Studierende der FH Kiel versuchen am Tag des Mauerwerks, eine Mauer gerade hochzuziehen© A. Wimber
Im Team Steine der Weisen legen Studierende des Instituts für Bauwesen und der Fachbereiche Maschinenwesen, Soziale Arbeit und Gesundheit gemeinsam Hand an.

An die Kellen, fertig, los!

von Ann-Christin Wimber

Beim Kurs „Tag des Mauerwerks“ in den Interdisziplinären Wochen konnten sich die Teilnehmenden im Mauern üben.

Auf dem mit gelber Folie ausgelegten Boden klebt, mit einer dicken Lage aus Putz nivelliert, ein Mauersockel in Form eines großen Ts. Den oberen Teil bildet eine Reihe aus weißen Porenbetonsteinen, den langen Strich eine gerade Anordnung von kleineren Kalksandsteinblöcken. In der großen Werkstatt- und Versuchshalle auf dem Seefischmarkt, in der das Institut für Bauwesen mit seinen Laboren angesiedelt ist, herrscht an diesem Vormittag wuselige Aufregung. Es sind Interdisziplinäre Wochen (IDW) an der FH Kiel, und eine Gruppe von 15 Studierenden hat sich entschlossen, heute etwas über Mauerwerksbau zu lernen – inklusive praktischer Einheit. Eben noch haben sie im Seminarraum über der Halle von Sascha Rohde, Porenbeton- und Kalksandsteinexperte der Firma xella, viel über Wand- und Außenwandkonstruktionen, Wärme- und Brandschutz, Festigkeitsklassen und Nachhaltigkeit gelernt.

FH-Studentin Jett Dost setzt einen Stein am Tag des Mauerwerks an der FH Kiel©A. Wimber
Bauwesen-Studentin Jette Dost übt sich mit ihren Kommilitonen im Steinesetzen.

Initiiert wurde dieser IDW-Kurs vom Bundesverband Kalksandsteinindustrie. Sinn und Zweck der Anfrage, an der FH Kiel einen so genannten Tag des Mauerwerks zu veranstalten, ist die akademische Nachwuchsförderung, erklärt Weiterbildungskoordinatorin Simone Wolff: „Der Fachkräftemangel macht es unabdingbar, dass wir uns aktiv und mit Nachdruck um Nachwuchs bemühen. Wir möchten den Studierenden die Baustoffe Kalksandstein und Porenbeton konkret und praxisnah in einem attraktiven Rahmen näherbringen.“

Nicht alle, wenn auch die überwiegende Mehrheit der 15 Teilnehmenden wollen Bauingenieure werden. Auch Studierende der Informatik und Elektrotechnik, des Fachbereichs Soziale Arbeit und Gesundheit sowie eine Maschinenbau-Studentin sind dabei. Ihre Motivation für die Teilnahme: über den Tellerrand hinauszuschauen. „Meine Wohnung wird gerade renoviert. Das hat mich wohl zu dem Kurs inspiriert“, meint Aileen Pawelczyk (20), eingeschrieben am Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit. „Ich finde das Thema interessant. Solche Fachinformationen bekommt man ja sonst im Alltag nicht.“

Studierende der FH Kiel setzen für Übungszwecke Stein auf Stein am Tag des Mauerwerks an der FH Kiel.©A. Wimber
Das Team Konstruktiv hat am saubersten von allen gearbeitet.

Michael Puck (25) vom Fachbereich Informatik und Elektrotechnik freut sich vor allem auf die praktische Arbeit: „Viele Seminare sind zum Großteil theoretisch. Ich freue mich, auch mal etwas selbst machen zu können. Das festigt auch das Verständnis und die Wertschätzung für bestimmte Arbeiten – vor allem, wenn man fachfremd ist.“ Einen ähnlichen Grund nennt auch Niklas Horch (25) für seine Teilnahme an diesem Kurs, obwohl er selbst angehender Bauingenieur im 6. Semester ist. „Ich finde es gut, dass wir in den IDW auch unser Wissen aus früheren Semestern noch mal auffrischen können. Und es ist toll, etwas Praktisches zu machen und dann noch fachkundiger unterwegs sein zu können.“

Langsam legt sich die Aufregung der Vorbereitungsphase. Alle Teilnehmenden werden mit Überschuhen, Handschuhen, Schutzbrille und Warnweste versorgt; Yvonne Richter vom Fachbereich Bauwesen hat die Sicherheitseinweisung gegeben, und Stefan Schröder vom Hersteller und Sponsor xella hat die Verwendung der Werkzeuge erklärt. Die Studierenden werden in vier Gruppen eingeteilt, dann geht die Arbeit los.

Erst zaghaft, dann immer selbstbewusster machen sich die jungen Menschen an ihre Aufgabe – immer mit einem fachkundigen Tipp von Rhode und Schröder. Sie tragen eine Schicht Putz auf, heben die weißen Porenbetonelemente von der Palette und setzen sie Nut-an-Feder auf den darunterliegenden Stein. Jetzt noch an der Richtschnur ausrichten, mit der Wasserwaage nachjustieren und ein paar Schläge mit dem Gummihammer oben drauf. Fertig. Nächster Stein. So geht es weiter, bis die Mauer aus fünf Reihen Porenbetonelementen besteht. Dann folgt eine ebenso hohe Reihe aus kleineren Kalksandsteinen. Nach gut 1,5 Stunden sind die ersten fertig. Sauber hat das Team Wasserwaage, zu dem auch Michael Puck gehört, nicht wirklich gearbeitet. Auf der gelben Folie und an der Mauer kleben noch Putzklumpen. Aber die Wand ist gerade – und Wolff, Rhode und Schröder sind zufrieden. „Am saubersten haben Team Konstruktiv und Team Pfusch am Bau gearbeitet“, lobt die Koordinatorin für die akademische Nachwuchsförderung. Jedoch hält sie die Arbeit aller Nachwuchsmaurer für „sehr gelungen“. Schließlich haben sie alle heute zum ersten Mal eine Mauer hochgezogen.

Dann geht es an den Abriss. Nach gut 20 Minuten ist nichts mehr zu sehen von den vier Mauerkunstwerken.

 

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