Seit kurzem gilt Kiel als die nachhaltigste Großstadt Deutschlands. So entschied die Jury des Nachhaltigkeitspreises 2021, welcher unter anderem in Zusammenarbeit mit der Bundesregierung vergeben wurde. Kiel, Deutschlands einzige Landeshauptstadt am Meer, überzeugte mit dem Konzept für eine nachhaltige Stadtentwicklung, zu dem beispielsweise auch der Ausbau eines fahrradfreundlichen öffentlichen Nahverkehrs gehört.
Dass Kiel eine fahrradfreundliche Stadt ist, wurde in den zurückliegenden Jahren immer deutlicher. Mit 10.000 Fahrradständern, 29 Fahrradstraßen und der Veloroute10 bieten sich zahlreiche Möglichkeiten für Fahrradfahrende, die Stadt schnell und bequem zu durchqueren. Deutlich wird die fahrradfreundliche Entwicklung ebenfalls an dem Bikesharing-System „Sprottenflotte“, dessen Fahrräder sich seit 2019 an mehreren Orten der Stadt verteilt befinden, so auch am Fähranleger der Fachhochschule. Außerdem nimmt Kiel in diesem Jahr zum sechsten Mal an dem Wettbewerb „Stadtradeln“ teil und tritt hierbei gegen Kommunen aus ganz Deutschland an. Ziel ist es, 21 Tage lang so viele Wege im Alltag wie möglich auf dem Fahrrad zurückzulegen. Hierfür werden Teams gebildet, mit denen man gemeinsam für Kiel radelt. Auch die Fachhochschule Kiel stellt ein solches Team und heißt unterstützende Radler*innen willkommen. Denn obwohl die Aktion seit dem 7. September läuft, kann man den Teams noch immer beitreten und bis zum 27. September mitfahren. Im vergangenen Jahr haben die Kieler*innen eine Gesamtstrecke von 536.900 Kilometern auf dem Fahrrad zurückgelegt.
Neben der Teilnahme an „Stadtradeln“ setzt die Fachhochschule Kiel ein weiteres Zeichen in puncto Fahrradfreundlichkeit mit ihrem Konzept des „VeloCampus“. Bis zum Spätsommer 2022 soll auf dem Campus einiges verändert werden, wie unter anderem die Errichtung eines „shared space“ für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen und einer Fahrradservicestation für kleinere Reparaturen. Zudem besitzt die Fachhochschule seit Mitte September drei elektrische Dienstfahrräder, davon ein Lastenfahrrad, die von nun an für dienstliche Zwecke ausgeliehen werden können. Mehr Infos zum „VeloCampus“ gibt es hier.
Der „VeloCampus“ soll mehr Studierende animieren, mit dem Fahrrad zur Fachhochschule zu fahren, aber auch diejenigen unterstützen, die dies bereits tun. Gina Eberhardt ist eine von ihnen. Sofern das Wetter es zulässt, fährt sie mit dem Rad zur Fachhochschule. Gina, die im 7. Semester Öffentlichkeitsarbeit und Unternehmenskommunikation studiert, legt die sechs Kilometer, die zwischen ihrer Wohnung im Stadtteil Südfriedhof und der FH liegen, im Schnitt in 20 Minuten zurück. Für sie sei der Weg mit dem Fahrrad zum einen flexibler und „mindestens so schnell wie Busfahren.“
Auf dem Rad hat Gina sich schon immer wohlgefühlt. In ihrer Heimat in Hessen hat sie früher schon gerne längere Strecken auf dem Fahrrad zurückgelegt. Als es für sie vor drei Jahren zum Studieren nach Kiel ging, war deshalb klar, dass das Fahrrad in der neuen Heimat am Meer nicht fehlen darf. Generell empfindet Gina Kiel als fahrradfreundliche Stadt, jedoch sieht sie noch großes Verbesserungspotenzial bei den Fahrradwegen auf dem Ostufer, so auch bei ihrem Weg zur Fachhochschule. Trotz des ausbaufähigen Radwegs auf der Schönberger Straße, auf der sie zur FH fährt, sieht sie bereits eine Veränderung der Situation verglichen mit der Zeit zu ihrem Studienbeginn: „Ich finde, dass Kiel sich diesbezüglich extrem weiterentwickelt hat, und man merkt, dass Kiel Wert darauflegt, noch fahrradfreundlicher zu werden.“ Dies werde vor allem an neuen und größeren Radwegen und mehr Fahrradstellplätzen in der Stadt deutlich, so Gina. Die Pläne für den „VeloCampus“ findet die 21-Jährige gut und kann sich vorstellen, dass so in Zukunft noch mehr Studierende das Fahrrad als bevorzugtes Fortbewegungsmittel wählen, um an die FH zu kommen. Vor allem die geplante Servicestation empfindet sie als große Bereicherung für den Campus.
