Marie Ohm, Christine Boudin© FH Kiel

Auf­wind In­ter­na­tio­nal

von Frie­de­ri­ke Hil­ler

Mit fi­nan­zi­el­ler Un­ter­stüt­zung auf In­ter­na­tio­na­li­sie­rungs­kurs: Als ein­zi­ge nord­deut­sche Hoch­schu­le für An­ge­wand­te Wis­sen­schaf­ten er­hält die FH Kiel eine För­de­rung aus dem Pro­gramm „HAW.​Int​erna​tion​al“, um ihre in­ter­na­tio­na­le Aus­rich­tung wei­ter vor­an­zu­trei­ben.

In­ter­na­tio­na­le Be­zie­hun­gen, kul­tu­rel­ler und fremd­sprach­li­cher Aus­tausch, For­schungs­ko­ope­ra­tio­nen, stu­den­ti­sche und be­ruf­li­che Er­fah­run­gen im Aus­land: In­ter­na­tio­na­li­sie­rung wird ver­mehrt in Hoch­schu­len ge­lebt. Daher brin­gen ver­schie­de­ne Ein­rich­tun­gen an der FH Kiel, zu denen auch das In­ter­na­tio­nal Of­fice ge­hört, die In­ter­na­tio­na­li­sie­rung voran. Auch in den schwie­ri­gen Zei­ten der Co­ro­na-Pan­de­mie. Der Grad der In­ter­na­tio­na­li­sie­rung ist laut Deut­schem Aka­de­mi­schem Aus­lands­dienst (DAAD) an Fach­hoch­schu­len ge­rin­ger als an Uni­ver­si­tä­ten. Das soll sich än­dern, und daher un­ter­stützt das DAAD-Pro­gramm „HAW.​Int​erna​tion​al“ die Fach­hoch­schu­le Kiel seit No­vem­ber 2019 fi­nan­zi­ell bei der In­ter­na­tio­na­li­sie­rung.

Die in­ter­na­tio­na­le Aus­rich­tung der Fach­hoch­schu­le Kiel wird durch das Pro­gramm „HAW. In­ter­na­tio­nal“ mit rund 500.000 Euro über zwei Jahre ge­för­dert. Mit dem För­der­pro­gramm rich­tet sich der Deut­sche Aka­de­mi­sche Aus­lands­dienst (DAAD) an Hoch­schu­len für An­ge­wand­te Wis­sen­schaf­ten/Fach­hoch­schu­len. „Die Fo­kus­sie­rung auf FH liegt auch daran, dass an die­sen Hoch­schu­len, an­ders als an den Uni­ver­si­tä­ten, in der Ver­gan­gen­heit we­ni­ger Per­so­nal für den Be­reich In­ter­na­tio­na­les ein­ge­stellt wor­den ist“, er­klärt Chris­ti­ne Bou­din, Lei­te­rin des In­ter­na­tio­nal Of­fice. Als die Aus­schrei­bung des DAAD sehr kurz­fris­tig er­folg­te, kam der Fach­hoch­schu­le zu­gu­te, dass die Ideen be­reits vor­han­den waren. „Es gab im Jahr 2019 trotz­dem 105 An­trä­ge, und 28 wur­den ge­för­dert. Er­freu­li­cher­wei­se wurde unser An­trag ,FH Kiel: Auf­wind in­ter­na­tio­nal‘ von Hoch­schul­ex­pert*innen aus­ge­wählt“, be­rich­tet Chris­ti­ne Bou­din. „Ein Ziel des Pro­jek­tes ist die Ent­wick­lung und Ver­an­ke­rung einer hoch­schul­wei­ten In­ter­na­tio­na­li­sie­rungs­stra­te­gie“, er­klärt die ad­mi­nis­tra­ti­ve Pro­jekt­lei­te­rin Marie Kris­tin Ohm.

