Das Kieler Planetarium, das mittlerweile als „Mediendom“ auf dem Campus der FH Kiel präsent ist, feiert dieses Jahr 50-jähriges Bestehen. Die Idee des Sternenprojektors ist doppelt so alt: Vor 100 Jahren begann Dr. Walther Bauersfeld mit der Konstruktion der grundlegenden Form der Planetariumsprojektoren. Wir haben recherchiert, was es mit Kiels ersten Sternenprojektor auf sich hat.
Was genau ist eigentlich ein Sternenprojektor? Diese Art von Projektor bildet das ganze Firmament an einer kuppelförmigen Decke ab. „Der erste Kieler Sternenprojektor, Typ ZKP 0, der Firma Carl Zeiss Jena ist im Grunde ein sehr komplizierter Dia-Projektor, der alles zeigt, was man mit bloßem Auge am Himmel sehen kann“, erklärt der Direktor des Mediendoms Eduard Thomas. Kern des Geräts ist die Sternenkugel, in der die Sternfeld-Projektoren eingearbeitet sind. Durch eine Lampe in der Mitte der Kugel wird der Sternenhimmel an die halbkugelförmige Kuppel des Planetariums projiziert. Die Planeten werden durch die Dias unterhalb des Korbs gezeigt, denn jeder Planet hat ein eigenes Dia und eine eigene Lampe. Für die Milchstraße gibt es einen extra Aufsatz. „Das Besondere an dem Gerät ist, dass 36 Diaprojektoren so zusammengebaut sind, dass sie die ganze Halbkugel füllen“, verdeutlicht Thomas. „Der erste Kieler Sternenprojektor ist ein Hochpräzisionsgerät.“
Der Kieler Sternenprojektor hat als Kriegsüberbleibsel eine lange Geschichte hinter sich. In den letzten Wochen vor Ende des Zweiten Weltkriegs versuchten die Deutschen vor den russischen Streitkräften zu retten, was sie für kostbar hielten. So kam es, dass der Sternenprojektor aus dem heutigen Gdynia (damals „Gotenhafen“), einer Hafenstadt in Polen in der Danziger Bucht, über die Ostsee nach Flensburg verschifft wurde. „Wo er genau herkommt und wann er genau gebaut wurde, ist leider nicht bekannt“, berichtet Thomas.
In Flensburg wurde der in seine Einzelteile zerlegte Sternenprojektor, Typ ZKP 0, gelagert und von den britischen Besatzungsmächten beschlagnahmt. Als die Kieler Ingenieurschule in der Nachkriegszeit aufgebaut wurde, gab es kaum Unterrichtsmaterial. Bis der Dozent für Feinwerktechnik Diplomingenieur Zacharias von der Landesingenieurschule Kiel sich dafür einsetzte, den Projektor nach Kiel zu holen. Die britischen Besatzungsmächte gaben Zacharias ihre Erlaubnis. Mit Hilfe der Studierenden richtete er das Gerät im Laufe der Jahre wieder her. Gleichzeitig wurde ein Fernrohr für eine Fernrohrkuppel im Dach der Ingenieurschule gebaut. Gegenüber von dieser wurde die Planetariumskuppel für den Sternenprojektor errichtet. Als Zacharias abberufen wurde, blieb die Planetariumskuppel erst einmal ungenutzt, obwohl Kuppel und Gerät vorhanden waren. Das Projekt drohte im Sande zu verlaufen. Durch ein Eingreifen der Stadt Kiel konnte dies verhindert werden. Die Stadt erteilte der Ingenieurschule 1966 einen Lehrauftrag mit dem Ziel, das Gerät für Vorführungen und den Unterricht herzurichten. Als Betreuer der Arbeiten wurde Oberstudienrat Werner Mewes von der Kieler Hebbelschule beauftragt. Unter seiner Leitung wurde das Planetarium wieder funktionstüchtig gemacht, sodass es am 6. Januar 1969 eröffnet werden konnte.
Seit der Eröffnung des Computermuseums am 4. Juni 2011 steht das historische Vorkriegsmodell dort als Beispiel für hoch wertvolle opto-mechanische Präzisionsarbeiten neben dem ersten digitalen Sternensimulator. „Der erste Kieler Sternenprojektor funktioniert bis heute“, schwärmt Thomas.
Aenne Boye