Eine futuristische Fähre am Anleger Reventlou in Kiel© Muthe­si­us Kunst­hoch­schu­le
So stel­len sich die De­si­gner*innen der Muthe­si­us Kunst­hoch­schu­le die au­to­no­me Fähre vor, die unter an­de­rem an der Re­vent­lou-Brü­cke ab­le­gen soll.

CAPTN Fu­ture Zu­kunfts­clus­ter reicht Voll­an­trag ein

von Clau­dia Eu­litz CAU

Im Fe­bru­ar die­ses Jah­res gab das Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Bil­dung und For­schung (BMBF) die Fi­na­lis­ten im Wett­be­werb um die In­no­va­ti­ons­netz­wer­ke der Zu­kunft be­kannt. Von 137 Be­wer­bun­gen wähl­te die Jury 16 Pro­jek­te aus, die in die letz­te Aus­wahl­run­de vor­rück­ten. Unter ihnen das „CAPTN Fu­ture“ Zu­kunfts­clus­ter unter Lei­tung der Chris­ti­an-Al­brechts-Uni­ver­si­tät zu Kiel (CAU) und in Ko­ope­ra­ti­on mit den wis­sen­schaft­li­chen Part­ne­rin­nen Fach­hoch­schu­le Kiel (FH Kiel) und Muthe­si­us Kunst­hoch­schu­le Kiel sowie zahl­rei­chen Part­nern aus der In­dus­trie sowie in Zu­sam­men­ar­beit mit der Lan­des­haupt­stadt Kiel. Am 30. Ok­to­ber reich­ten die Pro­jekt­part­ner ihren Voll­an­trag ein. Ziel des Zu­kunfts­clus­ters ist die lang­fris­ti­ge Eta­blie­rung einer in­te­grier­ten Mo­bi­li­täts­ket­te au­to­no­mer und sau­be­rer Ver­kehrs­mit­tel zu Was­ser und zu Land.

Wis­sen­schafts­mi­nis­te­rin Karin Prien sagte an­läss­lich der An­trags­ein­rei­chung: „Ich freue mich be­son­ders, dass wir mit der Chris­ti­an-Al­brechts-Uni­ver­si­tät, mit der Fach­hoch­schu­le Kiel und mit der Muthe­si­us Kunst­hoch­schu­le Kiel gleich drei Hoch­schu­len mit an Bord haben, die die­sen gro­ßen In­no­va­ti­ons­sprung im Be­reich Smart Mo­bi­li­ty voll­brin­gen wol­len. Wir brau­chen die Phan­ta­sie, den Ge­stal­tungs­wil­len und das Know-how aus der Wis­sen­schaft, wenn wir ge­sell­schaft­li­che Her­aus­for­de­run­gen be­wäl­ti­gen wol­len. Un­se­re Auf­ga­be ist es, diese in­no­va­ti­ve Power aus der Wis­sen­schaft mit hand­lungs­star­ken Un­ter­neh­men zu­sam­men­zu­brin­gen – wie es uns bei „CAPTN Fu­ture“ ge­lun­gen ist.“

Die Be­kannt­ga­be der vor­aus­sicht­lich sie­ben er­folg­reichs­ten An­trä­ge wird im Früh­jahr 2021 er­war­tet. Damit wären die Wei­chen für die Ent­wick­lung eines re­gio­na­len In­no­va­ti­ons­öko­sys­tems in der Lan­des­haupt­stadt ge­stellt, sagt Ober­bür­ger­meis­ter Dr. Ulf Kämp­fer: „Kiel ist der idea­le Stand­ort für die­ses ein­zig­ar­ti­ge Ver­suchs­la­bor mit un­se­rer Förde di­rekt in der In­nen­stadt und dem Nah­ver­kehr an Land und zu Was­ser. „CAPTN Fu­ture“ ist ein wich­ti­ger Bau­stein, um Kiel mit der um­lie­gen­den Re­gi­on in der Spit­zen­grup­pe der Smart Ci­ties welt­weit zu eta­blie­ren. Die Um­set­zung der Vor­ha­ben kann die Stadt zu einem der welt­weit füh­ren­den Stand­or­te für in­te­grier­te Mo­bi­li­täts­lö­sun­gen für Re­gio­nen am Was­ser ent­wi­ckeln.“

