On­line-Lehre in der Wirt­schafts­in­for­ma­tik - im Ge­spräch mit Prof. Dr. Chris­ti­an Krauss

On­line-Lehre in der Wirt­schafts­in­for­ma­tik - im Ge­spräch mit Prof. Dr. Chris­ti­an Krauss

Be­dingt durch die Co­ro­na-Pan­de­mie muss­te die Prä­senz­leh­re in kür­zes­ter Zeit auf On­line-Lehre um­ge­stellt wer­den. In den Fä­chern, in denen es auf prak­ti­sche Fer­tig­kei­ten an­kommt, be­deu­te­te dies eine große Um­stel­lung. Wie sich ge­zeigt hat, haben die Do­zie­ren­den des Fach­be­reichs hier viel­fäl­ti­ge Lö­sun­gen für die Um­set­zung der On­line-Lehre ein­ge­setzt. Doch wie sieht die Um­stel­lung in Stu­di­en­gän­gen aus, die oh­ne­hin am Com­pu­ter statt­fin­den und an der Fach­hoch­schu­le be­reits als On­line-Stu­di­en­gang an­ge­bo­ten wer­den? Dr. Chris­ti­an Krauss, Pro­fes­sor für Wirt­schafts­in­for­ma­tik in On­line- und Prä­senz­mo­du­len, be­rich­tet in einem In­ter­view von sei­nen Er­fah­run­gen.

Wie haben Sie die Um­stel­lung auf die On­line-Lehre im Ver­gleich zu an­de­ren Mo­du­len emp­fun­den?

Wie gut sich die Lehre auch On­line um­set­zen lässt, hängt na­tür­lich stark von dem je­wei­li­gen Modul ab. Ich nehme aus der Um­stel­lung viele po­si­ti­ve Er­fah­run­gen mit. In der Wirt­schafts­in­for­ma­tik, wo die Ar­beit oh­ne­hin viel am Com­pu­ter statt­fin­det, kamen mir die tech­ni­schen Mög­lich­kei­ten der On­line-Lehre zu­gu­te. In den Vor­le­sungs­räu­men ver­bin­de ich in der Prä­senz­leh­re mei­nen Rech­ner mit dem Bea­mer, um nicht nur Fo­li­en, son­dern auch meine Ent­wick­lungs­um­ge­bung z.B. beim Pro­gram­mie­ren an die Wand zu wer­fen. Hier hat­ten Stu­die­ren­de ins­be­son­de­re in den hin­te­ren Rei­hen Schwie­rig­kei­ten, die In­hal­te über­haupt rich­tig mit der Auf­lö­sung des Bea­mers zu sehen. Der klare Vor­teil der On­line-Vor­le­sung war dem­nach, dass ich hier mei­nen Bild­schirm für alle frei­ge­ben konn­te und nie­mand der Stu­die­ren­den hatte Pro­ble­me damit zu sehen, was ich ge­ra­de tippe oder mache. Zu­sätz­lich konn­te ich mit Hilfe tech­ni­scher Tools di­rekt auf dem Bild­schirm malen und Sach­ver­hal­te an­hand von Pfei­len und Skiz­zen er­klä­ren. Das war deut­lich ein­fa­cher als Er­klä­run­gen an die Tafel zu malen.

Au­ßer­dem war ich im Um­gang mit dem Mood­le-Sys­tem be­reits geübt und hatte fer­tig aus­ge­ar­bei­te­te Skrip­te und Übun­gen, so­dass die Um­stel­lung der Lehre in die­ser Hin­sicht kei­nen Mehr­auf­wand für mich be­deu­te­te.

Gibt es in Ihrem Stu­di­en­gang denn auch Nach­tei­le der On­line-Lehre?

