Das Bunker-Kino ist ein kleiner, liebevoll ausgestatteter Raum, in dem 39 rote, plüschige Kinosessel stehen. Von den nackten grauen Betonwänden ist nichts mehr zu sehen. Stattdessen hüllen der schwarze Teppich, mit Tüchern verkleidete Decken und Wände den kleinen Saal in eine dumpfe Ruhe.
Dass das Kino für sie mehr als ein Ort zum Filme ansehen ist, merkt man Prof. Dr. Tobias Hochscherf, Jan Pieper und Michael Lempart an. Sie sind Film-Nerds und feiern das Kino als gesamtheitliches Kunstwerk. „Hier erlebt man Filme viel intensiver, unmittelbarer“, meint Pieper. „Man sitzt in diesem dunkeln Raum, wird nicht abgelenkt und kann sich auch nicht ablenken. Es bleibt einem nichts übrig, als sich den Film ohne Unterbrechungen anzusehen.“ Das sei ein ganz anderes Erleben, als das Streamen auf irgendeinem Endgerät. Für Hochscherf kommt noch eine weitere Komponente hinzu: „Filmbildung findet in der Schule so gut wie nicht statt“, bemängelt er. „Dabei gehört es genauso zu Bildung wie Literatur.“ Hochscherf ist Professor für Audiovisuelle Medien an der FH und muss in seinen Seminaren oft feststellen, dass wichtige Filme, die den Ursprung vieler handwerklicher Methoden in der Medienlandschaft bilden, unbekannt sind. Da jedoch in Seminaren wenig Zeit bleibt, Spielfilme zu zeigen, erdachten die drei Filmfreunde den Bunkerfilmtag im Rahmen der Interdisziplinären Wochen (IDW). Diesen Herbst feiert das Angebot einen runden Geburtstag – am 28.10. findet es zum 20. Mal statt. Das Motto in diesem Jahr „Selbstjustiz im Film“.
Jedes Jahr gibt es ein neues übergeordnetes Thema. Angefangen haben sie 2013 rund um „Apocalypse Now“ von Francis Ford Coppola. Auch zur RAF, zur IRA oder zur NS-Zeit gab es schon Filmtage – teilweise sogar mit Zeitzeugen.
Doch nicht nur schwere Kost wird serviert. Im vergangenen Jahr gab es eine Reihe zu Box-Filmen. Dabei versuchen die drei Ausrichter immer eine möglichst große Bandbreite eines Genres beziehungsweise ihres Mottos zu liefern. „Der Film ist auch immer als Produkt seiner Zeit zu sehen und einzuordnen“, sagt Lempart. Genau das rege zu Diskussionen an und liefere den Hintergrund für die Einordnung von Inhalten in Bezug zu heutigen gesellschaftlichen Normen und Veränderungen.
Insgesamt stehen drei Filme auf dem Programm. Hochscherf, Pieper und Lempart versuchen, Diversität im Blick zu behalten. Das erweitere nicht nur den Horizont, es erlaube den Studierenden auch, sich in unterschiedliche Rollen zu versetzten. „Es hat einen großen Wert, sich in die Situation eines Menschen nachzuerleben und sich in diesen hineinzudenken“, meint der Film-Professor. Auch das ist ein Grund, warum der Bunkerfilmtag so gut in die IDW passt, erläutert Pieper: „Film ist barrierefrei. Jeder – egal aus welchem Fachbereich oder Semester – bildet sich eine Meinung zu dem Gesehenen.“
Auch relevant sei, Filme in einen deren Bezug zu setzen, erklärt Hochscherf. So zeigt die Crew des Bunkerfilmtags in diesem Jahr etwa „Spiel mir das Lied vom Tod“ nicht, weil es ein Western-Klassiker ist, sondern weil es darin um Selbstjustiz geht. Die weiteren Filme sind „Promising Young Woman“ und „Get Carter“. Die sich an jeden Film anschließenden Diskussionsrunden empfinden alle Teilnehmenden als sehr fruchtbar. Vielleicht auch ein Grund, warum der Bunkerfilmtag immer sofort ausgebucht ist und sich eine lange Warteliste bildet. Einige Studierende setze alles daran, sich für diesen einen Kurs anzumelden – dazu gehört das ständige neue Laden der Anmeldeseite. Wenige schaffen es so, tatsächlich zum Wiederholungstäter zu werden.
Tipp: Nicht nur zum Bunkerfilmtag gibt es ausgesuchte Film, oftmals abseits der klassischen Blockbuster, im Bunker-D zu sehen. Das Mittwochskino beginnt um 19 Uhr. Das Programm gibt es auf der Website.