Wird „CAPTN Fu­ture“ zur För­de­rung in der ers­ten Um­set­zungs­pha­se aus­ge­wählt, fol­gen zu­nächst drei Jahre För­de­rung mit bis zu 15 Mil­lio­nen Euro. Wei­te­re zwei Pha­sen mit je drei Jah­ren För­der­zeit­raum könn­ten fol­gen. Be­reits mit der Zu­las­sung zum Voll­an­trag und wei­te­ren För­de­rer­fol­gen habe die bis­he­ri­ge In­itia­ti­ve Clean Au­to­no­mous Pu­blic Trans­port Net­work (CAPTN) ein gro­ß­ar­ti­ges Po­ten­zi­al be­wie­sen, so CAU-Prä­si­den­tin Pro­fes­so­rin Dr. Si­mo­ne Fulda: „Seit gut drei Jah­ren wer­den hier tech­ni­sche, wirt­schaft­li­che, ethi­sche, sowie ge­sell­schafts­po­li­ti­sche Fra­gen be­wusst mit be­stehen­den Ver­kehrs­sys­te­men zu­sam­men­ge­dacht. Dem Ziel, nach­hal­ti­ge ur­ba­ne Ver­kehrs­sys­te­me zu ent­wi­ckeln, die schad­stoff­freie Mo­bi­li­tät mög­lich ma­chen, sind wir damit ge­mein­sam nä­her­ge­kom­men. Trans­dis­zi­pli­nä­re Pro­jek­te wie „CAPTN Fu­ture“ sind genau der rich­ti­ge Weg, um ganz­heit­li­che Lö­sun­gen für ge­sell­schaft­li­che Her­aus­for­de­run­gen wie dem Kli­ma­wan­del zu ent­wi­ckeln.“

Um die­ses am­bi­tio­nier­te Ziel zu er­rei­chen, wol­len die Wis­sen­schaft­le­rin­nen, Wis­sen­schaft­ler und Wirt­schafts­ver­tre­tun­gen ge­mein­sam mit der Lan­des­haupt­stadt Kiel bis 2030 aus For­schungs­er­geb­nis­sen in­no­va­ti­ve Pro­duk­te und Dienst­leis­tun­gen ent­wi­ckeln. „Die­ses Pro­jekt spie­gelt die ge­sam­te ‚Wert­schöp­fungs­ket­te’ und die Stär­ke des Kie­ler Wis­sen­schafts­stand­orts wider. Von der Grund­la­gen­for­schung über die Trans­fer­leis­tung bis kurz vor der Markt­rei­fe ist alles ab­ge­bil­det. Es zeigt, wie viel wir er­rei­chen kön­nen, wenn wir zu­sam­men­ar­bei­ten”, be­tont Pro­fes­sor Dr. Björn Chris­ten­sen, der Prä­si­dent der FH Kiel.

At­trak­ti­ve und in­no­va­ti­ve Mo­bi­li­tät er­for­dert auch ein Um­den­ken bei De­sign und Nut­zer­freund­lich­keit. Des­halb ist die Muthe­si­us Kunst­hoch­schu­le von An­fang an mit an Bord. „Kunst­hoch­schu­len sind an­ders: Unser Den­ken ist ein an­de­res und unser Wis­sen ist ein an­de­res. Wir sind davon über­zeugt, dass von kon­kre­ter Ge­stal­tung eine Si­gnal­wir­kung in die Ge­sell­schaft aus­geht. Und so ist auch die At­trak­ti­vi­tät der Mo­bi­li­täts­wen­de eine ge­stal­te­ri­sche Frage!“, sagt Dr. Arne Zerbst, Prä­si­dent der Muthe­si­us Kunst­hoch­schu­le.

 

Ins­ge­samt 13 Part­ner aus der Wirt­schaft ste­hen hin­ter dem An­trag für das CAPTN Fu­ture Zu­kunfts­clus­ter. „Das Zu­kunfts­clus­ter er­mög­licht uns di­rekt vor Ort ge­mein­sam In­no­va­tio­nen für den Welt­markt in­ter­dis­zi­pli­när zu tes­ten und zu ent­wi­ckeln. Wir er­wei­tern und si­chern mit un­se­rer Be­tei­li­gung die Grund­la­ge un­se­rer ge­schäft­li­chen Ak­ti­vi­tä­ten, nach­hal­tig und um­welt­scho­nend”, so Björn Schwar­ze vom be­tei­lig­ten Smart City Dienst­leis­ter ADDIX. Zahl­rei­che wei­te­re Ein­rich­tun­gen – auch über die Gren­zen Schles­wig-Hol­steins hin­aus – sind as­so­zi­ier­te Part­ner.