Es gab auch Nach­tei­le, die sich im Ge­gen­satz zur Prä­senz­leh­re ge­zeigt haben. Ein Gro­ß­teil der Stu­die­ren­den konn­te sich gut hin­ter den schwar­zen Ka­cheln ver­ste­cken und für mich er­schwer­te es die Kom­mu­ni­ka­ti­on und die Ein­schät­zung, ob die Lehr­in­hal­te ver­stan­den wur­den. Die­ses Ver­hal­ten zeig­te sich durch­ge­hend in ver­schie­de­nen Mo­du­len, so­wohl bei den Be­triebs­wirt*innen, als auch bei den Wirt­schafts­in­for­ma­ti­ker*innen. Die Be­tei­li­gung der Stu­die­ren­den war in den Prä­senz­ver­an­stal­tun­gen ge­fühlt deut­lich bes­ser.

Dar­über hin­aus kam ein Mehr­auf­wand für die Nach­be­treu­ung hinzu. Ei­ni­ge der Stu­die­ren­den haben im Nach­hin­ein Fra­gen ge­stellt, wes­halb ich viele per­sön­li­che Ein­zel­ge­sprä­che per Zoom ver­ein­bart und ge­führt habe.

In­wie­fern un­ter­schei­det sich die Lehre im Co­ro­na-be­ding­ten On­line-Stu­di­um zu dem her­kömm­li­chen On­line-Stu­di­um?

Bei den On­line­stu­di­en­gän­gen lehre ich seit län­ge­rem nach dem Flip­ped Class­room Prin­zip, bei dem die Lehr­in­hal­te im Selbst­stu­di­um vor­be­rei­tet und in den Vi­deo­kon­fe­ren­zen be­spro­chen wer­den. Dies funk­tio­niert recht gut und die Mit­ar­beit der Stu­die­ren­den ist in der Regel auch zu­meist sehr gut. In der Pan­de­mie-be­ding­ten On­line-Prä­senz­leh­re hin­ge­gen habe ich Live-Vor­le­sun­gen ge­hal­ten. In den Se­mi­na­ren und Übun­gen ist deut­lich ge­wor­den, dass die Stu­die­ren­den manch­mal Schwie­rig­kei­ten mit dem On­line-Stu­di­um hat­ten, denn die Mo­ti­va­ti­on, selbst­stän­dig oder in Grup­pen Auf­ga­ben zu er­le­di­gen, war ge­rin­ger als in nor­ma­len Prä­senz­übun­gen. Grund dafür war höchst­wahr­schein­lich der feh­len­de di­rek­te und per­sön­li­che Aus­tausch un­ter­ein­an­der. Um die In­ter­ak­ti­vi­tät zu er­hö­hen und den Wis­sens­stand ab­zu­fra­gen, habe ich re­gel­mä­ßig On­line-Quiz­zes durch­ge­führt, was bei den Stu­die­ren­den gut ankam.

Was wün­schen Sie sich für die Zu­kunft?

Ich würde mir wün­schen, dass es noch freie­re Mög­lich­kei­ten für die Do­zent*innen geben wird, die Lehre zu ge­stal­ten. Die Art wie die Lehre op­ti­mal durch­ge­führt wer­den kann, ob On­line oder in Prä­senz, hängt in­di­vi­du­ell von den Mo­du­len ab. Tech­ni­sche Vor­le­sun­gen wie Pro­gram­mie­rung oder Da­ten­ban­ken las­sen sich auch mal zur Ab­wechs­lung gut on­line im “zoom-Hör­saal” um­set­zen. Für eine hö­he­re Lern­ef­fek­ti­vi­tät der Stu­die­ren­den wün­sche ich mir je­doch grund­sätz­lich prak­ti­sche Übun­gen in Prä­senz.

Au­ßer­dem hoffe ich, dass die po­si­ti­ven Er­fah­run­gen und Ent­wick­lun­gen der di­gi­ta­len Lehre mit in das nächs­te Se­mes­ter ge­nom­men wer­den.

Vie­len Dank für das In­ter­view!

Text: Laura Ha­ke­nes, Amely Hun­klin­ger
(ver­öf­fent­licht: 28.09.2021-cab)