Ein Park© B. Wotha
Der Park ‚Jar­dín del Turia‘ mit der ‚Ciutat de les Arts i les Cièn­ci­es’ (rechts).

Durch in­ter­na­tio­na­le Ko­ope­ra­ti­on zu nach­hal­ti­ger Stadt­ent­wick­lung

von Prof. Dr. Bri­git­te Wotha

„¡Vamos a Es­paña!“, hieß es An­fang No­vem­ber für zehn Stu­die­ren­de und zwei Lehr­kräf­te vom In­sti­tut für Bau­we­sen der FH Kiel. Im Rah­men eines ERAS­MUS-BIP-An­ge­bots (Blen­ded In­ten­si­ve Pro­gram­me) forsch­ten, ar­bei­te­ten und leb­ten die Stu­die­ren­den des Stu­di­en­gangs Bau­in­ge­nieur­we­sen ge­mein­sam mit zehn Stu­die­ren­den von der Wie­ner Uni­ver­si­tät für Bo­den­kul­tur (BOKU) und sie­ben Stu­die­ren­den der Uni­ver­si­dad Po­li­té­c­ni­ca de Va­len­cia (UPV) eine Woche lang im spa­ni­schen Va­len­cia. Das BIP ‚Sus­tai­n­a­ble Urban De­ve­lop­ment - Livea­ble Quar­ters, Green In­fra­st­ruc­tu­res and Ac­ti­ve Mo­bi­li­ty' dien­te der in­ten­si­ven Aus­ein­an­der­set­zung mit den The­men nach­hal­ti­ge Stadt­ent­wick­lung, grüne In­fra­struk­tur und ak­ti­ve Mo­bi­li­tät.

Dem Be­such in Valan­cia war eine in­ten­si­ve Vor­be­rei­tungs- und Ken­nen­lern­zeit vor­aus­ge­gan­gen. Die Stu­die­ren­den hat­ten sich in ge­misch­ten Grup­pen auf Ge­schich­te, Flä­chen­nut­zung, Grün­flä­chen, Mo­bi­li­tät und Pla­nungs­un­ter­la­gen des Un­ter­su­chungs­ge­biets, das sich im Stadt­teil Quat­re Car­re­res  be­fand, vor­be­rei­tet und ein­an­der ihre Pla­nungs­sys­te­me vor­ge­stellt. Dar­aus ergab sich nicht nur eine her­vor­ra­gen­de Ar­beits­grund­la­ge. „Durch die sehr freund­li­che und of­fe­ne Auf­nah­me der Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen in Va­len­cia und der spa­ni­schen Stu­die­ren­den wuch­sen in Spa­ni­en alle schnell zu einem sehr guten Team zu­sam­men“, re­sü­miert Prof. Dr. Bri­git­te Wotha.

Vor Ort ana­ly­sier­ten die Stu­die­ren­den den Stadt­teil Quat­re Car­re­res in Va­len­cia. Unter der An­lei­tung von Prof. Dr. Bri­git­te Wotha und Kay Len­gert (Bau­in­ge­nieur­we­sen an der FH Kiel), Dr. nat. techn. Dipl.-Ing. Flo­ri­an Rein­wald und Dipl.-Ing. So­phie Thiel (Land­schafts­pla­nung an der BOKU) sowie Prof. Julia Del­toro Soto und Inés No­vel­la Abril (Ar­chi­tek­tur an der UPV) wur­den in Va­len­cia Chan­cen und Pro­ble­me iden­ti­fi­ziert. Auf die­ser Grund­la­ge ent­wi­ckel­ten die Stu­die­ren­den Ideen, Werk­zeu­ge und Lö­sun­gen, um in einer sich schnell ver­än­dern­den Stadt mehr Nach­hal­tig­keit und mehr Le­bens­qua­li­tät zu schaf­fen.

Eine Gasse©B. Wotha
Ein Blick in einen Teil des Un­ter­su­chungs­ge­bie­tes Quat­re Car­re­re­sin Va­len­cia, für das die Stu­die­ren­den Lö­sun­gen such­ten.

Dabei war für die Stu­die­ren­den nicht nur der in­ter­na­tio­na­le Aus­tausch span­nend: Mit den drei Hoch­schu­len ar­bei­te­ten auch drei Dis­zi­pli­nen Bau­in­ge­nieur­we­sen, Land­schafts­pla­nung und Ar­chi­tek­tur eng zu­sam­men. Die Stu­die­ren­den lern­ten so, Pro­ble­men wie feh­len­de Grün­flä­chen, tren­nen­de In­fra­struk­tu­ren, Ent­mi­schung der Be­völ­ke­rung, man­geln­de Nut­zung des Stra­ßen­raums und bau­li­che Män­gel in­ter­dis­zi­pli­när zu be­geg­nen und ge­mein­sam fach­über­grei­fend Lö­sun­gen zu fin­den.