Kon­kret wol­len die Ko­ope­ra­ti­ons­part­ner in den ers­ten drei Jah­ren die tech­ni­schen Grund­la­gen auf Basis der be­stehen­den For­schung unter an­de­rem in der Künst­li­chen In­tel­li­genz, der Was­ser­stoff-Tech­no­lo­gie und Leis­tungs­elek­tro­nik für die au­to­no­men, sau­be­ren und gleich­zei­tig si­che­ren Fäh­ren sowie deren Ein­bet­tung in in­tel­li­gen­te und in­te­grier­te Mo­bi­li­täts­ket­ten schaf­fen. Hier­für wird ein Ka­ta­ma­ran als Ver­suchs­trä­ger ge­baut, auf dem das Ge­samt­sys­tem auf Funk­tio­na­li­tät und Ro­bust­heit unter Re­al­be­din­gun­gen ge­tes­tet wird.

Die für die Im­ple­men­tie­rung der tech­no­lo­gi­schen Lö­sun­gen not­wen­di­gen or­ga­ni­sa­to­ri­schen und recht­li­chen Fra­ge­stel­lun­gen wer­den ge­klärt und ge­eig­ne­te In­stru­men­te für die ge­mein­sa­me For­schung und Ent­wick­lung mit der Be­völ­ke­rung und der Wirt­schaft wer­den ent­wi­ckelt, be­schreibt der Spre­cher des ge­plan­ten Clus­ters, Pro­fes­sor Dr. Cars­ten Schultz: „In „CAPTN Fu­ture“ wer­den zum Bei­spiel der Be­trieb einer emis­si­ons-frei­en Fähre mit Was­ser­stoff-Tech­no­lo­gie unter Real-Be­din­gun­gen, au­to­ma­ti­sier­te An­le­ge­ma­nö­ver, die Vor­her­sa­ge von Schiffs­be­we­gun­gen, die Er­ken­nung von Ge­fah­ren­la­gen sowie die aus Sicht der Nut­zer und der Um­welt op­ti­mier­te Ab­stim­mung der un­ter­schied­li­chen Ver­kehrs­trä­ger tech­nisch rea­li­siert.“ Be­reits in den ers­ten drei Jah­ren wer­den wir in Kiel in den Pro­jek­ten ent­wi­ckel­te au­to­no­me Lö­sun­gen auf einem Ver­suchs­trä­ger auf der Kie­ler Förde tes­ten und auf Basis der eta­blier­ten Da­ten­platt­form einen sicht­ba­ren Bei­trag zu einer ver­bes­ser­ten Ver­kehrs­steue­rung leis­ten, so Schultz: „Kiel und seine Förde wer­den zum Schau­fens­ter der zen­tra­len Rolle von Hoch­schu­len für In­no­va­tio­nen.“

Von „CAP­Tin Kiel“ zu „CAPTN Fu­ture“

Das fach­über­grei­fen­de In­no­va­ti­ons­pro­jekt „CAP­Tin Kiel“ steht für die Ent­wick­lung einer in­te­grier­ten Mo­bi­li­täts­ket­te durch Kom­bi­na­ti­on um­welt­scho­nen­der au­to­no­mer Bus- und Fähr­ver­keh­re mit einer Pi­lo­t­an­wen­dung in Kiel. Im Rah­men des ge­mein­schaft­li­chen Vor­ha­bens soll eine zu­kunfts­wei­sen­de Struk­tur des öf­fent­li­chen Per­so­nen­nah­ver­kehrs (ÖPNV) eta­bliert wer­den. Die Basis sind emis­si­ons­frei be­trie­be­ne und au­to­nom fah­ren­de Per­so­nen­fäh­ren mit di­rek­ter An­bin­dung an den Bus­ver­kehr.

