Grafik© J. Ditt­loff

Bun­ker-D zeigt Aus­stel­lung von Jo­han­nes Ja­nusz Ditt­loff

von Joa­chim Kläschen

Der 1951 in Sos­no­wiec (Polen) ge­bo­re­ne Künst­ler Jo­han­nes Ja­nusz Ditt­loff lebt und ar­bei­tet unter an­de­rem in Kiel als Fo­to­graf und Gra­fi­ker. Im Rah­men der Aus­stel­lung „Quer­schnitt 70, Re­tro­spek­ti­ve 1985-2021“ sind ab dem 2. Sep­tem­ber 2021 in den drei Ga­le­rie­räu­men des Bun­ker-D gra­fi­sche und fo­to­gra­fi­sche Werk-Zy­klen des Künst­lers zu sehen. Ditt­loffs Werke hal­ten stets das Über­ra­schen­de und Un­ge­wohn­te fest und len­ken den Blick auf das, was Be­trach­te­rin­nen und Be­trach­ter im All­tag schnell über­se­hen. In einem In­ter­view spricht mit Kris­ti­ina Thiel vom Cam­pus­Kunst-Team spricht der Künst­ler über seine The­men und was ihn dazu be­wegt hat, ge­ra­de jetzt eine re­tro­spek­ti­ve Aus­stel­lung zu kon­zi­pie­ren.

Herr Ditt­loff, in Ihrer Aus­stel­lung „Quer­schnitt 70, Re­tro­spek­ti­ve 1985-2021“ bli­cken Sie auf 35 Jahre künst­le­ri­schen Schaf­fens zu­rück und zei­gen eine Aus­wahl an gra­fi­schen und fo­to­gra­fi­schen Zy­klen. Was hat Sie dazu ver­an­lasst, ge­ra­de jetzt diese Re­tro­spek­ti­ve zu kon­zi­pie­ren?

Aus­lö­ser für diese Ent­schei­dung war vor gut zwei Jah­ren mein da­mals noch be­vor­ste­hen­der 70. Ge­burts­tag und ein Ge­spräch, in dem mich FH-Kanz­ler Klaus-Mi­cha­el Hein­ze zu die­ser Aus­stel­lung in den Bun­ker-D ein­ge­la­den hat. Wir sind be­freun­det, ken­nen und schät­zen uns nun schon seit über 20 Jah­ren. Wegen der Pan­de­mie konn­ten wir den ge­plan­ten Ter­min nicht hal­ten. Die ver­stri­che­nen an­dert­halb Jahre waren für uns alle eine ganz be­son­de­re Zeit –mal mit Iso­la­ti­on, mal mit Suche nach dem Sinn, mal dem Über­win­den von Ängs­ten und Zwei­feln. Aber es war eine Zeit mit dem star­ken Wil­len, end­lich zur Nor­ma­li­tät zu­rück­zu­kom­men. Diese be­son­de­ren Um­stän­de haben in mir die Re­ak­ti­on aus­ge­löst, eine per­sön­li­che Bi­lanz mei­ner bis­he­ri­gen Tä­tig­keit zu zie­hen. So ent­stan­den die bei­den neuen Bild­bän­de „Re­tro­spek­ti­ve 70“ und „Fo­to­IN­TER­PRE­TA­TIO­NEN“, die dem vor­an­ge­gan­ge­nen Bild­band „Me­tro­po­lis Ber­lin“ in For­mat, De­sign und Lay­out kon­se­quent fol­gen. Als Aus­gleich für die zahl­lo­sen Stun­den vor dem Com­pu­ter habe ich Rück­zugs­or­te ge­sucht und ge­fun­den, die ich jetzt in der Aus­stel­lung the­ma­ti­sie­re.

Wel­che Rück­zugs­or­te waren das?

