Man stelle sich vor, man könnte den Weg vom Kieler Ostufer ans Westufer mit einer Passagierdrohne zurücklegen. Einsteigen, losfliegen, ankommen. Das würde nicht nur eine enorme Zeitersparnis bedeuten, sondern auch den Verkehr entlasten. Das klingt im ersten Moment nach Science-Fiction, doch eine chinesische Firma bietet solche Drohnen bereits zum Kauf an. Auch für Dr. Jochen Immel, Professor für Mechatronische Konstruktion, und Dr. Boris Pawlowski, Professor für Öffentlichkeitsarbeit mit dem Schwerpunkt digitalisierte Kommunikation, ist das keine utopische Vorstellung.
„Die technische Machbarkeit ist gegeben, es geht jetzt darum, dass man Drohnenflüge verstärkt zulässt“, sagt Immel. Natürlich gebe es besondere Anforderungen. In vielen zukünftigen Anwendungsfällen kreuzt ein Flug bestehende Infrastruktur wie öffentliche Straßen oder auch Wasserwege. Mit entsprechender Absicherung sei das auch vertretbar, so Immel. Der Professor kennt sich bestens aus mit Drohnen, entwickelte und baute selbst eine mit innovativen Fertigungsverfahren. Sie steht in einem Labor der Hochschule, ist funktionsfähig, ist aber nicht im öffentlichen Verkehr zugelassen.
Die Lastendrohne hat einen Durchmesser von über zwei Metern und kann Gegenstände von bis zu 100 Kilogramm transportieren. Anwendungsfälle sind Rettungsmissionen in Krisengebieten. In unzugänglichen Gebieten könnte die Drohne Menschen mit lebenswichtigen Gütern versorgen. Ein weiterer möglicher Anwendungsfall für sie sind Inseln und Halligen. Immel: „Kleine Flugzeuge fliegen die Inseln an. In der Maschine finden vier Menschen und Gepäck Platz. Ist das Flugzeug voll, und es gibt weiteres Gepäck, muss ein zweites Flugzeug starten.“ Eine Drohne könnte eine zweite Maschine ersetzen.
Das sind nur zwei von vielen Anwendungsfällen. Drohnen der Zukunft transportieren nicht nur Personen und andere Lasten. Die Ideen reichen von der Landwirtschaft über Bauwesen bis hin zum Bergbau. Das zeigt sich auch an der FH Kiel. „In allen Fachbereichen gibt es Bedarf an Drohnentechnik“, sagt Boris Pawlowski. Mit einer Drohnenakademie wollen die beiden zusammen mit Dr. Klaus Lebert, Professor für Regelungstechnik und Modellbildung, eine neue Plattform für die Technologie schaffen. Pawlowski: „Wir wollen zusammen mit der Wirtschaft und anderen Interessensgruppen verschiedene Use-Cases identifizieren.“ Ziel sei es, auf den Anwendungsfall spezialisierte Drohnen zu bauen. Das ist mit einem 3-D-Drucker an der FH Kiel möglich. Dieser kann aktuell Bauteile bis 1,20 Meter Länge, 60 Zentimeter Breite und 60 Zentimeter Höhe drucken.
Nach Einschätzung der Professoren werden zukünftig Drohnen den Himmel über Deutschland erobern. Die Technik ist da, die Anwendungen sind da, doch der rechtliche Rahmen muss sich weiterentwickeln. Auch damit will sich die Drohnenakademie beschäftigen. Immel: „Man muss sich als begeisterter Technologe auch zurücknehmen. Wichtig ist, dass man die Bevölkerung bei dem Prozess mitnimmt.“ Nur so könne man Vorbehalte der Menschen ausräumen, um Schritt für Schritt mehr Akzeptanz zu schaffen. „Wie beim Fußball-Sommermärchen braucht dieses Thema einen emotionalen Kick“, sagt Pawlowski. Wenn Drohnen in Zukunft im großen Stile Einsatz finden, werden viele Geschäftsmodelle schon da sein. Dann will die FH Kiel ganz vorne mitfliegen.