Ein Accessoire, das Gina beim Fahrradfahren inzwischen immer dabei hat, ist ihr Helm. Seit sie im vergangenen Jahr zwei Monate für ein Praktikum in Frankfurt gelebt hat, trägt sie diesen ausnahmslos bei jeder Fahrt und legt dies auch jeder und jedem ans Herz: „Das empfehle ich jedem. Das ist das Beste, was man präventiv machen kann.“
Neben dem Weg zur Fachhochschule gibt es viele andere Strecken, die die Studentin gerne auf dem Fahrrad zurücklegt. Diesen Sommer hat sie sich einen kleinen Traum erfüllt und ist die 330 Kilometer von Hamburg in ihre Heimat in drei Tagesetappen auf dem Rad gefahren. „Das war schon ein Highlight und eine Möglichkeit, mein neues Zuhause mit meinem alten zu verbinden“. Wenn Gina jedoch gerade einmal nicht durch halb Deutschland radelt und in Kiel ist, fährt sie gerne abends an den Falkensteiner Strand: „Dann kann man noch einmal durchatmen, spazieren gehen oder mit Freunden picknicken. Das ist auf jeden Fall ein schönes Ziel.“
Für die Zukunft wünscht Gina sich mehr Fahrradautobahnen, vor allem auf dem Ostufer. „Der Vorteil als Radfahrer*in ist ja auch, dass man die perfekte Mischung zwischen Fußgänger*in und Autofahrer*in ist“, findet die Studentin. So könne man sich den bestmöglichen Weg aussuchen und auf der Veloroute zudem ohne Ampeln bequem ans Ziel kommen.
Wer sich wie Gina auch in seiner Freizeit gerne aufs Fahrrad schwingt, dem wird es in Kiel nicht an geeigneten Fahrradtouren mangeln. Auf der Internetseite der Stadt Kiel gibt es eine Liste verschiedenster Routen in und um Kiel. Für Stadtinteressierte oder Neuzugezogene eignet sich eine der Neubürger*innen-Touren. Die 19 Kilometer lange Westtour beispielsweise führt vom Asmus-Bremer-Platz über den neuen botanischen Garten bis wieder zurück zum Kleinen Kiel und bietet so eine gute Möglichkeit, den Stadtkern kennenzulernen. Wer mit Kindern unterwegs ist, findet vielleicht die Kieler Ostufer-Spielplatztour interessant. Diese Tour ist je nach Route zwischen zehn und 14,5 Kilometern lang und führt an über 14 Spiel- und Sportstätten vorbei. Wem das noch nicht ausreicht, der kann sich auf den Ostseeküsten-Radweg begeben, von dem ein Teil durch Kiel führt. Die insgesamt 430 Kilometer dieser Fahrradtour führen komplett am Meer entlang und laden ein, die Ostküste Schleswig-Holsteins aus einer neuen Perspektive zu erleben. Bleibt nur noch zu sagen: Helm auf und gute Fahrt.