Yann Chevalaz studiert in Annecy/Frankreich und in Kiel
Yann Chevalaz ist erst 20 Jahre alt und bereits in der Endphase seiner Bachelorarbeit. Er ist aber nicht einfach nur BWL-Student an der Fachhochschule Kiel. Der gebürtige Franzose mit deutschen Wurzeln nimmt seit 2015 teil am Doppelbachelorprogramm der Université Savoie Mont Blanc in Annecy, nahe der Schweiz, und der FH Kiel. Wie er dazu gekommen ist und wie er das Studium in Deutschland findet, verrät er im Gespräch mit der viel.-Redaktion.
Geboren und aufgewachsen ist Yann Chevalaz in Aix-en-Provence im Süden Frankreichs. Seine Mutter hat deutsche Wurzeln, und seine Großeltern wohnen sogar noch in Deutschland – er fährt sie regelmäßig besuchen. „Meine Mutter hat zwar Deutsch mit mir gesprochen, ich habe aber immer auf Französisch geantwortet”, erzählt der 20-Jährige. Er ging auf ein internationales Gymnasium und machte dort ein Doppelabitur mit Schwerpunkt Wirtschaft, sodass er sowohl das französische Baccalauréat als auch die deutsche Hochschulreife erhielt. Zweisprachig aufzuwachsen war anfangs anstrengend für ihn. „Später wird einem aber klar, dass es auch eine große Chance ist und es blöd wäre, die nicht zu nutzen.“
Nach dem Doppelabitur konnte sich der gebürtige Franzose nicht vorstellen, „nur” zu studieren. Er wollte die Zweisprachigkeit nutzen, schaute sich deshalb nach Doppelstudiengängen um und wurde schließlich an der Université Savoie Mont Blanc in Annecy fündig. Die französische Universität ist eine relativ junge Partnerhochschule der FH Kiel, was der Student als positiv empfand. „Man ist von Anfang an dabei, bei etwas, das noch großes Potenzial hat und kann im Nachhinein sagen: Ich war dabei.“ Die ersten beiden Studienjahre verbrachte er in Frankreich, seit September 2017 ist er nun in Kiel und schreibt aktuell an seiner Bachelorthesis zum Thema E-Sport und interkulturelle Kompetenzen. Ein Kolloquium muss Yann Chevalaz allerdings nicht halten. Stattdessen schreibt er eine zweite, kleinere Bachelorthesis im Modul „Interkulturelle Kompetenzen”, welches nur im französischen Doppelstudiengang belegt wird. Diese zweite Arbeit muss er auf Deutsch schreiben und anschließend in beiden Sprachen präsentieren. Für das Studienjahr in Deutschland bekommt er außerdem finanzielle Unterstützung von der Hochschule – etwa 270€ im Monat.
Das Austauschprogramm ist sprachlich getrennt. In Annecy wird auf Französisch unterrichtet, in Kiel auf Deutsch. Obwohl der 20-jährige mit der deutschen Sprache aufgewachsen ist, fiel ihm die Umstellung nicht leicht. Um die Sprachkenntnisse zu erweitern, steht an der FH Kiel auch Deutsch auf dem Plan. „Man ist hier als deutscher Student und hat Deutsch als Fremdsprache. Das ist schon lustig”, erzählt der gebürtige Franzose. Dass er zweisprachig aufgewachsen ist, bietet ihm in vielerlei Hinsicht einen großen Vorteil gegenüber anderen Studierenden. „Ich habe auch eine Kommilitonin im Studiengang, die nur Französisch spricht, das finde ich schon ziemlich mutig.“
Als größten Unterschied zwischen beiden Hochschulen nennt er das System: In Frankreich könne er sich Fächer und den Belegungs-Zeitpunkt nicht aussuchen, an der FH könne er hingegen schon entscheiden, wann er die Fächer schreiben wolle. Das sei sehr positiv in seinen Augen. Auch die Kompetenz der Professorinnen und Professoren lobt er: „Dass ich hier zum Beispiel Präsentationstechniken von einem Kunstprofessor lernen kann, ist klasse”. Ein weiterer Vorteil des zweisprachigen Studiums: Die Inhalte werden nicht gedoppelt, wodurch ein höherer Arbeitsaufwand entstünde, sondern werden ersetzt und sprachlich miteinander kombiniert, was ihm besonders gut gefällt. „Es ist auch so, ich bin ja nicht Deutscher und Franzose, sondern beides in einer Person. Und genau darum geht es bei dem Studiengang auch, beides zu verbinden, das finde ich so toll daran.”
Nach seinem Doppelabschluss will der 20-Jährige den Master machen, auch als Doppelabschluss versteht sich. Das wird an der FH Kiel allerdings nicht angeboten, weshalb er dann im französischen Metz und in Saarbrücken studieren will. In welchem Bereich er später arbeiten möchte, weiß er noch nicht genau. Er kann sich allerdings sehr gut vorstellen, in Deutschland zu bleiben.
Esther Marake