Wer auf seine Studienzeit zurückblickt, erinnert sich wohl noch gut an das Gefühl am ersten Tag: die Sorge, keinen Anschluss zu finden und sich an der Hochschule nicht zurechtzufinden. Den rund 150 neuen Bachelorstudierenden des Fachbereichs Wirtschaft der Fachhochschule Kiel (FH Kiel) ergeht es vermutlich genauso. Mit seiner Begrüßungswoche möchte der Fachbereich ihnen diese Bedenken nehmen und einen guten Start ins Studium ermöglichen. Warum diese ins Leben gerufen wurde und was die „Erstis“ vom 28. September bis 1. Oktober 2015 erwartet, erzählte Jacob Hilzinger, Mitorganisator und Masterstudent der Wirtschaftsinformatik, Laura Berndt im Interview.
Laura Berndt (LB): Was ist Ziel der Erstsemesterwoche?
Jacob Hilzinger (JH): Die Veranstaltung findet in ihrer heutigen Form, sprich in Kombination mit unserem Tutorenprogramm, seit dem Sommersemester 2011 zweimal jährlich statt. Unter dem Motto „Anspruch und Orientierung von Anfang an“ ermöglichen wir es den neuen Studierenden, Kontakte zu knüpfen und die Hochschule kennenzulernen. Die Erstsemesterwoche fördert das Zusammengehörigkeitsgefühl und die Bindung an die FH Kiel. Wir sind davon überzeugt, dass Teamgeist und nicht eine Ellenbogenmentalität zum Erfolg im Studium und späteren Berufsleben führt. Darum unterstützen wir die Bildung einer Gemeinschaft gezielt. Gleichzeitig wollen wir ehrenamtliches Engagement fördern, das für zukünftige Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber immer wichtiger wird. Außerdem zeigen wir den Studierenden, wie sie sich an der Hochschule einbringen können.
LB: Wie funktioniert das Tutorenprogramm?
JH: Zu Beginn der Erstsemesterwoche teilen wir per Losverfahren die Studierenden in Kleingruppen ein, die dann über das gesamte erste Semester im Pflichtmodul „Soft Skills“ gemeinsam an einer Hausarbeit und Präsentation arbeiten. Die Teams bekommen gleich zu Anfang eine Tutorin oder einen Tutor an die Seite gestellt, also Studierende höherer Semester, die den Gruppenprozess begleiten und Fragen beantworten. So haben die „Erstis“ gleich jemanden, der einmal in derselben Situation war und sich gut in sie hineinversetzen kann. Ich war selbst lange Tutor bevor ich begann die Lehrbeauftragte Sabrina Mund bei der Organisation der Begrüßungswoche zu unterstützen. Ich hatte viel Spaß und kann diese Form des hochschulinternen Engagements nur empfehlen.
LB: Was hat Ihnen daran gefallen?
JH: Ich fand es toll, meine Erfahrungen weiterzugeben, neue Leute kennenzulernen und den Hochschulalltag aus einer anderen Perspektive zu erleben. Außerdem konnte ich der Hochschule so etwas für die Unterstützung und Offenheit zurückgeben, die mir Lehrende und Mitarbeitende immer entgegen gebracht haben. Das gilt auch jetzt noch. Zum dritten Mal organisiere ich die Erstsemesterwoche nun und jedes Mal ist sie ganz anders, kein Wunder bei so unterschiedlichen Studierenden. Wir haben „Erstis“, die sind 17 Jahre alt und manche, die Mitte 40 sind. Jedes Team entwickelt eine ganz eigene Dynamik. Mich motiviert es total, dass wir den Studierenden einen positiven Start ins Studium ermöglichen.
LB: Was erwartet die Erstsemester konkret in dieser Woche?
JH: Nützliche Informationen und viel Spaß zusammen: Die Studierenden ordnen sich zum Beispiel im Audimax entsprechend ihres Geburtsortes nach Nord, Ost, Süd und West an, um sich so mit Menschen aus ihrer Region austauschen zu können. Beim Pipeline-Spiel müssen die Teams eine Kugel mithilfe mehrerer Rohrstücke über einen Parcours in eine Box befördern – da sind alle gefragt. Wir diskutieren aktuelle Themen wie „Frauen in Führungspositionen“, besuchen die IHK und interviewen dort Ulrike Jacobi, Prokuristin bei der Wir Drei Werbung GmbH in Kiel.
LB: Wie stellen Sie die FH Kiel in Ihrem Programm vor?
JH: Die Fachschaft Wirtschaft hat eine Campus Rallye organisiert, auf der die „Erstis“ Fragen rund um die Hochschule beantworten müssen und den Campus auch mal sackhüpfend kennenlernen. Wir informieren zum Beispiel über ein Studium im Ausland und laden auf den „Markt der Möglichkeiten“ ein, einer kleinen Messe, auf der sich alle wichtigen Hochschulgruppen präsentieren. Von der Zentralen Studienberatung über den AStA bis hin zu Raceyard stehen hier der interdisziplinäre und semesterübergreifende Austausch, ehrenamtliches Engagement und die Prozesse an der FH Kiel im Fokus. Bei „Studierende plaudern aus dem Nähkästchen“ erzählen Tutorinnen und Tutoren und Mitglieder der Fachschaft, worauf es im Studium zu achten gilt. Bei Brezel und Brause lassen wir die Woche dann im Bunker-D am Donnerstag ausklingen.
LB: Hat sich die Begrüßungswoche im Laufe der Jahre verändert?
JH: Ja, das Feedback der Studierenden ist uns wichtig, wir versuchen es jedes Mal in unsere Programmplanung einfließen zu lassen, um die Begrüßungswoche weiterzuentwickeln und an die Bedürfnisse der Teilnehmerinnen und Teilnehmer anzupassen. Der „Markt der Möglichkeiten“ entstand beispielsweise nachdem „Erstis“ des Wintersemesters 2014/15 die vielen Vorträge beklagten. Damit wollten wir etwas ausprobieren, das nicht frontal ist, aber dennoch alle wichtigen Informationen bereitstellt. Dieses Semester bieten wir die Campus KulTour erstmalig an. So können Studierende bereits zu Beginn des Studiums den Mediendom, das Computermuseum und den Bunker-D kennenzulernen.
LB: Wie fallen die Rückmeldungen aus?
JH: Wir bekommen mehrheitlich positives Feedback, aber den Nerv aller Studierenden treffen wir mit unserem Programm bestimmt nicht. Es gibt immer Leute, die zu Beginn die Veranstaltungen besuchen, aber am dritten und vierten Tag nicht mehr vorbeischauen. Die Teilnahme ist nicht Pflicht und wir möchten niemanden dazu zwingen. Auf der anderen Seite kommen viele „Erstis“ jeden Tag, sind motiviert und lassen sich auf unser Angebot ein. Die Rückmeldungen sind also durchaus unterschiedlich. Unser Ziel ist es, möglichst viele Studierende mit der Begrüßungswoche anzusprechen.