#medieningenieur: 3D-Druck als zukunftsweisende Kreativ-Technik
Anscheinend alles kann man heutzutage mit diesen Wundergeräten herstellen: Spielfiguren, Puppen, Kunstwerke, Bauteile, sogar ganze Häuser. 3D-Drucker sind in der Industrie höchst prominent, und auch die Fachhochschule Kiel zählt drei dieser hochmodernen Geräte zu ihrer Ausstattung für die Studierenden. Im Wintersemester 2018/19 werden auch die neuen Medieningenieurinnen und -ingenieure an diesen Geräten arbeiten. Professor Dr. Jochen Immel (Fachbereich Informatik und Elektrotechnik) lehrt den gesamten mechatronischen Konstruktionsprozess am Institut für Mechatronik und hat Julia Königs aus der viel.-Redaktion erklärt, was es mit den 3D-Druckern auf sich hat.
Jochen Immel ist ein Experte auf seinem Gebiet. In seinen Veranstaltungen erfahren die Studierenden, wie man Systeme entwirft, anpasst und optimiert, die aus elektrotechnischen, informationstechnischen und mechanischen Teilen bestehen. Dazu gehören die richtigen Einheiten, die Sensorik, die Anordnung der Komponenten und die Struktur, damit alles genau nach optimalen Vorgaben ausgelegt wird. Was sehr technisch und abstrakt klingen mag, wird greifbarer, wenn Jochen Immel davon berichtet, welche eindrucksvollen Arbeiten am Ende eines 3D-Druck-Konstruktionsprozesses entstehen können.
Was genau ist 3D-Druck?
3D-Druck ist eigentlich eine Sammlung von Begriffen, die verschiedene Fertigungstechniken beschreiben. Alle Verfahren funktionieren nach ganz unterschiedlichen Regeln und auch nur mit ganz bestimmten Materialien. Gemeinsam haben alle 3D-Druckverfahren, dass dreidimensionale Objekte entstehen. „Das Material wird in dünnen Schichten aufgetragen und verfestigt. Das bezeichnen wir als additive Fertigung“, erklärt Jochen Immel. Damit unterscheidet sich 3D-Druck von subtraktiven Techniken wie Fräsen, Bohren oder Sägen, bei denen Material nicht hinzugefügt, sondern abgetragen wird.
Ausgefeilte Technik und ein hohes Maß an Kreativität kommen zusammen, wenn es um das Design solcher 3D-Produktionen geht. „Das Design Thinking ist meine Hauptaufgabe im Studiengang Medieningenieur/in“, erklärt Immel. „Ich zeige den Studierenden, wie sie von einer Idee zur besten Visualisierung mit Hilfe von 3D-Prototyping kommen.“
Wer an Design denkt, stellt sich meistens ein ansprechendes Bild vor, ein schön gestaltetes Kleidungsstück oder eine gelungene Broschüre. Jochen Immel weist darauf hin, dass das englische Wort „Design“ im Deutschen auch mit „Konstruktion“ zu übersetzen ist.
Daher zeigt er den Studierenden, wie sie mit Methoden wie CAD (Computer-aided Design, zu Deutsch: rechnerunterstütztes Konstruieren) und CAM (Computer-aided Manufacturing, zu Deutsch: rechnerunterstützte Fertigung) zum Prototyp einer Idee gelangen, die genau so aussieht, wie sie es sich vorgestellt haben. „Ohne CAD-Tools geht es nicht, daher sind diese Konstruktionsprogramme ein Muss“, sagt Immel. „Erst so lernt man, wie man aus einer Konstruktion auch digitale Bauteile in verschiedene Formate exportieren kann, damit ein 3D-Drucker diese Aufträge auch lesen und in seine Software implementieren kann.“
Ein eigenes 3D-Druck-Modell
In klassischen Lehrveranstaltungen mit angeschlossenen Übungen erläutert Immel also die Verfahren des 3D-Druckens und führt Projekte an den Druckern durch. Einen konkreten Ablauf hat sich der Professor schon überlegt: „Wir bauen zuerst verschiedene Komponenten in dem Konstruktionsprogramm Siemens NX nach“, erklärt Immel und zeigt einen kleinen Ball aus ABS Kunststoff, der rundherum kleine Löcher aufweist. „Dann fügen wir die Einzelteile zu Baugruppen zusammen, im Falle des Balles ordnen wir also drei Bälle solcher Art in unterschiedlichen Größten ineinander an.“
Zum Schluss werden Freiflächen konstruiert. Damit sind Formen gemeint, die nicht mehr nur Kreise, Quader oder Kugeln sind. Jochen Immel freut sich, dass jede/jeder Studierende anschließend das eigene Modell aus dem 3D-Druck mit nach Hause nehmen kann, denn in einem Druck können rund zwanzig Bälle auf einmal in einer Parallelfertigung ausgegeben werden. „Das hat auch Vorteile in der Industrie“, sagt Immel. „Wenn man etwas günstiger und schneller produzieren will, eignen sich solche Fertigungsverfahren. Konstruiert man etwas Feineres, dauert es dementsprechend länger.“
Welche Druckverfahren gibt es überhaupt?
