Studenten des B.Eng. Elektrotechnik der FH Kiel schickten einen Wetterballon in die Stratosphäre – und bangten zunächst um die gewonnen Daten.
Der Wind fegte über die Landschaft, als die drei FH-Studenten am 6. September 2022 ihren Wetterballon zum Start auf einem Feld bei Husum an der rauen Nordsee klarmachen wollten. Zwei stemmten sich mit dem Rücken in den wild flatternden Ballon aus Naturkautschuk, während der dritte ihn mit 5.000 Litern reinem Helium bis auf den zu erreichenden Durchmesser von zwei Metern befüllte. „Nichts durfte schiefgehen. Wir hatten nur einen Ballon und nur dieses eine Zeitfenster“, so Maxim Held. Bei einem Abbruch hätten er und seine beiden Teamkollegen Max Senkbeil und Simon Busse sämtliche Genehmigungen neu beantragen müssen.
Mit viel Körpereinsatz gelang schließlich der Start, wie auf dem Video-Zusammenschnitt der der Aktion zu sehen ist. Das Gespann aus Ballon, Landefallschirm und Sonde gewann beeindruckend schnell an Höhe. Zwei Bordkameras machten luftige Aufnahmen der noch sommerlich-heufarbenen Felder. Wenig später bot sich ein spektakuläres Bild – ein leuchtendes Wolkenmeer eingefasst vom bläulichen Bogen der gekrümmten Atmosphäre, darüber das tiefe Schwarz des Weltalls. Was für eine Belohnung für die einjährige Vorbereitung. „Als er endlich flog, sind aus uns eine Menge Emotionen herausgebrochen“, erinnert sich Held.
Doch beinahe wäre die Gruppe gar nicht an das Bildmaterial gekommen. Zunächst verlief alles nach Plan: Der Jetstream trieb den Ballon ostwärts Richtung Kiel, und die maximale Flughöhe von etwa 36 bis 38 Kilometer wurde grob über Eckernförde erreicht. „In der Höhe dehnt sich der Ballon von zwei Meter auf zwölf Meter im Durchmesser aus“, erläutert Held die Auswirkung des verringerten Luftdrucks. Durch die große Dehnung platzte der Ballon, und die Sonde schwebte am Fallschirm zurück auf die Erde. Nach dreieinhalb Stunden Flugzeit landete das Gespann wie geplant in der Ostsee.
Das Problem: Die Landung erfolgte etwa 20 Kilometer weiter östlich als geplant – auf Höhe Schönberg. Der Wind hatte nicht nachgelassen, und Teammitglied Busse versuchte, mit einem Segelboot und zwei Helfern durch die aufgepeitschte Ostsee mittels GPS-Signals zur Sonde zu gelangen. „Nach acht Stunden Wellengang und zunehmend auftretender Übelkeit musste die Bergung aus Sicherheitsgründen abgebrochen werden“, so Held. Die Sonde trieb auf offener See Richtung Nordwesten. Glücklicherweise kalkulierte die Gruppe genau das als Plan B ein, der Standort konnte per Live GPS getrackt werden. Dennoch blieb unklar, inwiefern die Kameras, Luftdrucksensoren, Thermometer und Speicherkarten an Bord die lange Zeit im Wasser überstehen.
Über die GPS-Daten konnte das Trio den Ort prognostizieren, an dem die Sonde wieder auf Land trifft, wie Held erleichtert verrät: „Am nächsten Tag fuhr ich los und traf zeitgleich mit der Sonde am Strand bei Gelting ein.“ Die Speicherkarten waren durch die 24 Stunden im Salzwasser tatsächlich korrodiert und zunächst nicht auslesbar. Arne Neumann, technischer Angestellter am Institut für Physik und Allgemeine Elektrotechnik der FH Kiel, konnte die SD-Karten jedoch durch Abschleifen und Neukontaktierung der Platine retten. „Richtig gut“, kommentiert Held. „Für mich und mein Team war das Projekt etwas Einzigartiges und Fantastisches“, so sein begeistertes Fazit.
Das Vorhaben war eine Projektarbeit im Rahmen des Bachelorstudienganges Elektrotechnik, betreut und initiiert durch Prof. Dr. Andreas Luczak. „Ziel des Unterfangens war es, Projektmanagement zu erlernen. Es kann bei sowas eine Menge schiefgehen, worauf immer reagiert werden muss. Das hat die Gruppe getan, und das ergibt einen tollen Lerneffekt“, sagt Luczak.