Ein Mann in einem legeren Jackett, schaut Nahe der Schwentinemündung in die Kamera.© FH Kiel

An der Fachhochschule Kiel behalte ich den Kontakt zur Praxis!

von Laura Berndt

Sein persönliches Sicherheitsventil ist die Musik, sagt Dr. Stephan Dettmers. Am Akkordeon und bei Soul und Funk mit der Hammondorgel kann der gebürtige Niedersachse in andere Welten eintauchen. Seit Beginn des Jahres ist der leidenschaftliche Musiker Professor für Sozialmedizin und Klinische Sozialarbeit am Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit der Fachhochschule Kiel. Den Fachbereich kennt er nicht nur als Lehrbeauftragter, vor 18 Jahren hat er hier selbst studiert. Warum er gerne an die FH zurückgekehrt ist und was er seinen Studierenden unbedingt vermitteln möchte, hat er Laura Berndt erzählt.

LB: Warum haben Sie sich damals für das Studium Soziale Arbeit entschieden?

SD: Inhaltlich gab es da zunächst keine wirkliche Präferenz. Nach meiner Ausbildung zum Krankenpfleger und einigen Jahren Berufserfahrung, wusste ich lediglich, dass ich eine Zeit lang aus der Praxis raus möchte, um zu studieren. Es sollte auf jeden Fall in die Richtung Soziales oder Pflege gehen. Doch eine klare Vorstellung von Sozialer Arbeit hatte ich zu dem Zeitpunkt nicht, die entstand erst über die Praxis und Studium. So ist mir bewusst geworden, wie bedeutsam Soziale Arbeit im Kontext zu Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen ist.

LB: Wo legen Sie den Schwerpunkt in Ihrer jetzigen Tätigkeit?

SD: Ich möchte zeigen, dass Soziale Arbeit neben den etablierten Heilberufen gleichberechtigt sein muss. Wenn wir über chronische Erkrankungen reden, denken wir für gewöhnlich an Medizin, Psychologie und Pflege. Dass Menschen in ihrer sozialen Teilhabe oder auch im Erwerbsleben auf Dauer eingeschränkt sind, dass Freundeskreise sich verändern oder wegfallen, dass es plötzlich Verarmungsentwicklungen gibt, das alles wird oft vergessen. Dies sind jedoch die Zugänge Sozialer Arbeit. Daher empfinde ich es als Auftrag, dieses deutlich zu machen.

LB: Wie würden Sie einem Fachfremden Ihr Arbeitsgebiet erklären?

SD: Ich kümmere mich um die sozialen Aspekte chronischer Erkrankungen in der Koppelung mit Sozialer Arbeit. Eine Hauptaufgabe ist die Förderung sozialer Teilhabe. Das Umfeld von Patienten verändert sich erheblich nach der Diagnose. Soziale Arbeit begleitet diesen Prozess, entwickelt gemeinsam mit ihren Klienten Strategien und zeigt auf, wie alltägliche Anforderungen bewältigt werden können. Dabei schauen wir nicht nur auf die Betroffenen, sondern auch auf deren Familie. Es ist eben auch wichtig, die Angehörigen zu informieren, mit einzubinden und ihnen zu helfen.

LB: Warum haben Sie sich für die Fachhochschule Kiel als Arbeitsplatz entschieden?

SD: Auf der einen Seite genießt die Fachhochschule Kiel über die Landesgrenzen hinaus einen hervorragenden Ruf und auf der anderen Seite hat die FH eine besondere Fachbereichsvielfalt. Es gibt unheimlich interessante Forschungs- und Lehrzugänge, spannende Leute in allen Arbeitsbereichen der Hochschule und der Standort hat natürlich auch seinen Reiz. Außerdem schätze ich die Kombination aus Theorie und Praxis. Ich möchte mir den ständigen Bezug und Transport von wissenschaftlichen Erkenntnissen in die Praxis und auch wieder zurück auf Dauer erhalten. An der Fachhochschule Kiel behalte ich den Kontakt zur Praxis. Diese Chance hätte ich im universitären Bereich so nicht.

LB: Was würden Sie sich für die Zukunft der Sozialen Arbeit wünschen?

SD: Ich würde mir wünschen, dass wir noch interdisziplinärer denken und mit anderen Berufsgruppen enger zusammenarbeiten. So haben zum Beispiel Physiotherapeutinnen und -therapeuten in der ambulanten Behandlung viel Einfluss auf die Betroffenen und bekommen intensive Einblicke in die häusliche Situation der Menschen. Diese Erfahrungen sollten wir in der Sozialen Arbeit systematischer nutzen. Diese stärkere Zusammenarbeit bezieht sich auch auf andere Heilberufe. Deswegen möchte ich auch meine Studierenden für die interdisziplinäre Interaktion begeistern.

LB: Was wollen Sie Ihren Studierenden außerdem vermitteln?

SD: Einerseits das Verständnis für andere Berufsgruppen, denn nur wer andere wertschätzt, kann dies auch für sich selbst einfordern. Andererseits sich selbst fachlich mehr zu zutrauen. Gerade in der Sozialen Arbeit haben wir außergewöhnlich kompetente und leistungsbereite Studierende, die aber oftmals aufgrund ihrer generalistischen Orientierung mit relativ wenig Selbstbewusstsein in die Arbeitswelt gehen. Aber gerade das ist der Schlüssel für eine erfolgreiche Zusammenarbeit.

LB: Was verbinden Sie mit Kiel?

Ich wohne ja schon einige Jahre in Kiel und finde die reichhaltigen Freizeit- und Kulturangebote, die Landschaft und die Natur absolut fantastisch. Egal ob nach Skandinavien oder Hamburg, von Kiel aus, bin ich gut und schnell vernetzt. Es gibt einfach eine hohe Lebensqualität und ich lerne hier viele nette und interessante Menschen kennen. Es gefällt mir jeden Tag besser, hier zu wohnen.

Kurzbiographie

seit Januar 2014: Professor für Sozialmedizin, Fachhochschule Kiel, Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit

2009 bis 2013: Promotion (medizinische Soziologie) zum Dr. phil. an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel

2013: Lehrkraft für besondere Aufgaben an der Fachhochschule Kiel, Fachbereich Soziale Arbeit und Gesundheit

2007 bis 2012: Gesamtleitung Abteilung Sozialdienst mit Integration Pflegeüberleitung Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel und Lübeck (UKSH)

2005 bis 2007: Aufbau und Leitung Abteilung Sozialdienst mit Integration Pflegeüberleitung im Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel (UKSH)

2003 bis 2006: Studium ASH Berlin und Fachhochschule Coburg, Master of Arts, Klinische Sozialarbeit

2000 bis 2005: Aufbau und Etablierung sozialpädagogischer Konsiliardienst und Tätigkeit als Dipl. Sozialarbeiter in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie/ZIP gGmbH

1999 bis 2000: Dipl. Sozialarbeiter in der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Universitätsklinikum Kiel, Konsiliardienst in somatischen Kliniken

1998 bis 1999: Pädagogischer Mitarbeiter in einer Tagesstätte für psychisch kranke Menschen

1996 bis 1999: Studium an der FH Kiel, Diplom Sozialarbeiter

© Fachhochschule Kiel