Nicht fiktiv, sondern real mit Bezug zum späteren Berufsleben - das sind die Aufgabenstellungen, die die Studierenden am Institut für Bauwesen der FH Kiel bewältigen. Nachdem es im ersten Semester den Bau eines Parkhauses auszuarbeiten galt und im zweiten Semester die Planung eines Einfamilienhauses, durften die angehenden Ingenieur*innen im Wintersemester entwickeln, wie eine Fuß- und Radwegeverbindung über die Schwentinemündung aussehen könnte. Die Ergebnisse stellten sie am Dienstagnachmittag in der Rotunde des Bauamtes im Kieler Rathaus vor.
„Ich bin überrascht, was für eine große Aufmerksamkeit wir heute auf uns ziehen“, sagte Dr. Stephan Görtz, Professor für Konstruktiven Ingenieurbau, zu Beginn der Präsentation, zu der neben Doris Grondke, Stadträtin für Stadtentwicklung, Bauen und Umwelt, und Peter Bender, Leiter des Tiefbauamtes, weitere Mitarbeiter aus dem Rathaus, Ausbilder und Vertreter von Partnerbetrieben der FH Kiel gekommen waren. In den BauIng-Projekten lernten die Studierenden, sich eigenständig in neue Themengebiete einzuarbeiten, sich in der Gruppe zu organisieren und diszipliniert zu planen, erklärte Görtz und schickte vorweg, dass er erstaunt sei, wie die Studierenden des dritten Semesters die jüngste, sehr komplexe Aufgabe angegangen seien.
Die hatte es in sich - galt es doch, bei der Planung einer Schwentinequerung eine Menge an Herausforderungen zu berücksichtigen wie die auf der Trasse verkehrende Schwentinefähre, den Fähranleger sowie private Anleger, die ebenfalls in der Schwentine festmachenden Forschungsschiffe vom GEOMAR Helmholtzzentrum und den Traditionssegler Thor Heyerdahl. Drei Varianten wurden erarbeitet, wobei zwei die Vorgabe hatten, eine möglichst kostengünstige Lösung zu planen, und eine den Fokus auf das städtebauliche Erscheinungsbild legen sollte.
Die Studierenden hatten in ihren Teams, die immer aus Verkehrsplaner, Objektplaner, Architekt und Konstrukteur, Tragwerksplaner, Fachplaner bewegliche Brücke/ Baustofftechnologe und Baugrundsachverständigen bestanden, allesamt mehrere Varianten geprüft und sich dann für eine favorisierte Brückenform entschieden. So wäre eine Stahlhohlkastenbrücke mit Standardgeländer ebenso möglich wie eine zu öffnende Schubbrücke oder eine architektonisch attraktive Klappbrücke. Die Baukosten können zum jetzigen Zeitpunkt nur sehr grob geschätzt werden. Diese hängen sehr stark von der jeweiligen Variante ab und werden nach Schätzungen der Studierenden tendenziell zwischen 6 und 12 Millionen Euro netto liegen, zuzüglich der Planungskosten. Ob sich die Prognose der Studierenden bewahrheitet, dass wird die Zukunft beziehungsweise die konkrete Planung zeigen.
Nach der Präsentation zeigten sich die Zuhörer*innen beeindruckt. „Dass sie soetwas hinbekommen in nur drei Monaten Bearbeitungszeit neben fünf weiteren Fächern, das ist schon einzigartig“, sagte Diplom-Ingenieur Klaus Reichenberger, Vorsitzender des Landesverbands der Beratenden Ingenieure (VBI). Und weiter: „Ich finde es toll, dass die Studierenden so schon in frühen Semestern an die Praxis herangeführt werden.“ In den Ingenieurbüros im Land sei es zu spüren, dass die Fachkräfte fehlen. So freue es ihn, dass die Fachhochschule Kiel wieder im Bauwesen ausbildet. „Die Ingenieurbüros werden davon profitieren“, ist Reichenberger überzeugt, „wer hier studiert hat, bleibt in der Region.“
Peter Bender, Leiter des Tiefbauamtes, dankte den Studierenden für die „tatsächlich doch überzeugenden Möglichkeiten“ und stellte in Aussicht, dass die Stadt gern für weitere BauIng-Projekte Themengeber sein wird. „Sie haben mit uns einen Ansprechpartner, der gern auf Ihre Expertise zurückgreift“, erklärte Bender.
„Schön, dass es auf solche Resonanz trifft und wir es nicht nur für die Profs machen“, sagte Fabian Tesdorff, der industriebegleitet studiert mit betrieblicher Einbindung beim Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr (LBV). Ein so großes Interesse hatte er nicht erwartet. „Es hat Spaß gemacht“, fügt Kommilitone Florian Ganzenmüller hinzu. „Wir sind sehr stolz, was wir uns innerhalb nur eines Semesters erarbeitet haben.“