Jochen Immel erklärt, dass es viele verschiedene Drucker und verschiedene Fertigungsverfahren gibt, die danach ausgewählt werden, welche Arbeit und mit welcher Genauigkeit diese Arbeit ausgeführt wird. Bei der Stereolithografie werden beispielsweise aus Kunstharz Modelle hergestellt, die eine extrem feine und glatte Oberfläche haben. Winzige Details wie die Treppenstufen im Inneren eines Turms werden sichtbar gemacht. Der Kunstharz wird tröpfchenweise durch die Düse abgegeben und per UV-Licht ausgehärtet. Beim Lasersintern dagegen sind noch Rillen bis zu 0,2 Millimeter Tiefe zu erkennen, wie bei dem kleinen Ballmodell.
3D-Drucker können aber nicht nur Spielfiguren erzeugen, sondern auch dazu nützlich sein, ganze Strukturen in einer Konstruktion zu optimieren. Mussten Ingenieurinnen und Ingenieure früher genau ausrechnen, wie sie Stützten unter einer Stahlkonstruktion anordnen, kann der 3D-Drucker heute genau berechnen, wie die tragenden Streben gestaltet sein müssen.„Diese toolbasierte Optimierung lernen auch die Medieningenieure“, sagt Jochen Immel, „da die Medieningenieure hier genau erkennen, wie sie von der eigentlichen Ingenieursaufgabe optimal entlastet werden.“
Zwar ist der 3D-Druck in manchen Bereichen der Industrie nicht immer besser (zum Beispiel beim Fräsen sehr großer Bauteile), doch bei detaillierten Strukturen ist das Verfahren die beste Herangehensweise. „Mit solchen Anwendungsbeispielen werfen wir einen Blick in die Zukunft, schauen uns die neuesten Entwicklungen an und lernen auch, welche Laser-Technologien sich gerade abzeichnen“, erläutert Immel den finalen Teil des Fachverlaufs. Seine Persönliche Einschätzung zum 3D-Druck? „Die Maschinen selbst werden immer größer, damit wird die Fertigung von größeren Bauteilen möglich und wirtschaftlicher.“
Kreativität steht neben der Technik im Fokus
Mit viel Kreativität und technischem Verständnis können die Studierenden nicht nur in den Veranstaltungen bei Jochen Immel arbeiten, sondern auch im Maker Space der FH mit Lasercutter, Fräse und Platinenbestücker experimentieren. Zusammen mit Prof. Dr. Manzke und Prof. Dr. Lüssem erforscht Immel im Rahmen eines EU-Interreg Projektes den optimalen Einsatz dieser Technologien in der Lehre. „Man kann alles realisieren, man ist nicht mehr an irgendwelche fertigungstechnischen Restriktionen gebunden. So wie man es sich vorstellt, kann man es auch herstellen“, stimmen die drei Professoren überein.
Ein besonderes Erlebnis wird sicherlich auch die Exkursion ins FabLab.sh sein, die Immel mit den Studierenden plant. In Kiels erster offener Hightech-Werkstatt, die von der Landeshauptstadt finanziell gefördert wird, kann jedermann frei nach seinen Einfällen experimentieren und hat Zugang zu klassischen und modernen Produktionsmöglichkeiten. „Eine tolle Sache für die Studierenden und auch für junge Unternehmer“, findet Immel.