fal­len Ver­än­de­run­gen oft­mals schwer, denn wir geben etwas Ge­lieb­tes auf. Wir soll­ten je­doch nie­mals ver­ges­sen, dass wir da­durch eine hö­he­re Le­bens­qua­li­tät ge­win­nen, für uns und spä­te­re Ge­ne­ra­tio­nen. Nach­hal­ti­ger Kon­sum ist immer erst mit hö­he­ren Kos­ten ver­bun­den, ich denke da zum Bei­spiel an Bio-Le­bens­mit­tel. Da ich durch mei­nen ver­än­der­ten Le­bens­stil in der Summe aber mehr ein­spa­re, glei­chen sich die hö­he­ren Prei­se pro Stück am Ende wie­der aus.

Kurz­bio­gra­phie

seit No­vem­ber 2014: Ko­or­di­na­to­rin für Nach­hal­ti­ge Ent­wick­lung  

2011 - 2014: Mas­ter­stu­di­um „Sus­tai­na­bi­li­ty, Eco­no­mics and Ma­nage­ment“, Uni­ver­si­tät Ol­den­burg  

Jan - Jun 2013: Aus­lands­stu­di­um in Växjö, Schwe­den  

2008 - 2011: Ba­che­lor­stu­di­um „Wirt­schafts­kom­mu­ni­ka­ti­on“, Hoch­schu­le für Tech­nik und Wirt­schaft Ber­lin  

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