Für mich war es der Wald, eine Ent­de­ckung der Stil­le. Auf diese Weise ent­stan­den ist der Zy­klus „Natur/Kul­tur II“ der Licht und Schat­ten be­inhal­tet; mit den Makro-Bil­dern der Struk­tu­ren von Na­deln und Bäu­men, mit einer im­pres­sio­nis­tisch/abs­trak­te Syn­the­se, die Äs­the­tik und gleich­zei­tig im über­tra­ge­nem Sinne Tra­gik vom Ster­ben der Wäl­der ver­bin­det. Die­ser Zy­klus ist ein Pen­dant zu dem frü­he­ren Zy­klus „Park­haus“ mit Spu­ren von Autos, Men­schen und Tie­ren auf nas­sem Asphalt und der wei­ßen und gel­ben Info-Mar­kie­rung – als eine den Men­schen ab­wei­sen­de und Re­ak­tio­nen for­dern­de Um­ge­bung. Wei­te­re Ex­po­na­te wer­den sich mit The­men der Um­welt­zer­stö­rung und Kli­ma­wan­del, dem Mensch und sei­ner Exis­tenz, ur­ba­nem Raum, pol­ni­schen Im­pres­sio­nen, Ex­pe­ri­men­ten, Mi­kro­kos­men, einem etwas an­de­ren Blick auf Kiel, Deutsch­land-Bil­dern und KAP­PA_'12 aus­ein­an­der­set­zen. Meine Mo­ti­va­ti­on für diese Aus­stel­lung ist der Wunsch, meine per­sön­li­che Bi­lanz der ste­ten Neu­gier auf die Ge­gen­wart und der hier­aus ent­stan­de­nen Werke mit dem Pu­bli­kum zu tei­len.

Sie haben in Ihrer künst­le­ri­schen Lauf­bahn kaum eine Dis­zi­plin aus­ge­las­sen. Wel­che Ar­bei­ten er­war­ten Kunst­in­ter­es­sier­te in der Ga­le­rie Bun­ker-D?

Es sind haupt­säch­lich Fo­to­gra­fi­en und Gra­fi­ken, die ich in um­fas­sen­den Zy­klen vom 1988 bis heute ge­schaf­fen habe. Wegen der be­grenz­ten Aus­stel­lungs­flä­che im Bun­ker-D habe ich ein spar­sa­mes Kon­zept ent­wi­ckelt, das wich­ti­ge Werke aus den Zy­klen zeigt, so dass sie ent­we­der als kom­ple­xe zu­sam­men­ge­stell­te Kol­la­gen oder als Ob­jek­te – Gra­fi­ken oder Fo­to­gra­fen – aus­ge­stellt wer­den.

Ihre Werke ent­ste­hen oft über meh­re­re Jahre und wer­den nach und nach zu the­ma­tisch zu­sam­men­ge­fass­ten Zy­klen. Wie kom­men Sie zu Ihren The­men? Was be­wegt Sie be­son­ders und wie ent­steht so ein Zy­klus?

Zy­klen ent­ste­hen immer aus der Aus­wahl von Ar­bei­ten, die ich mehr oder we­ni­ger als wich­ti­ge Etap­pen auf mei­nem Weg emp­fin­de. Dabei er­ge­ben sich die un­ter­schied­li­chen The­men und Aus­füh­run­gen mei­ner Ar­beit aus dem Ver­ständ­nis mei­nes künst­le­ri­schen Ar­beits­pro­zes­ses. Ich sehe meine Zy­klen, meis­tens ent­stan­den über Zeit­räu­me von zwei bis fünf Jah­ren, als Re­sul­ta­te des­sen, was mich pri­vat be­trifft. Sie sind – in der Form und Struk­tur, die mir ad­äquat er­scheint – meine Re­ak­ti­on auf die Welt. Ich er­fin­de mich stän­dig aufs Neue. Auf die­ser Weise ent­stan­den Werke mit un­ter­schied­li­cher Tem­pe­ra­tur und Äs­the­tik. Aber immer meine ei­ge­ne, wie meine ei­ge­ne Haut. Dabei muss ich damit leben, dass meine Ar­bei­ten nicht jeder aus der Ent­fer­nung von 100 Me­tern gleich „als Ditt­loff“ er­kennt. Mir ist ein neu­gie­ri­ger Blick lie­ber, als kom­mer­zi­el­le Er­kenn­bar­keit. Die stellt für mich sel­ten einen ech­ten Stil dar, kann aber sehr oft Neu­gier und Ex­pe­ri­ment in der Kunst blo­ckie­ren.

Wel­chen Rat geben Sie Be­su­che­rin­nen und Be­su­chern vor dem Be­tre­ten der Ga­le­rie?