An einem Stra­te­gie­kon­zept wurde be­reits seit 2012 ge­ar­bei­tet. Ein Audit der Hoch­schul­rek­to­ren­kon­fe­renz brach­te da­mals erste Er­kennt­nis­se, in wel­chen Be­rei­chen die FH be­reits gut auf­ge­stellt ist und wo noch nach­ge­bes­sert wer­den soll­te. „Man braucht na­tür­lich auch immer Per­so­nen in der Hoch­schu­le, die das dann vor­an­trei­ben“, so Bou­din. Der ehe­ma­li­ge Vi­ze­prä­si­dent für In­ter­na­tio­na­les, Prof. Dr.-Ing. Klaus Le­bert, habe damit be­gon­nen. Der neue Vi­ze­prä­si­dent, Prof. Dr. To­bi­as Hoch­scherf, sei im Sep­tem­ber 2020 auch gleich auf den Zug auf­ge­sprun­gen und habe die Stra­te­gie­ent­wick­lung fort­ge­setzt. Zwei­ein­halb neue Stel­len konn­ten im Rah­men des HAW.​Int​erna​tion​al-Pro­jekts ge­schaf­fen wer­den. Eine die­ser Stel­len hat Marie Kris­tin Ohm inne. „Jetzt geht es erst los mit der Ver­an­ke­rung und Um­set­zung der In­ter­na­tio­na­li­sie­rungs­stra­te­gie“, freut sich Marie Kris­tin Ohm. Ins­ge­samt um­fasst das Pro­jekt acht Maß­nah­men­pa­ke­te. Neben der Stra­te­gie ste­hen der Aus­bau der Ko­ope­ra­tio­nen mit Part­ner­hoch­schu­len, die Eta­blie­rung von Se­mes­ter- und Kurz­zeit­pro­gram­men wie Sum­mer- oder Win­ter-Schools auf Eng­lisch auf der Agen­da. „Die wol­len wir gerne aus­pro­bie­ren als An­ge­bot für un­se­re Stu­die­ren­den und für die Stu­die­ren­den der Part­ner­hoch­schu­len“, be­rich­tet Chris­ti­ne Bou­din. Wei­te­re The­men­be­rei­che um­fas­sen Ko­ope­ra­tio­nen in an­ge­wand­ter For­schung, Öf­fent­lich­keits­ar­beit und Mar­ke­ting, Di­gi­ta­li­sie­rungs­maß­nah­men sowie Sti­pen­di­en. „Die Se­mes­ter­pro­gram­me kon­zen­trie­ren sich auf ein fach­li­ches Thema und haben einen Um­fang von 30 Leis­tungs­punk­ten“, er­klärt Marie Kris­tin Ohm. Die Idee sei es, dass die Aus­tausch­stu­die­ren­den zu­sam­men mit den Stu­die­ren­den der FH ge­mein­sa­men auf Eng­lisch das Pro­gramm ab­sol­vie­ren.

„Bei den Part­ner­hoch­schu­len haben wir an­ge­fan­gen, die Ko­ope­ra­tio­nen der ver­gan­ge­nen Jahre ge­mein­sam mit den Fach­be­rei­chen zu eva­lu­ie­ren“, be­rich­tet Marie Kris­tin Ohm von der mo­men­ta­nen Ar­beit. Das Ver­hal­ten der Stu­die­ren­den in den ver­gan­ge­nen Jah­ren zeige, wel­che Hoch­schu­len als Part­ner gut ge­eig­net seien. „Wo das In­ter­es­se nicht so hoch war oder die Er­fah­rung nicht so gut, wird dem­entspre­chend der Ver­trag nur zeit­lich be­grenzt oder eben nicht ver­län­gert“, so Ohm.

