Bonke Jensen© I. Böl­ter

Alum­ni im Por­trait ─ Bonke Jen­sen

von Lena Kuhn

Erst nach einem lan­gen Ar­beits­tag fin­det er Zeit für ein Ge­spräch, vor­her hatte er noch eine Be­spre­chung. „So ist das eben“, sagt er dann um 18.30 Uhr end­lich, „wenn man ein Be­rufs­feld wählt, in dem man nicht immer von 9 bis 17 Uhr ar­bei­tet.“ Bonke Jen­sen stu­dier­te Off­shore-An­la­gen­tech­nik an der Fach­hoch­schu­le Kiel und ist da­nach di­rekt mit­ten in der Ar­beits­welt an­ge­kom­men. „Im De­zem­ber 2018 habe ich meine The­sis ein­ge­reicht, ab dem 1. Ja­nu­ar 2019 be­gann mein Ar­beits­ver­trag.“ Er ist Pro­jekt­in­ge­nieur bei der Kong­stein GmbH und küm­mert sich dort um in­ter­na­tio­na­le Pro­jek­te in der Wind­in­dus­trie.

Zu­erst aber drei Schrit­te zu­rück. Sich auf ein Stu­di­um fest­zu­le­gen, fiel ihm nicht be­son­ders leicht, sagt er. „Nach dem Ab­itur war ich erst ein­mal kom­plett plan­los“, gibt er zu. Des­halb sei er zu­nächst für ein Jahr nach Ka­na­da ge­reist. Dort ar­bei­te­te er in ver­schie­de­nen Be­rei­chen, in der Hoff­nung, etwas zu fin­den, das er stu­die­ren möch­te. Als er zu­rück nach Deutsch­land kam, stand für ihn immer noch nicht fest, in wel­che Rich­tung es spä­ter gehen soll­te. Also ar­bei­te­te er hier auch noch ein Jahr und ori­en­tier­te sich ne­ben­bei be­ruf­lich. „Dass es ein in­ge­nieur­wis­sen­schaft­li­ches Stu­di­um sein soll­te, war mir im Vorn­her­ein klar, denn dort sehe ich meine Stär­ken: Im ma­the­ma­tisch-wis­sen­schaft­li­chen Be­reich“, er­läu­tert er. Le­dig­lich die Fest­le­gung auf eine Ver­tie­fung fiel ihm schwer. „Aber da ich je­mand bin, der gerne am Meer ist und gerne surft, dem­entspre­chend Wind auch sehr gerne mag, kam die Wind­ener­gie­tech­nik doch sehr nah“, er­klärt Bonke Jen­sen. Des­we­gen fiel die Wahl schluss­end­lich auf Off­shore-An­la­gen­tech­nik.

„Ich wuss­te vor dem Stu­di­um schon, dass die FH einen guten Ruf hat, vor allem in den in­ge­nieur­wis­sen­schaft­li­chen Fä­chern.“ Die Be­kannt­heit in Nord­deutsch­land kam für ihn dazu, als er die Ent­schei­dung über den Stu­di­en­ort traf. „Im Nach­hin­ein muss ich sagen: Das war sehr gut und hilf­reich für den Be­rufs­ein­stieg“, re­sü­miert er. Gerne blickt er auf das stu­den­ti­sche Leben in Kiel zu­rück, be­son­ders am Stu­di­um fand er auch die klei­ne Grup­pe. „Wir waren nur 46 Stu­die­ren­de, wir kamen mit­ein­an­der wirk­lich gut zu­recht.“

Das Stu­di­um be­schreibt er als „stel­len­wei­se her­aus­for­dernd“, aber: „Es hat wirk­lich einen Ef­fekt auf mei­nen Be­rufs­ein­stieg ge­habt.“ Tat­säch­lich ist ihm der Be­rufs­ein­stieg ge­lun­gen, von dem viele Stu­die­ren­de träu­men: Di­rekt über­nom­men wer­den nach dem Schrei­ben der The­sis. Ge­fun­den, so Bonke Jen­sen, habe er diese Stel­le über einen Umweg. Nach dem fünf­ten Fach­se­mes­ter war er mit den theo­re­ti­schen In­hal­ten des Stu­di­ums fer­tig und begab sich auf die Suche nach einer Prak­ti­kums­stel­le, um an­schlie­ßend in die­sem Be­trieb seine Ba­che­lor­the­sis zu schrei­ben. „Da habe ich die in­ter­ne Off­shore-Da­ten­bank ge­nutzt, die es in un­se­rem Stu­di­en­gang gibt, und in der alle Off­shore-Un­ter­neh­men in Deutsch­land ver­zeich­net sind.“ Er fand ein Un­ter­neh­men in Kap­peln und wurde in einem Off­shore-Ka­bel­in­stal­la­ti­ons-Pro­jekt ein­ge­setzt. „Es hat sich al­ler­dings re­la­tiv schnell her­aus­kris­tal­li­siert, dass mir das Un­ter­neh­men zu nau­tisch war.“ Bonke woll­te sich eher in Rich­tung In­ge­nieur­we­sen aus­rich­ten. „Beim Som­mer­fest die­ses Be­triebs habe ich dann den Coun­try Ma­na­ger der Kong­stein ken­nen­ge­lernt“, er­zählt er. „Ein paar Wo­chen spä­ter saß ich dann in Ham­burg, habe dort erst ein Prak­ti­kum ge­macht, dann meine The­sis ge­schrie­ben und im An­schluss di­rekt mei­nen Ar­beits­ver­trag be­kom­men.“ Dem Un­ter­neh­men treu zu blei­ben, stand für ihn nie in Frage. „Ich habe die Kong­stein GmbH ja wäh­rend Pra­xis und The­sis ken­nen­ge­lernt, und war da auch sehr glück­lich“, be­grün­det er, „des­we­gen habe ich ge­fragt, wie das aus­sieht, ob ich über­nom­men wer­den könn­te.“ Die Ent­schei­dung, dort zu blei­ben, be­reut er bis heute nicht.

