Zum zweiten Mal fand der Workshop „Hochschule der Zukunft“ in der Digitalen Woche statt. Die Veranstaltung wurde 2019 von Prof. Dr. Weßels, Prof. Dr. Saskia Bochert und Priv.-Doz. Dr. Inge Schröder initiiert. In diesem Jahr wurde sie hochschulübergreifend unter Leitung von Julia Sandmann (CAU ) und Dr. Christiane Metzger (ZLL der FH Kiel) organisiert, aber das war nicht die einzige Veränderung: Vieles, was vorher noch Zukunftsmusik war, wurde im vergangenen Semester schnell Realität. Über eine Veranstaltung, die sich vor einem Jahr noch niemand vorstellen konnte und die deswegen in eine andere Richtung blickte.
„Letztes Jahr waren wir voller Innovationsspirit. Den haben wir in diesem Semester dringend gebraucht, um Dinge schnell umzusetzen“, begann Weßels ihren Auftaktvortrag mit Kollegin Bochert. Die Veranstaltung „Hochschule der Zukunft“ wurde in diesem Jahr ins Internet verlagert. Auf Zoom trafen sich Professores verschiedener Hochschulen mit Bildungsexpert*innen und Studierenden, um über die Zukunft der Hochschullehre zu sprechen. So war es auch in den vergangenen Jahren. Doch wo vor einem Jahr noch mit Lego gebrainstormt wurde, wurde in diesem Jahr viel geredet. Das zurückliegende Semester bot genug Gesprächsstoff. So war die Veranstaltung ein Blick nach vorne – und einer zurück.
Zu Beginn stellten Bochert und Weßels die Ergebnisse des letzten Workshops vor, der in September 2019 stattfand. Online-Lehre war da noch eine Utopie. Mittlerweile ist es Routine, sich auf Zoom zu treffen. Die Diskussionen in kleinen Gruppen, die gemeinsam mit „Lego Serious Play“ Zukunftsmodelle entwickelten, fanden 2019 auf Augenhöhe statt. Die Beteiligten aller Bezugsgruppen der Hochschule saßen sich gegenüber. Das ist in diesem Jahr nicht möglich gewesen. Dennoch sei die Beleuchtung aller Perspektiven weiterhin sehr wichtig für den Erfolg der Veranstaltung. Vernetzung habe sich damals als zentral herausgestellt. Von Studierendenseite wurde ein Lernlabor zum freien Ausprobieren gewünscht. Dieser Experimentierraum benötigt an vielen Stellen auch digitale Technologien und geht einher mit dem Wunsch der Öffnung der Hochschule für Digitales sowie dem Schaffen eines Wohlgefühls im Netz. Die Freiheit des Lernens stehe der Freiheit des Lehrenden gegenüber, sodass selbstbestimmtes und selbstorganisiertes Lernen möglich wäre. Die Rolle der Dozent*innen müsse sich verändern, so die Feststellung des Workshops vor einem Jahr. Lehrende seien nicht mehr alleinige Besitzer eines Wissensmonopols, sondern vielmehr Coaches der Lehre im digitalen Umfeld. Dieses ermögliche eine fortschreitende Vernetzung sowie Gestaltung ins Interdisziplinäre. Aus Reflexionen eigener Angebote, die nun erstmals digital stattfanden, so die Dozentinnen, hätten sich daher ein paar Aspekte herauskristallisiert, die das Gelingen von Online-Lehre verstärken könnten. Als Basis sei wichtig, online zu motivieren, einen Zugang zu schaffen und der Gruppe die Möglichkeit zum sozialen Austausch zu bieten. Neben einem technischen Zugang zur Online-Lehre sei auch das Schaffen einer intrinsischen Motivation der Studierenden wichtig. Das sei die Basis des kollaborativen Arbeitens, auch in der Online-Lehre. Darüber haben Bochert, Weßels und ihr Kollege Prof. Dr. Jens Langholz auch einen ausführlicheren Blogbeitrag verfasst, der hier aufzurufen ist.
