Gruppe von Frauen steckt Köpfe zusammen© A. Körbs
Das Damenteam des FT Adler.

Auspowern beim Rugby sorgt für gute Laune

von Aenne Boye

Das tiefe Schwarz ihres Mannschaftspullovers steht Anne Paulsen und Annika Winklmair gut. Links über der Brust ist FT Adler Kiel Rugby zu lesen. Die beiden sind vernarrt in diese Sportart, die bis vor einem Jahr noch nicht einmal ein Damenteam in Kiel hatte. Doch die Mädels haben es mittlerweile geschafft, eine eingespielte Rugby-Mannschaft zu werden.

Die Studentinnen der Sozialen Arbeit wollen mit Vorurteilen aufräumen. „Oft wird uns gesagt: Ihr seht gar nicht aus, als würdet ihr Rugby spielen“, berichtet Annika Winklmair. „Viele denken, Rugby-Spielerinnen sind dick und kräftig“, unterstützt sie ihre Kommilitonin Anne Paulsen. Von klein bis groß, alt bis jung spielen verschiedene Typen in ihrem Team. Die Kleinen und Wendigen werden ebenso wie die Großen und Starken benötigt. „Wir haben eine 17-jährige Schülerin und eine 39-jährige Mutter in unserem Team. Bei uns passt jeder rein“, bekräftigt Annika. Dass Vorurteil, dass Rugby ein sehr schmerzhafter Sport ist, verneinen die beiden ebenfalls. Anne und Annika spielen in der Regionalliga Nord-Ost-Division 7er Rugby. Das bedeutet, dass – anders als bei der 15er Variante der Herren–, nur sieben Spielerinnen auf dem Feld stehen. Das Spiel ist dadurch schneller und weniger körperbetont. „Kleine Verletzungen wie Bänderdehnungen kommen schon einmal vor. Auch blaue Flecken sind normal. Das ist aber nicht anders als bei jeder anderen Kontaktsportart“, erklärt Anne. Dazu kommt, dass Rugby draußen auf weichem Gras gespielt wird. Außerdem dürfe nur die Spielerin mit Ball getackelt werden. Ein Tackle (dt. Tiefhalten) bezeichnet den Angriff auf den Ballträger, bei dem dieser durch Umklammern oder Halten unterhalb der Schulter behindert oder zu Fall gebracht wird. „Vorsichtig zu tackeln würde eh viel mehr weh tun, als einfach drauf los zu machen“, beteuert Annika.

Annika kam durch Anne zum Rugby. Beide sind 21 Jahre alt und studieren im zweiten Semester Soziale Arbeit. Sie verbindet eine enge Freundschaft. Annika zog im Sommersemester zum Studium nach Kiel und wollte sich hier eine neue Sportart suchen. Eigentlich ist sie kein Mensch, der Sport macht, aber mit Rugby ist das anders. „Im ersten Training haben wir mit sogenannten „Tackle Bags“ Tacklen geübt. Das war mir erst etwas peinlich. Damals trainierten wir noch mit den Herren zusammen, weil wir nicht genug für ein eigenes Damen-Training waren. Jedoch waren alle super offen, so dass es total viel Spaß gemacht hat und ich nie wieder gehen wollte“, schwärmt Annika. Anne wurde damals in der Mensa an der Fachhochschule angequatscht. Sie suchte eh einen neuen Sport als Alternative zu Fußball. Ein Kommilitone hat auch Rugby gespielt. Damals war bei dem Training nur ein anderes Mädchen dabei, aber alle hätten mitgezogen, erinnert sich Anne. Sie wurde zwar ins kalte Wasser geschmissen, aber das sei gut gewesen. So konnte sie gleich richtig mitmachen.

In der Regionalliga Nord gibt es insgesamt acht Frauenteams. Drei aus Berlin, eines aus Rostock, Hamburg, Lübeck und Potsdam. Im Spielbetrieb treten die Mannschaften in Turnieren gegeneinander an, die circa einmal im Monat stattfinden. Ein Spiel dauert zweimal sieben Minuten – in durchlaufender Zeit. „Wir haben vier bis fünf Spiele am Tag. Das reicht auch. Danach bin ich völlig geschlaucht und liege den ganzen nächsten Tag im Bett“, erzählt Anne. Ergänzend zu dem regulären Spielbetrieb finden Spaßturniere statt, bei denen die Männer und Frauen vom FT Adler zusammen anreisen. In Kiel ist besonders der „Schietwetter-Cup“ populär, der immer zur Kieler Woche stattfindet. Dort kommen sogar Teams aus anderen Ländern. Letztes Jahr trat beispielsweise ein Team aus Südafrika an. Die enge Zusammenarbeit der Frauen- und Männer-Teams des FT Adler zeigt sich auch beim Training. Trotz mittlerweile getrennter Trainingszeiten sind die Männer bei den Frauen willkommen und andersherum. „Da es die Herren schon länger gibt, sind sie eingespielter. Von ihnen können wir viel lernen“, sagt Anne erfreut.