Zeit­lich passe das sehr gut, da eine Eras­mus-Pe­ri­ode ge­ra­de star­te, so Chris­ti­ne Bou­din. Sie­ben Jahre um­fasst eine Pro­gramm­ge­ne­ra­ti­on. Das neue Eras­mus-Pro­gramm 2021-2027 werde di­gi­ta­ler, di­ver­ser, nach­hal­ti­ger und mehr auf In­klu­si­on aus­ge­rich­tet. „Wir haben be­reits im Früh­jahr 2020 den An­trag ge­stellt, um über­haupt die Ein­tritts­kar­te, die so­ge­nann­te Eras­mus Char­ter for Hig­her Edu­ca­ti­on (ECHE), zu er­hal­ten und zu­künf­tig Eras­mus-An­trä­ge stel­len zu kön­nen“, er­klärt Bou­din. Jetzt wer­den die Ver­trä­ge mit den Part­ner­hoch­schu­len in Eu­ro­pa neu auf­ge­setzt. Das ist die Basis, um zu schau­en, was in den nächs­ten sie­ben Jah­ren mit den Part­ner­hoch­schu­len ge­plant wird. „Das Thema vir­tu­el­le Mo­bi­li­tät ist ganz wich­tig ge­wor­den und jetzt auf­grund von Co­ro­na noch­mal mehr.“ Es solle eine Ver­knüp­fung von phy­si­scher und vir­tu­el­ler Mo­bi­li­tät geben. Auch Nach­hal­tig­keit soll im Vor­der­grund ste­hen.

459 Bil­dungs­aus­län­der*innen stu­die­ren an der Fach­hoch­schu­le Kiel, dazu kom­men 200 Bil­dungs­in­län­der*innen. Im Durch­schnitt ab­sol­vie­ren jähr­lich 180 Stu­die­ren­de der FH Kiel einen Aus­lands­auf­ent­halt. „Un­se­re Mo­bi­li­täts­zah­len sind ei­gent­lich für eine Fach­hoch­schu­le in pe­ri­phe­rer Lage ziem­lich gut. Wir sehen aber schon, dass die Stu­die­ren­den ei­ni­ger Fach­be­rei­che we­ni­ger mobil sind. Auch müs­sen neue Stu­di­en­gän­ge wie Bau­in­ge­nieur­we­sen erst An­ge­bo­te schaf­fen. Das wol­len wir un­ter­stüt­zen. Auf der an­de­ren Seite wol­len wir na­tür­lich auch Stu­die­ren­den, die nicht mobil sind, eine in­ter­na­tio­na­le Lern­er­fah­rung in Kiel bie­ten“, weist Bou­din auf die un­ter­schied­li­chen Hand­lungs­fel­der der In­ter­na­tio­na­li­sie­rung hin. Dies sei ins­be­son­de­re für die Fach­hoch­schu­len wich­tig, da die Stu­die­ren­den ein an­de­res Pro­fil als die­je­ni­gen an einer Uni­ver­si­tät haben. Dafür sol­len An­ge­bo­te zur in­ter­na­tio­na­li­sa­ti­on@home aus­ge­baut wer­den. Eine wich­ti­ge Ein­rich­tung ist dabei das Zen­trum für Spra­chen und In­ter­kul­tu­rel­le Kom­pe­tenz, in dem die Stu­die­ren­den sich sprach­lich und in­ter­kul­tu­rell wei­ter­bil­den kön­nen. Das stehe allen Stu­die­ren­den der FH offen – egal ob sie sich auf einen Aus­lands­auf­ent­halt vor­be­rei­ten oder sich vor Ort durch Mut­ter­sprach­ler*innen wei­ter­bil­den wol­len. „Auch die in­ter­dis­zi­pli­nä­ren Wo­chen mit dem tol­len in­ter­dis­zi­pli­nä­ren aber auch in­ter­na­tio­na­len An­ge­bot wie In­ten­siv­sprach­kur­sen, Se­mi­na­ren und Work­shops mit Gast­pro­fes­sor*innen und in­ter­kul­tu­rel­len Trai­nings tra­gen er­heb­lich zur in­ter­na­tio­na­li­sa­ti­on@home bei“, er­gänzt Chris­ti­ne Bou­din.