Auch die Stadt Va­len­cia und ihre Ei­gen­hei­ten hatte es den Stu­die­ren­den an­ge­tan. Ins­be­son­de­re der Park im tro­cken­ge­leg­ten Fluss­bett des Rio Turia. Der ‚Jar­dín del Turia‘ er­streckt sich auf einer Länge von neun Ki­lo­me­tern durch die Gro­ß­stadt. Das in­stal­lier­te Rad­we­ge­netz ver­bin­det viele wich­ti­ge Orte mit­ein­an­der. So konn­ten fast alle Ex­kur­sio­nen vor Ort mit Fahr­rä­dern des städ­ti­schen Leih­sys­tems ‚Va­len­bi­si’ un­ter­nom­men wer­den. Und auch nach ge­ta­ner Ar­beit wurde die Stadt ge­mein­sam er­kun­det und spa­nisch-spät ge­mein­sam ge­ges­sen und ge­fei­ert.

Durch die Ar­beit in in­ter­na­tio­na­len und fach­lich ge­misch­ten Grup­pen konn­ten die Stu­die­ren­den vor­ein­an­der Un­ter­schie­de und Ge­mein­sam­kei­ten in der Stadt­ent­wick­lung Spa­ni­ens, Deutsch­lands und Ös­ter­reich ler­nen. Ein wei­te­re Er­kennt­nis für die Stu­die­ren­den war, dass sie im Team ar­beits­tei­lig mehr leis­ten konn­ten, als auf sich al­lein ge­stellt. „I lear­ned a lot about the dif­fe­ren­ces and si­mi­la­ri­ties bet­ween the urban plan­ning in each of the three ci­ties, the way they work, the tools they use, etc. I also learnt a lot about time ma­nage­ment and team­work, and I men­ti­on them to­ge­ther be­cau­se it was cru­ci­al to di­vi­de the work so we could reach cer­tain ti­me­li­nes.“ [^1] be­schreibt eine Stu­den­tin von der UPV ihren Ein­druck.

Menschen in einem Raum©B. Wotha
Die Stu­die­ren­den ar­bei­te­ten in in­ter­na­tio­na­len und in­ter­dis­zi­pli­nä­ren Teams.

„Es war für alle ein an­stren­gen­des, aber vor allem ein auf­re­gen­des, in­spi­rie­ren­des und tol­les Er­leb­nis und hat dazu an­ge­regt, auch zu­künf­tig die Chan­cen für einen in­ter­na­tio­na­len Aus­tausch zu nut­zen“, zieht Wotha nach ihrer Rück­kehr Bi­lanz. „Sol­che in­ter­na­tio­na­len Er­fah­run­gen sind eine wich­ti­ge Vor­aus­set­zung für eine er­folg­rei­che be­ruf­li­che Tä­tig­keit. Leben und Ler­nen zu­sam­men mit Stu­die­ren­den aus an­de­ren Län­dern brin­gen nicht nur bes­se­re Sprach­kennt­nis­se mit sich, son­dern sind die beste Vor­be­rei­tung für das Ar­bei­ten in in­ter­na­tio­na­len Teams.“

Nach der Rück­kehr an ihre je­wei­li­gen Hoch­schu­len sol­len die Stu­die­ren­den ihre Er­kennt­nis­se und Lö­sungs­an­sät­ze aus­ar­bei­ten. In einer ab­schlie­ßen­den On­line-Ver­an­stal­tung am 21. De­zem­ber 2023 wer­den sie diese dann prä­sen­tie­ren. Doch auch dar­über hin­aus soll die For­schung wei­ter­lau­fen: Das ge­sam­te Pro­jekt ist auf drei Jahre an­ge­legt und wird mit wei­te­ren Se­mi­na­ren in Wien und Kiel fort­ge­setzt. (jkl)

 

[^1]: Ich habe viel über die Un­ter­schie­de und Ge­mein­sam­kei­ten in der Stadt­pla­nung in jeder der drei Städ­te ge­lernt; über die Ar­beits­wei­se, die ver­wen­de­ten Werk­zeu­ge und wei­te­re As­pek­te. Dar­über hin­aus habe ich auch viel über Zeit­ma­nage­ment und Team­ar­beit ge­lernt. Und ich er­wäh­ne das zu­sam­men, weil es ent­schei­dend war, um die Ar­beit so auf­zu­tei­len, dass wir be­stimm­te Zeit­vor­ga­ben ein­hal­ten konn­ten.

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