Windkraftanlagen sind eine wichtige Säule der Energiewende. Allerdings werden von Gegnern der sauberen Energieproduzenten unter anderem störende Betriebsgeräusche moniert. Schiffbau-Student Dennis Erps erforscht im Rahmen seiner Bachelor-Arbeit „Experimentelle Untersuchung akustischer Immissionen einer Kleinwindenergieanlage (KWEA)“, wie es sich tatsächlich mit der Geräuschentwicklung von Windkraftanlagen verhält.
Im Windkanal der Yacht Research Unit (YRU) in der Maschinenhalle des Fachbereichs Maschinenwesen hat Erps eine handelsübliche Kleinwindenergieanlage montiert. Das Windrad mit einer Nabenhöhe von etwa eineinhalb Metern ist unter idealen Bedingungen in der Lage, 350 Watt Leistung zu generieren. „Dafür muss der Wind mit etwa 13 Metern pro Sekunde wehen, das ist schon starker Wind“, ordnet Erps das Gerät ein. „Viele nutzen diesen Typ auf Segelbooten, denn die Leistung ist ausreichend, um mit einem entsprechenden Regler die Bordbatterien laden zu können. Auf diesem Weg lassen sich dann kleinere elektronische Verbraucher, wie die Navigations- und Kartensysteme, autark betreiben. Aber auch an anderen Orten, wie auf Baustellen, die noch nicht an das Stromnetz angeschlossen sind, kommen solche Kleinwindenergieanlagen zum Einsatz, um Dauerverbraucher wie Überwachungs- oder Messtechnik mit Strom zu versorgen.“
Doch im Fokus von Erps liegt weniger die Leistung, sondern vielmehr die Geräuschentwicklung. Um diese zu messen, hat der Bachelor-Student hinter den Rotorblättern auf Höhe der Nabe und parallel zum Boden fünf Freifeldmikrofone installiert. „Ich interessiere mich nicht für die mechanischen Geräusche der Anlage, die vielleicht das Kugellager erzeugt, sondern für die Aeroakustik. Mit den Mikrofonen messe ich, welche Geräusche durch die Umströmung der Rotorblätter entstehen. Das ist vergleichbar mit einem Schallpegelmesser, den die Polizei bei Verkehrskontrollen einsetzt, um die Lautstärke von Motorrädern zu messen.“
Nach ein paar Klicks an einem Laptop läuft der Windkanal an und mit liebevoller Starthilfe nehmen die Rotorblätter aus Kohlefaser Fahrt auf. Die Mikrofone zeichnen das Geräusch auf, das auf einem Bildschirm grafisch visualisiert wird. „Bei dem Projekt geht es unter anderem darum, ein numerisches Simulationsverfahren zur Berechnung der Akustik von Windenergieanlagen zu validieren“, erklärt Helen Alina Pabst, die als Lehrbeauftragte für Fluidmechanik und Stipendiatin des Professorinnenprogramms Erps Bachelor-Arbeit betreut. Seine Arbeit ist dem Labor für Kraft- und Arbeitsmaschinen von Prof. Dr. Sven Olaf Neumann angegliedert.
Entsprechend experimentiert Erps nicht nur mit dem Parameter Windgeschwindigkeit, sondern auch der Position der Mikrofone, denn die Geräuschentwicklung ist nicht an jeder Stelle des Flügels gleich. Im Idealfall steht am Ende des Projekts eine Mess-Matrix, die nicht nur ein besseres Bild davon eröffnet, wie laut die Anlage ist, sondern auch, an welchen Stellen des Rotorblattes die meisten Geräusche entstehen. Mit den gewonnenen Erkenntnissen über die Geräuschentwicklung, will Pabst das Projekt auf die nächste Stufe heben. „Ich möchte die Ergebnisse aus der Arbeit mit der Kleinwindkraftanlage im Rahmen meiner Promotion verwenden. In meiner Arbeit will ich ein zu entwickelndes Verfahren zur Vorhersage der Akustik von großen Windkraftanlagen an einem Beispiel im kleinen Maßstab validieren“, freut sich die Doktorandin. Doch bis es so weit ist, werden die beiden noch viel Wind durch die Maschinenhalle wehen lassen.