Im Anschluss folgte ein Impulsvortrag von Prof. Dr. Tobias Seidl vo der Hochschule der Medien Stuttgart, der darauf verwies, dass Hochschule die Berufsfelder und Berufe der Zukunft bedenken und entsprechende Future Skills mitgeben solle. Er appellierte an Dozierende, sich stetig weiterzubilden. Data Literacy beträfe nicht nur Studierende, sondern auch alle Lehrenden. Es ginge darum, hinterfragen zu können, woher Daten kämen, wer sie veröffentlicht, ob sie haltbar seien, und ob sich an das gültige Urheberrecht gehalten werde. Das müsse beim Planen zukünftiger Hochschulcurricula bedacht werden. Es ginge schließlich darum, Studierende zukunftsfähig zu machen, und auf gesellschaftliche Teilhabe vorzubereiten. Durch Corona habe sich im Sommersemester gezeigt, dass praktisch andere Dinge relevant sind: Es geht darum, was im Curriculum Platz hat, was nötig ist, und wie es verpackt wird.
Nach den Impulsvorträgen durften sich Teilnehmende aussuchen, in welche Zoom-Breakout-Session sie gehen wollten. Bearbeitet wurden ebenfalls Zukunftsthemen. Allerdings eher auf der Erfahrungsbasis, die das letzte Semester bot. So wählten Dozierende mehrerer Hochschulen, Bildungsexpert*innen und Studierende zwischen sechs Fragen. Neben der Frage, wie Lehre in einer überwiegend digitalen Umgebung stattfinden kann, ging es reflektiv auch um die Frage, wie die Kommunikation im vergangenen Semester ablief. Andere Teilnehmer*innen besprachen die Lage der angeforderten Data Literacy an Studierende. Die Erstellung, Verarbeitung und Veröffentlichung von Lehrinhalten war ein weiteres Diskussionsthema. In einer mehrheitlich aus Studentinnen bestehenden Gruppe überlegten Teilnehmer*innen, wie der kritische Umgang mit Digitalisierung in Lebens- und Arbeitswelt wahrgenommen und praktiziert wird. Zudem war der Umgang mit KI-gestützten Lehr- und Lernmethoden ein beleuchteter Aspekt.
Die Auswahl der Themenfelder war somit vielfältig und ließ Raum für individuelle Schwerpunkte. Nach einer Stunde produktiven Austauschs zum gewählten Thema kehrten alle Teilnehmer*innen in eine gemeinsame Session zurück. Dort stellte jede Gruppe ihre Resultate vor und bot eine Plattform für Nachfragen. Es zeigte sich, dass auch dann noch viele Anmerkungen einflossen. Die Fragen waren so praxisnah, dass es quasi unmöglich war, zu einer Frage keinen Standpunkt zu haben. Dazu waren die Berührungspunkte im vergangenen Sommersemester zu zahlreich und vielseitig gewesen.
Im Anschluss fand eine Barcamp-Session statt. Dort durften Teilnehmende eigene Themen anbringen, über die in kleinen Gruppen diskutiert werden konnte. Hier war Teilhabe an Online-Lehre ein wichtiger Aspekt. Das Schaffen von Teilhabe sei online noch schwerer zu erwirken als offline. Immer wieder wurde betont, dass der schnelle Umstieg im letzten Semester nicht für alle Studierenden möglich war.
Als Resümee der Veranstaltung fassen Weßels und Bochert vier Punkte als essenziell zusammen. Die Vielfalt digitaler Tools gehe einher mit Herausforderungen, die es zuvor nicht gab. Zu diesen zählen nicht zuletzt die Gefahr der Überforderung, die Notwendigkeit von Standardisierungen, aber auch der Anspruch des ständigen Dazulernens. Eine Orientierung im Wald der Möglichkeiten und Schwierigkeiten sei nötig. Ferner bedürfe die Online-Lehre anderer didaktischer Konzepte. Technische Inhalte müssten so verpackt werden, dass sie technisch vermittelbar wären, aber auch so, dass der Spaß nicht verloren ginge. Es sei aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung essenziell, die rechtlichen Rahmenbedingungen, in denen Lehrende ihr Lehrdeputat erbringen, anzupassen. Bei aller Digitalität sei es auch notwendig, sich eine eigene digitale Souveränität zu erhalten, die Abhängigkeiten von Tools vermeidet, um im Falle des Falles flexibel bleiben zu können.