Ich möch­te nie­man­dem be­züg­lich der Kunst etwas raten. Aber ich möch­te den Be­su­che­rin­nen und Be­su­chern wün­schen, dass sie als Be­trach­ter mit In­ter­es­se und mit of­fe­nen Augen den Aus­stel­lungs­raum be­tre­ten, um die Werke auf sich wir­ken zu las­sen. Un­ab­hän­gig von den Ab­sich­ten der Künst­ler, wir­ken die aus­ge­stell­te Ob­jek­te immer nur als Si­gna­le, die die Be­trach­ter sub­jek­tiv in­ter­pre­tie­ren und ver­wer­ten. Es exis­tiert also nur eine sub­jek­ti­ve Bot­schaft und sub­jek­ti­ve Emp­fin­dung. Diese ba­sie­ren auf un­se­rem Be­wusst­sein, der ei­ge­nen Neu­gier und dem in­di­vi­du­el­len brei­ten Ho­ri­zont, den nur die of­fe­nen Augen wahr­neh­men kön­nen. 

Die Re­tro­spek­ti­ve ist be­reits Ihre zwei­te Aus­stel­lung im Bun­ker-D. Dar­über hin­aus sind elf Ihrer Werke dau­er­haft auf dem Cam­pus aus­ge­stellt. Was reizt Sie daran, Ihre Werke ge­ra­de an der Fach­hoch­schu­le Kiel zu prä­sen­tie­ren?

Was mich an die­sem Ort reizt? Alles! Nie­mand er­war­tet, hier eine Kunst­samm­lung zu fin­den – mit so vie­len au­ßer­ge­wöhn­li­chen Wer­ken und in die­ser Qua­li­tät. Das ist das eine. Das an­de­re reiz­vol­le ist die Per­son des Kanz­lers der FH Kiel, Klaus-Mi­cha­el Hein­ze, seit vie­len Jah­ren In­itia­tor, Or­ga­ni­sa­tor, Be­treu­er, Kon­takt­per­son zu und für viele Künst­ler im Lande und au­ßer­halb mit wun­der­ba­rem Ge­spür für in­ter­es­san­te Kunst und Men­schen da­hin­ter. Die­ser Mensch und gutes Klima durch die Füh­rung der FH haben in vie­len Jah­ren das Un­mög­li­che mög­lich ge­macht. Zudem sind da noch die Räume des Bun­ker-D, his­to­risch so be­las­tet, aber gleich­zei­tig da­mals und heute Schutz bie­tend. Heute sind sie aber für Kunst und Kul­tur ein Be­geg­nungs­raum für un­ter­schied­li­che kul­tu­rel­le Aus­tausch­mög­lich­kei­ten. Schlie­ß­lich soll­te man nicht ver­ges­sen, dass alle Stu­die­ren­den und die Men­schen, die hier ar­bei­ten und leh­ren, täg­lich die Mög­lich­keit haben, die Kunst be­wusst oder un­ter­be­wusst zu „kon­su­mie­ren“. Sie kön­nen sich mit vie­len Arten künst­le­ri­scher Äs­the­tik tref­fen und dabei ei­ge­ne Er­fah­run­gen ma­chen. Das sind gute Be­din­gun­gen, um eine gute und in­ter­es­san­te Stu­di­en­zeit zu ge­nie­ßen. Daher fühle ich mich hier gut auf­ge­ho­ben und danke der FH Kiel für diese in­ter­es­san­te Mög­lich­keit, meine künst­le­ri­schen Ar­bei­ten in die­ser Um­ge­bung prä­sen­tie­ren zu dür­fen.

Die Er­öff­nung von „Quer­schnitt 70, Re­tro­spek­ti­ve 1985-2021“ fin­det am Don­ners­tag, 2. Sep­tem­ber 2021, um 18 Uhr statt im Bun­ker-D, Schwen­tin­e­stra­ße 11, 24149 Kiel. Klaus-Mi­cha­el Hein­ze, Kanz­ler der Fach­hoch­schu­le Kiel, wir die Gäste be­grü­ßen und in die Aus­stel­lung ein­füh­ren. Am Kla­vier be­glei­tet Fa­bi­an Addo. Die Aus­stel­lung ist bis 29. Sep­tem­ber 2021 immer mitt­wochs von 10 bis 20 Uhr ge­öff­net. Wei­te­re In­for­ma­tio­nen zum Pro­gramm auf der In­ter­net­sei­te des Bun­ker-D. In­for­ma­tio­nen zu Jo­han­nes Ja­nusz Ditt­loff und sei­nen Ar­bei­ten fin­den In­ter­es­sier­te auf sei­ner In­ter­net­sei­te.

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