Wenn die Maya geahnt hätten, wie viel Verwirrung sie mit ihrem Kalendersystem stiften würden, hätten sie es vielleicht noch einmal überdacht. Nun ist es aber zu spät und irgendwo auf der Erde gibt es immer noch einige, die glauben, am 21. Dezember 2012 geht die Welt unter. Dr. Björn Voss, Leiter des Planetariums im LWL-Naturkundemuseum in Münster, hielt vor einigen Tagen einen Vortrag über das Thema an der Fachhochschule (FH) Kiel. Er erklärte, warum der Weltuntergang an diesem Donnerstag zwar ausfällt, spätestens aber in etwa sechs Milliarden Jahren kommen wird. Jana Tresp sprach mit ihm.
Jana Tresp (JT): Wie ist das Gerücht entstanden, dass die Welt am 21. Dezember 2012 untergeht?
Björn Voss (BV): Es ist wirklich nur ein Gerücht und beruht nicht auf Tatsachen. Das Volk der Maya hat weder den Weltuntergang noch ähnliches vorhergesagt. Sie benutzten lediglich ein Kalendersystem, das im Jahr 3114 vor Christus begann und ähnlich wie unser System funktioniert. Das heißt, auch bei den Maya springt beim Jahreswechsel beispielsweise die 1999 auf die 2000 um. Ein Kalender, der auf vier Ziffern festgelegt wurde, würde im Jahr 9999 enden. So ähnlich können wir uns die Situation bei den Maya vorstellen. Am 20. Dezember 2012 ist der letzte Tag ihres Kalenders, bevor das System wieder auf den Ausgangswert umspringt. Das hat einige Menschen dazu bewogen, wild herum zu spekulieren: Wenn am 21. Dezember 2012 der Maya-Kalender wieder ‚von vorne beginnt‘, fängt auch alles andere wieder von neuem an. Setzt man sich jedoch etwas intensiver mit dem Thema auseinander, wird ganz schnell deutlich, dass das nicht stimmt. Genau genommen fängt der Maya-Kalender nicht wieder von vorne an, sondern läuft einfach weiter. Die Maya hätten diesen Tag vielleicht groß gefeiert – so wie wir die Jahrtausendwende – aber einen Weltuntergang hätten sie sicher nicht vermutet.
JT: Sie haben sich offenbar intensiv mit dem Thema beschäftigt. Woher kommt Ihr Interesse am Weltuntergang?
BV: Ich bin Leiter eines Planetariums. Der Weltuntergang kommt in der Regel vom Himmel. Das heißt, viele Weltuntergangsszenarien stehen mit astronomischen Phänomenen in Zusammenhang. Daher nutze ich das Interesse der Menschen am Weltuntergang, um ihnen etwas über Astronomie zu erzählen – und über die Maya natürlich.
JT: Wann wird die Welt tatsächlich untergehen?
BV: Das kann ich nicht sagen. Es gibt zumindest kein konkretes Datum. Die Welt wird jedoch spätestens in etwa sechs Milliarden Jahren untergehen. Dann wird sich die Sonne gewaltig aufblähen – nicht plötzlich, sondern über viele Millionen Jahre hinweg. Irgendwann wird sie schließlich so groß sein, dass sie die Erde ‚verschluckt‘.
JT: Was bedeutet das?
BV: In den kommenden Jahrmilliarden wird die Sonne zunächst immer heißer – das hat jedoch nichts mit unserem jetzigen Klimawandel zu tun, sondern spielt sich in einem viel längeren Zeitraum ab. Dadurch wird es auf der Erde bereits in ca. zwei Milliarden Jahren über 100°C heiß sein. Dann wird es kein Wasser mehr geben und alle Meere werden verdampft sein. Die Erde wird also lange vor Ihrem eigentlichen Ende schon tot und unbewohnt sein. In sechs Milliarden Jahren dehnt sich die Sonne dann fast bis zur heutigen Erdbahn aus. Schon zu Beginn dieses Vorgangs wird die Erde ihre Atmosphäre verlieren, wodurch es hier ähnlich wie auf dem Mond aussehen wird. Die Erde wird aber vermutlich nicht ‚schmelzen‘, sondern als Ganzes ‚am Stück‘ in die Sonne stürzen: Sie wird auf ihren Runden um die Sonne abgebremst, kommt dadurch von ihrer Kreisbahn ab und gerät auf einen nach Innen laufenden spiralförmigen Kurs. Genaugenommen ‚verschluckt‘ die Sonne die Erde nicht ‚aktiv‘, sondern die Erde stürzt in die Sonne hinein. Sie wird in ihren letzten Minuten ins Innere der Sonne fallen, dabei von feurig heißem Sonnengas umgeben sein, und sich darin auflösen.
JT: Warum sprechen Sie in Ihrem Vortrag über die ‚Top 10 der erfolgsversprechendsten Varianten des Weltuntergangs‘?
BV: Das habe ich irgendwann einmal so genannt, weil ich es ganz lustig fand. Außerdem ist es mein Appell an die Menschen, die Dinge nicht immer so ernst zu nehmen. Tatsächlich gibt es sehr viele unterschiedliche Theorien, wie die Welt untergehen könnte. Nicht alle sind astronomisch begründet, aber die meisten. Deshalb dachte ich mir, ich stelle einmal einige zusammen. Aber es sind keine echten Top Ten – nach Größe oder Explosionsenergie geordnet – sondern höchstens nach Plausibilität. Ich habe auch ein Szenario eingebaut, das überhaupt nicht wahrscheinlich ist und zwar, dass Außerirdische die Erde zerstören. Das ist aber nur ein kleiner Spaß meinerseits.
JT: Gibt es unter diesen Top 10 ein Weltuntergangsszenario, das Sie als am wahrscheinlichsten einstufen?
BV: Eigentlich sogar zwei. Zum einen das bereits erwähnte mit der Sonne. Das wird auf jeden Fall kommen, aber eben erst in ganz ferner Zukunft. Vorher könnte höchstens ein Komet auf der Erde einschlagen. Dabei würde zwar nicht die gesamte Erde zerstört, wohl aber die Menschen. Diese Gefahr besteht tatsächlich, ist trotzdem sehr gering. Vor 60 Millionen Jahren ist so etwas schon einmal passiert. Damals sind die Dinosaurier ausgestorben. Man sagt, solche Kometeneinschläge finden alle 100 Millionen Jahre statt. Aufgrund dieser langen Zeiträume ist es ziemlich unwahrscheinlich, dass so etwas in naher Zukunft geschieht. Das bedeutet, in den nächsten paar hundert Jahren sind wir relativ sicher. Außerdem entwickelt sich die Technik immer weiter. Wenn wir früh genug vor einem herannahenden Kometen gewarnt werden, können wir vielleicht das Schlimmste verhindern.
JT: Stichwort Kometeneinschlag – wie realistisch ist der Film ‚Armageddon‘?
BV: Das realistischste an dem Film ist die Tatsache, dass ein Komet die Erde zerstören könnte. Ansonsten ist Armageddon viel Science Fiction und wenig Wissenschaft, weil darin alles falsch gemacht wird, was man falsch machen könnte.
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