Der Weg zur eigenen Damenmannschaft war voll harter Arbeit. Zunächst existierte eine Spielgemeinschaft mit Hamburg und Rostock. Diese wollten dann aber ihre eigenen Mannschaften aufstellen, so dass die Kieler mitziehen mussten. Mit viel Werbung an der Fachhochschule und der Universität, in der Stadt sowie über Mund-zu-Mund-Propaganda gelang es den Damen, ihr eigenes Team zu rekrutieren. „Eine Spielerin kam sogar über Jodel zu uns“, lacht Anne. Seit einem halben Jahr nun sind sie eine feste Mannschaft von 25 jungen Frauen, von denen momentan 18 aktiv dabei sind. Manchmal sind sie zwar noch etwas frustriert, weil sie als Anfänger momentan den letzten Platz belegen. Das wäre aber bald vorbei, berichtet Annika: „Die Spiele gehen immer knapper aus und wir werdem immer besser. Auch die anderen Mannschaften haben schon zu uns gesagt, dass es immer schwieriger sei, gegen uns zu gewinnen.“ Alle aus dem Team sind sehr motiviert. Viele gehen neben den zwei Trainingsterminen noch ins Fitnessstudio, um mehr Kraft aufzubauen. Die zwei Studentinnen wollen ebenfalls noch besser werden. Beim Training können sie ihre Energie rauslassen und alles abbauen, was sich über den Tag angestaut hat. Beide sind sich einig: Sie verlassen das Training immer mit guter Laune.

Rugby folgt vielen komplizierten Regeln. Das Grundprinzip vom Rugby ist, den Ball auf der anderen Seite des Spielfelds abzulegen. Anne versucht, das System von Rugby in wenigen Worten wiederzugeben: „Die angreifende Mannschaft stellt sich zu Beginn in einem V auf. Das Besondere beim Rugby ist, dass der Ball nur nach hinten gepasst werden aber man mit dem Ball in der Hand nach vorne laufen darf. Die gegnerische Mannschaft versucht, die Person mit Ball zu tackeln, um den Ball zu erobern. Wenn der Ball hinter der Linie abgelegt wurde, gibt es drei Punkte. Auf der abgelegten Höhe darf der Ball daraufhin durch das Tor geschossen werden. So kann auf fünf Punkte erhöht werden. Aus diesem Grund muss der Ball immer möglichst mittig abgelegt werden. Beim Rugby besteht das Tor aus zwei senkrechten Malstangen, mit einem Abstand von fünf bis sechs Meter und einer Querstange in drei Meter Höhe.“

Besonders gut gefällt Annika und Anne der enge Zusammenhalt im Team und die Mentalität vom Rugby. Alles ist sehr harmonisch, und es ist immer jemand aus dem Team zur Stelle. Auch die Herren gucken bei allen ihren Turnieren zu. Sie unterstützen die Mädels mit Tipps und feuern sie an. „Beim Rugby wird man überall auf der Welt akzeptiert und gleich mit offenen Armen empfangen“, schwärmt Anne. Zum Beispiel gab es im Januar einen „Rugby-Kocht-Abend“, bei der ein so genanntes „Running Dinner“ unter den Rugbyspielern des FT Adler stattfand. Bei einem Running Dinner wird ein Essen mit mehreren Gängen in verschiedenen Wohnungen eingenommen. „Im Pub Mc Lang’s treffen wir uns gelegentlich, um Rugby zu gucken, einmal im Jahr gibt es eine Weihnachtsfeier in Abendgarderobe, im Sommer waren wir auf einem Rugby-Festival in Mailand, und dieses Jahr geht es nach Polen zu einem Rugby-Festival“, zählt Annika die verschiedenen Aktivitäten auf.

Die Mädels freuen sich auf weiteren Zuwachs für ihr Rugbyteam. Jeder ist willkommen. Wer Interesse hat, kann sich gerne bei Anne (anne.paulsen@student.fh-kiel.de) melden oder gleich am Dienstag um 19:00 Uhr beim Training auf dem Professor-Peters-Platz vorbeischauen. Weitere Informationen gibt es auf den Social-Media-Accounts des Damenteams: https://de-de.facebook.com/KielRugby und https://www.instagram.com/rugbydamenkiel/.

Aenne Boye

© Fachhochschule Kiel