Vier äußerst spannende, aber auch anstrengende Jahre liegen hinter Aylin Bicakci. Nach ihrem Bachelor und Master in Mechatronik an der Fachhochschule Kiel hat die 31-Jährige im April an der Technischen Universität Berlin promoviert.
Als Tochter eines Elektromeisters interessierte sich Aylin Bicakci schon in der Schule sehr für Technik. „In Physik war ich ganz gut, aber Mathe habe ich mir nicht so richtig zugetraut“, erzählt sie. So wählte sie im Abitur Deutsch und Geschichte als Leistungskurse. Mit dem Abschluss in der Tasche entschied sie sich für das Studium der Elektrotechnik an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Ihr Vater hatte sie ermutigt, sich in dem Fachgebiet auszuprobieren. Und das war gut so. „Es machte mir Spaß, war mir aber zu theoretisch“, sagt Dr.-Ing. Aylin Bicakci. „Dann hatte ich vom Mechatronik-Studium an der FH Kiel erfahren, das hörte sich für mich passender an, und ich habe hierher gewechselt. Und ich habe es nicht bereut.“ Zu jeder Vorlesung habe es das passende Labor gegeben. „So konnte ich nachvollziehen, was in der Vorlesung gelehrt wurde – ich bin ein praktisch veranlagter Mensch“, erklärt die Kielerin, die die enge Zusammenarbeit im Labor zu schätzen weiß. „An der Uni hatte ich nie das Gefühl, dass ich zu einem Professor gehen und ihn etwas fragen kann. Das ist hier ganz anders“, hat sie festgestellt.
Als sie eine Vorlesung zur Kühlung elektronischer Systeme von Professor Dr. Roland Eisele hörte und er studentische Unterstützung für einen Auftritt der FH auf der PCIM suchte, der größten Fachmesse für Leistungselektronik und deren Anwendungen in Nürnberg, tauchte Aylin Bicakci in die Welt der Leistungselektronik ein und kam nicht mehr heraus. Schon damals reifte ihr Entschluss, bei Professor Eisele am Institut für Mechatronik zu promovieren. In ihrer Masterarbeit widmete sie sich der Optimierung der thermischen Eigenschaften von Leistungsmodulen, was schließlich im vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekt IsoPower mündete. Ziel war es, ein Material zu finden, das anders als Keramik eine bestmögliche Kühlung bei kleinstmöglichem thermischem Widerstand bietet, um so die Temperatur von Halbleitern zu reduzieren und ihre Nutzungsdauer zu verlängern. Die Lösung fand Bicakci in Epoxidfolie, deren Verwendung jedoch eine geometrische Anpassung des gesamten Modulaufbaus erforderlich machte.
Von Unternehmensseite begleitete Danfoss Silicon Power aus Flensburg das Projekt, wo Bicakci inzwischen in der Prozessentwicklung arbeitet, Verfahren neu aufsetzt und mit Blick auf die Qualitätssicherung optimiert. Über den dortigen Forschungsleiter Professor Dr.-Ing. Frank Osterwald, ihren Mentor, war der Doktorvater gefunden: Professor Dr. Klaus-Dieter Lang, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) in Berlin, dem größten Fraunhofer-Institut in Deutschland. In regelmäßigen Abständen galt es, dort über den Fortschritt des Projektes zu berichten. Bicakci: „Von der kleinen FH an so ein großes Institut zu kommen, das war sehr aufregend. Ich bin aus jeder Besprechung ein bisschen schlauer und ein bisschen demütiger herausgegangen.“
Ebenso aufregend war die Verteidigung der Doktorarbeit vor fünf Prüfern: Neben Professor Eisele von der Fachhochschule Kiel gehörten Professor Dr.-Ing. Rolf Schuhmann, Leiter des Fachgebiets „Theoretische Elektrotechnik“ am Institut für Technische Informatik und Mikroelektronik der TU Berlin, Professor Dr.-Ing. Martin Schneider-Ramelow, stellvertretender Institutsleiter des IZM Berlin und Professor an der TU-Berlin, Professor Dr.-Ing. Dr. sc. techn. Klaus-Dieter Lang, Direktor des Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM Berlin und Professor an der TU-Berlin, sowie Professor Dr.-Ing. Thomas Zerna, TU Dresden, zur Prüfungskommission. Auf den halbstündigen Vortrag der Promovendin folgte eine einstündige Befragung. „Als ich dann hereingerufen wurde und hörte, ich habe bestanden, das war ein sehr gutes Gefühl. Aber es braucht etwas, bis man das realisiert hat“, sagt die Alumna. „So lange arbeitet man darauf hin, geht durch Höhen und Tiefen und hat über Jahre diesen extremen Druck“, verrät sie weiter. „Aber aufgeben war nie eine Option. Es hat auch irrsinnig Spaß gemacht, in einem tollen Team an der FH zu arbeiten.“ Dementsprechend sei der Trennungsschmerz schon groß gewesen, sagt Aylin Bicakci und lacht. Hin und wieder führt ihr Weg aber noch auf den Campus in Dietrichsdorf – die FH ist Projektpartnerin bei einem weiteren Projekt von Danfoss Silicon Power.
„Es ist nicht nur für mich eine große Freude“, sagt Professor Eisele über diese gelungene kooperative Promotion, „sondern auch für die wissenschaftliche Arbeitsfähigkeit an der FH eine Bestätigung unseres Weges und unserer Ziele, den Industriepartnern Lösungen auf höchstem Niveau zu liefern.“