Im Rahmen des Forschungsprojekts „Ensuring Continuity in Education for Refugees“, kurz „Continugee“, entwickeln unter Beteiligung der Fachhochschule (FH) Kiel vier europäische Hochschulen und eine Nichtregierungsorganisation Lehrpläne und Fortbildungsprogramme für Schulen und Bildungseinrichtungen. Damit wollen sie schulpflichtigen Flüchtlingen den Einstieg in das europäische Bildungssystem erleichtern. Das auf drei Jahre ausgelegte Projekt wird mit rund 380.000 Euro aus dem Erasmus-Programm gefördert.
Deutschland ist das Hauptzielland für geflüchtete und migrierte Kinder, die nach Europa kommen. 2019 wurden hierzulande 8.647 aller Asyl-Erstanträge für Kinder in Europa registriert, eine erhebliche Anzahl von ihnen sind in einem schulpflichtigen Alter. Schulpflichtige Flüchtlinge bewegen sich häufig zwischen den europäischen Staaten, bevor sie sich mit ihren Familien oder unbegleitet endgültig niederlassen. Dies kann sechs bis zwölf Monate dauern, in manchen Fällen auch mehrere Jahre.
„Die Situation der betroffenen Kinder und Jugendlichen ist dramatisch“, erklärt Sozialwissenschaftler Prof. Dr. Vassilis Tsianos von der Fachhochschule Kiel. Schließlich verlören die Mädchen und Jungen nicht nur ihre Heimat und Familienangehörige, sondern auch jegliche Chance auf eine zukunftsfähige Schulbildung. „Die Europäische Union muss sicherstellen, dass Flüchtlinge eine sinnvolle und lohnende pädagogische Begegnung mit der europäischen Lebensweise erfahren“, erklärt Tsianos. „Eine gute Bildung, die geflüchtete Kinder und Jugendliche in das Leben in Europa einführt, würde deren Lebenschancen und die ihrer Familien grundlegend verbessern.“
Gemeinsam wollen die Nationale und Kapodistrianische Universität von Athen, die Wissenschaftliche Gesellschaft für sozialen Zusammenhalt und Entwicklung, EPEKSA, (Griechenland), die Universität von Urbino (Italien) und die Fachhochschule Kiel in den kommenden drei Jahren schulpflichtigen Flüchtlingen den Einstieg in das europäische Bildungssystem erleichtern. Zunächst will sich die Forschungsgemeinschaft einen Überblick über vorhandene Programme verschaffen. Hierbei muss die aktuelle Situation von Flüchtlingskindern- und jugendlichen vor Ort berücksichtigt werden, also von den Aufnahmelagern und Flüchtlingscamps bis hin zum Ort einer längerfristigen Ansiedlung. Am Ende sollen effektive Lehrpläne und Fortbildungsmaßnahmen für Pädagog*innen stehen, um Schüler*innen aktiv einzubeziehen, die noch nie eine Schule besucht haben oder dies lange Zeit nicht konnten.