Auf die Frage, wel­che In­hal­te aus dem Stu­di­um ihm heute im Be­rufs­all­tag häu­fig be­geg­nen, re­agiert er mit einem La­chen. „Ich rolle das mal an­ders herum auf: Ich habe im Stu­di­um eine Stu­di­en­ar­beit ge­schrie­ben, die sich mit dem Rück­bau von Off­shore-Wind­parks be­fass­te.“ Mitt­ler­wei­le, so schätzt er, sei diese Ar­beit drei Jahre alt. „Die habe ich vor drei Mo­na­ten wie­der her­aus­ge­kramt, weil wir ein Pro­jekt für den Rück­bau eines Off­shore-Wind­parks be­kom­men haben.“ Die In­hal­te sei­ner täg­li­chen Ar­beit wür­den va­ri­ie­ren, je nach­dem, wel­ches Pro­jekt er ge­ra­de be­treue. Auch hier sieht er oft die Vor­tei­le des Stu­di­ums: „Einer der grö­ß­ten As­pek­te ist ein­fach, dass ich mich mit den Pro­ze­du­ren aus­ken­ne: von der Her­stel­lung bis über die In­stal­la­ti­ons- und Rück­bau­me­tho­den, die es gibt“, be­rich­tet er. „Man hat ein­fach ein ge­ne­rel­les Ver­ständ­nis für alles, was Off­shore be­trifft.“ Seine Po­si­ti­on als Pro­jekt­in­ge­nieur be­trifft au­ßer­dem, dass er be­reits im Stu­di­um Kurse zum Thema Pro­jekt­ma­nage­ment hatte. „Das war auch echt sinn­voll“, sagt er.

Dass diese All­roun­der-Fä­hig­kei­ten ge­fragt sind, be­weist sein letz­tes Pro­jekt. Für die EnBW-Wind­parks Hohe See und Al­ba­tros in der Nord­see un­ter­stütz­te die Kong­stein GmbH die Firma Sie­mens Ga­me­sa Re­ne­wa­ble En­er­gy. Es ging um den Trans­port und die In­stal­la­ti­on einer Off­shore-Um­spann­platt­form. „Wir haben dort also die Pla­nung über­nom­men, die Ko­or­di­na­ti­on und Vor­be­rei­tung mit dem Jack-Up-Schiff, das für Wohn­zwe­cke tem­po­rär da­ne­ben stand, und spä­ter haben wir auch die ganze lo­gis­ti­sche Ko­or­di­nie­rung mit den Sub­un­ter­neh­mern über­nom­men.“ Über das Meis­tern die­ser Her­aus­for­de­rung grinst Bonke merk­lich stolz.

An sei­nem Stand­ort ist er der ein­zi­ge FH-Ab­sol­vent aus Kiel. Den­noch seien viele ehe­ma­li­ge Fach­hoch­schul-Stu­die­ren­de dort, die meis­ten hät­ten al­ler­dings in Ham­burg oder in an­de­ren Län­dern stu­diert. „Ich glau­be, ich bin einer der We­ni­gen, der einen Ba­che­lor hat.“ Die meis­ten hät­ten auf Mas­ter stu­diert. „Bis heute hat das aber noch nie ge­stört“, be­rich­tet Bonke Jen­sen. Im Un­ter­neh­men und auf Pro­jekt­ebe­ne mache sich das nicht be­merk­bar.

Be­son­ders ge­fällt ihm an sei­nem Ar­beit­ge­ber, dass es sich um ein nor­we­gi­sches Un­ter­neh­men mit Sitz in Ham­burg han­delt. „Ich möch­te das nut­zen, dass wir nor­we­gisch sind“, sagt er mit einem ver­schwö­re­ri­schen Grin­sen. Sein mit­tel- und lang­fris­ti­ger Plan sei es „über eine län­ge­re Zeit auch mal in Nor­we­gen zu leben.“ Eine ge­wis­se Vor­lie­be zu nor­di­schen Län­dern lebte er be­reits in dem Aus­lands­jahr in Ka­na­da nach der Schu­le aus. Wenn Bonke Jen­sen von Nor­we­gen spricht, leuch­ten seine Augen re­gel­recht auf. „Ich mag die nor­di­schen Län­der sehr gerne“, schwärmt er. Ob pri­vat oder be­ruf­lich, schon jetzt ver­schlägt es ihn min­des­tens ein mal pro Jahr in seine Wunsch­hei­mat. Den Haupt­un­ter­schied zu Deutsch­land sieht er dabei in der Men­ta­li­tät der Nor­we­ger: „Die Leute dort sind sehr offen und sehr nett“, so sein Fazit. Das fehle ihm hier­zu­lan­de manch­mal. In Nor­we­gen fühle er sich des­we­gen sehr wohl. „Ich könn­te mir das sehr gut vor­stel­len, auch dort zu ar­bei­ten.“ Von daher passt es per­fekt, dass er er­folg­reich di­rekt nach dem Ab­schluss sei­nen Weg in ein nor­we­gi­sches Un­ter­neh­men ge­fun­den hat. Dort ste­hen ihm viele Wege offen.

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