Doch ob Aus­lands­auf­ent­hal­te oder In­ter­na­tio­na­li­sie­rung am hei­mi­schen Stu­di­en­ort, wich­tig sei bei­des. „Ich denke, in einer glo­ba­len Welt kann man in einem Stu­di­um nicht ohne in­ter­na­tio­na­le Kom­po­nen­ten aus­kom­men, und die echte Mo­bi­li­tät über einen län­ge­ren Zeit­raum von ein bis zwei Se­mes­tern ist un­er­setz­bar“, so Bou­din. „Co­ro­na­be­dingt hat aber ein Pa­ra­dig­men­wech­sel statt­ge­fun­den, und die vir­tu­el­le Mo­bi­li­tät wird zu­künf­tig ihre Be­rech­ti­gung haben.“ Chris­ti­ne Bou­din kann aus ei­ge­ner Er­fah­rung be­rich­ten. „Mich mo­ti­viert an der Ar­beit im In­ter­na­tio­nal Of­fice auch der ei­ge­ne Le­bens­lauf. Es gibt ja das Sprich­wort: ,Wie viele Spra­chen du sprichst, sooft mal bist du Mensch‘“. Die Ar­beit im in­ter­na­tio­na­len Be­reich an der Hoch­schu­le sei immer im Gleich­schritt mit dem in­ter­na­tio­na­len Welt­ge­sche­hen zu sehen. Bei­spiels­wei­se Stu­di­en­be­wer­ber*innen und Stu­die­ren­de mit Flucht­hin­ter­grund. „Die zweit­grö­ß­te Grup­pe am Stu­di­en­kol­leg der FH Kiel sind sy­ri­sche Kol­le­gi­at*innen.“ Es seien mo­men­tan 105 Stu­di­en­be­wer­ber*innen aus 23 Län­dern im Stu­di­en­kol­leg, die sich auf ihren Hoch­schul­zu­gang vor­be­rei­ten, um auf Deutsch zu stu­die­ren.

Die Auf­ga­ben­viel­falt spie­gelt sich auch in den ak­tu­el­len Ak­ti­vi­tä­ten wider. „Da wir meh­re­re Mit­ar­bei­ter*innen im Pro­jekt sind, lau­fen viele The­men par­al­lel“, be­rich­tet Marie Kris­tin Ohm. Vor allem in der Öf­fent­lich­keits­ar­beit gebe es reich­lich zu tun. „Es steht für das kom­men­de Jahr ein Image-Film auf Eng­lisch an, der die in­ter­na­tio­na­len Stu­die­ren­den von Part­ner­hoch­schu­len an­spre­chen soll.“ Zudem werde her­aus­ge­ar­bei­tet, was mit Part­ner­hoch­schu­len jetzt on­line an­ge­bo­ten wer­den kann, was frü­her in Prä­senz schwie­ri­ger zu rea­li­sie­ren war. „Viel­leicht der Auf­bau von ge­mein­sa­men Lehr­ver­an­stal­tun­gen“, er­klärt Bou­din.

Doch durch die Co­ro­na-Pan­de­mie blei­ben ei­ni­ge Pro­jek­te noch vage. „Die Sum­mer School soll in die­sem Jahr durch­ge­führt wer­den“, er­klärt Ohm. Ähn­lich sehe es auch mit den in­ter­na­tio­na­len Se­mes­ter­pro­gram­men aus. „Der Fach­be­reich Wirt­schaft hat ein Pro­gramm mit dem Titel ,Mar­ke­ting und Cross Cul­tu­re‘ an­ge­fan­gen. Es ist sehr er­freu­lich, dass es zu­stan­de kom­men konn­te trotz Co­ro­na.“ Da alles on­line sei, werde es aber noch nicht so stark an­ge­nom­men. „Wir haben mit ver­gleich­ba­ren Pro­gram­men auch klein an­ge­fan­gen. Durch das in­ter­na­tio­na­le Hoch­schul­mar­ke­ting müs­sen neue Pro­gram­me an un­se­ren Part­ner­hoch­schu­len be­kannt ge­macht wer­den“, er­klärt Chris­ti­ne Bou­din. Die Pan­de­mie er­schwe­re das zur­zeit. Aus­tau­sche seien ein­ge­bro­chen. „Wir schie­ben eine Bug­wel­le von Be­wer­ber*innen vor uns her. Die Part­ner­hoch­schu­len haben teil­wei­se auch keine Stu­die­ren­den ent­sandt. Die Fach­hoch­schu­le Kiel da­ge­gen er­mög­licht den Aus­tausch aber wei­ter­hin“, er­klärt Bou­din. Daher sei der Zeit­punkt für die in­ter­na­tio­na­le Mo­bi­li­tät und das Pro­jekt „HAW.​Int​erna​tion​al“ sehr her­aus­for­dernd.

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