Ins­ge­samt 16 Ar­beits­grup­pen der CAU aus den Be­rei­chen Elek­tro­tech­nik, In­for­ma­tik, Recht, In­no­va­ti­ons­for­schung, Ak­zep­tanz­for­schung und Phi­lo­so­phie, vier Ar­beits­grup­pen der Fach­hoch­schu­le Kiel aus den Be­rei­chen Schiff­bau, Me­di­en/Bau­we­sen, Elek­tro­tech­nik und In­for­ma­tik sowie In­dus­trie­de­si­gner der Muthe­si­us Kunst­hoch­schu­le ar­bei­ten zu­sam­men mit Fir­men der ma­ri­ti­men und der di­gi­ta­len Wirt­schaft aus Schles­wig-Hol­stein an der tech­no­lo­gi­schen Um­set­zung des The­mas. Die ganz­heit­li­che Her­an­ge­hens­wei­se der Pro­jekt­part­ner be­rück­sich­tigt so­wohl den tech­no­lo­gi­schen Fort­schritt als auch De­sign und Nut­zer­freund­lich­keit. Die Lan­des­haupt­stadt Kiel und ihre Ge­sell­schaf­ten sind wich­ti­ge Part­ner der CAPTN In­itia­ti­ve und stel­len die be­nö­tig­te In­fra­struk­tur zur Ver­fü­gung. Für die Stadt Kiel be­deu­tet der Pro­jekt­an­satz, eine in­no­va­ti­ve städ­ti­sche Ver­kehrs­in­fra­struk­tur zu eta­blie­ren und einen Bei­trag zur über­re­gio­na­len Strahl­kraft Kiels als Lan­des­haupt­stadt Schles­wig-Hol­steins zu leis­ten.

Erst im De­zem­ber 2019 hatte es „CAP­Tin Kiel“ in dem „In­no­va­ti­ons­wett­be­werb Mo­dell­re­gi­on 5G“ des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Ver­kehr und di­gi­ta­le In­fra­struk­tur (BMVI) in die fi­na­le Aus­wahl­run­de ge­schafft. Damit ge­hört Kiel zu den aus­ge­wähl­ten Kom­mu­nen, die eine Kon­zept­för­de­rung in Höhe von bis zu 100.000 Euro er­hal­ten. Das Land Schles­wig-Hol­stein för­dert „CAP­Tin Kiel“ als in­no­va­ti­ons­ori­en­tier­tes Netz­werk aus dem För­der­pro­gramm „An­wen­dungs­ori­en­tier­te For­schung, In­no­va­tio­nen und Tech­no­lo­gie­trans­fer – FIT“ seit 16. Ja­nu­ar 2020.

Eine För­der­zu­sa­ge im Rah­men der „Clus­ter­s4­Fu­ture“-In­itia­ti­ve des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Bil­dung und For­schung (BMBF) würde den ein­ge­reich­ten Voll­an­trag für das Zu­kunfts­clus­ter „CAPTN Fu­ture“ zu einem von ma­xi­mal sie­ben deut­schen „In­no­va­ti­ons­netz­wer­ken der Zu­kunft“ ma­chen. Die In­itia­ti­ve wurde durch die Bun­des­re­gie­rung auf den Weg ge­bracht, um durch re­gio­na­le In­no­va­ti­ons­netz­wer­ke, ge­nannt Zu­kunfts­clus­ter, Deutsch­lands Po­si­ti­on in der Spit­zen­grup­pe der welt­wei­ten In­no­va­ti­ons­stand­or­te zu stär­ken.

Die Zu­kunfts­clus­ter sol­len die Kom­pe­ten­zen und das Wis­sen in einer Re­gi­on mit Krea­ti­vi­tät und neuen For­men der Zu­sam­men­ar­beit noch bes­ser bün­deln, zum Bei­spiel durch mehr In­no­va­ti­ons­frei­räu­me und Be­tei­li­gungs­for­ma­te, mu­ti­ge Ge­schäfts­mo­del­le oder krea­tiv­wirt­schaft­li­che Pio­nier­lö­sun­gen. Für jede der drei ma­xi­mal mög­li­chen, auf­ein­an­der auf­bau­en­den drei­jäh­ri­gen Um­set­zungs­pha­sen ste­hen pro ge­för­der­tem Clus­ter und Jahr För­der­mit­tel in Höhe von bis zu 5 Mil­lio­nen Euro zur Ver­fü­gung. Die Ent­schei­dung über die aus­ge­wähl­ten Zu­kunfts­clus­ter wird An­fang 2021 er­war­tet.

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