Safer Pla­ces - Ein Pro­jekt zum acht­sa­men Um­gang in Ju­gend­ver­bän­den, Ju­gend­zen­tren und Ju­gend­häu­sern

Pro­jekt­da­ten

Pro­jekt­lauf­zeit
Sep­tem­ber 2013 - Au­gust 2016

Pro­jekt­ver­ant­wort­li­che
Prof. Dr. Eli­sa­beth Tui­der, Uni­ver­si­tät Kas­sel
Prof. Dr. Mecht­hild Wolff, Hoch­schu­le Lands­hut
Prof. Dr. Wol­gang Schrö­er, Uni­ver­si­tät Hil­des­heim 

Kon­takt­da­ten
tui­der(at)uni-kas­sel.de
mecht­hild.wolff(at)haw-lands­hut.de
schroeer(at)uni-hil­des­heim.de

www.​safer-​places.​de

Hin­ter­grund des Pro­jekts

Fokus und zu­gleich Al­lein­stel­lungs­merk­mal des Ver­bund­pro­jek­tes „Safer Pla­ces“ ist zum einen die Aus­ein­an­der­set­zung mit se­xua­li­sier­ter Ge­walt unter Ju­gend­li­chen in der of­fe­nen Ju­gend­ar­beit, der Ju­gend­ver­bands­ar­beit und dem Sport. Dem Pro­jekt liegt die An­nah­me zu­grun­de, dass se­xua­li­sier­te Ge­walt und se­xu­al­sier­te Grenz­ver­let­zun­gen nicht nur zwi­schen Er­wach­se­nen und Ju­gend­li­chen, son­dern auch all­täg­lich zwi­schen Ju­gend­li­chen statt­fin­det.

Peer Vio­lence ist ein so­wohl or­ga­ni­sa­tio­na­les als auch so­zi­al­pöäd­ago­gi­sches Pro­blem, wel­ches in selbst­or­ga­ni­sier­ten Ju­gend­ein­rich­tun­gen (wie z.B. Ju­gend­zen­tren) als ver­deckt wahr­ge­nom­men wird. Ziel des For­schungs­pro­jek­tes war es daher, se­xua­li­sier­te Ge­walt und Grenz­ver­let­zun­gen unter Ju­gend­li­chen an ju­gend­päd­ago­gi­schen Orten der of­fe­nen Ju­gend­ar­beit, der Ju­gend­ver­bands­ar­beit und dem Ju­gend­sport zu un­ter­su­chen, in denen in­for­mel­le und non-for­ma­le Bil­dungs­pro­zes­se im Mit­tel­punkt ste­hen.

Fra­ge­stel­lung

Wie ver­ste­hen und de­fi­nie­ren Ju­gend­li­che - als Ex­per­t_in­nen ihrer Le­bens­wel­ten - aus ihren All­tags­zu­sam­men­hän­gen her­aus und in den ver­schie­de­nen Fel­dern der Ju­gend­ar­beit se­xua­li­sier­te Ge­walt und Grenz­über­schrei­tun­gen?

Wie be­rich­ten Päd­ago­g_in­nen in der Ju­gend(ver­bands)ar­beit und des Ju­gend­sports von all­täg­li­cher se­xua­li­sier­ter Ge­walt und Grenz­ver­let­zun­gen unter Ju­gend­li­chen und wie gehen sie damit um?

Stu­die

Es wur­den drei Teil­stu­di­en durch­ge­führt:

  1. Eine On­line­be­fra­gung (Mai bis De­zem­ber 2014) nah­men ins­ge­samt 1167 zu­fäl­lig Ju­gend­li­chen zwi­schen zwölf und 25 Jah­ren aus allen Be­rei­chen der Ju­gend­ar­beit.
  2. 35 qua­li­ta­ti­ve In­ter­views mit Ju­gend­li­chen zwi­schen zwölf und 20 Jah­ren.
  3. 30 Ex­per­t_in­nen-In­ter­views mit haupt- und eh­ren­amt­li­chen Be­treu­en­den.
  4. In einem wei­te­ren Schritt wur­den die Er­geb­nis­se mit der Pra­xis rück­ge­kop­pelt und im Rah­men von Work­shops mit den Ju­gend­li­chen sowie päd­ago­gisch Tä­ti­gen dis­ku­tiert und re­flek­tiert.

Aus­ge­wähl­te Er­geb­nis­se

1. On­line­be­fra­gung von Ju­gend­li­chen:

In der On­line­be­fra­gung von „Safer Pla­ces“ wurde un­ter­sucht, wel­che vor­ge­ge­be­nen Si­tua­tio­nen von den teil­neh­men­den Ju­gend­li­chen u.a. als Ver­let­zung der per­sön­li­chen Gren­zen ein­ge­schätzt wor­den sind. Es ging dabei nicht um per­sön­li­che Er­fah­run­gen. Es wurde er­sicht­lich, dass Selbst­be­stimmt­heit und Frei­wil­lig­keit zen­tral sind: Se­xua­li­sier­te Ge­walt be­ginnt dem­nach dann, wenn keine Zu­stim­mung ge­ge­ben oder kein Ein­fluss auf eine Si­tua­ti­on ge­nom­men wer­den kann. Zudem wer­den kör­per­li­che, me­dia­le und ver­ba­le Si­tua­tio­nen glei­cher­ma­ßen als Grenz­ver­let­zun­gen wahr­ge­nom­men.

2. Qua­li­ta­ti­ve In­ter­views mit Ju­gend­li­chen:

In den qua­li­ta­ti­ven In­ter­views er­zähl­ten die be­frag­ten Ju­gend­li­chen von kör­per­li­chen und er­zwun­ge­nen Hand­lun­gen se­xua­li­sier­ter Ge­walt, die männ­li­chen ge­gen­über weib­li­chen Per­so­nen aus­ge­übt wurde. Es wurde deut­lich, dass sie so­wohl in­di­vi­dua­li­sier­te als auch grup­pen­dy­na­mi­sche Um­gangs­wei­sen mit se­xua­li­sier­ter Ge­walt ent­wi­ckelt haben (z.B. ver­ba­le Äu­ße­run­gen, kör­per­li­che Re­ak­tio­nen, Ex­klu­sio­nen). Viele Ju­gend­li­che spre­chen nicht über se­xua­li­sier­te Ge­walt bzw. nur mit ein­zel­nen ver­trau­ten Gleich­alt­ri­gen. Zudem wurde die Be­deu­tung der päd­ago­gi­schen Be­zie­hung zwi­schen Ju­gend­li­chen und Be­treu­en­den und das Ver­trau­en in diese als Ver­stär­ker für den Er­folg von Schutz­kon­zep­ten in der Ju­gend(ver­bands)ar­beit her­aus­ge­stellt.

3. Ex­per­t_in­nen­in­ter­views:

In den In­ter­views mit den Be­treu­en­den geht es um Un­si­cher­hei­ten, an­ge­mes­sen auf se­xua­li­sier­te Ge­walt und Grenz­ver­let­zun­gen unter Ju­gend­li­chen in ihrem in­sti­tu­tio­nel­len Rah­men zu re­agie­ren, da so­wohl von ver­deck­ten als auch of­fe­nen For­men se­xua­li­sier­ter Ge­walt unter Ju­gend­li­chen be­rich­tet wurde. Dazu ge­hö­ren ma­ni­fes­te, kör­per­li­che se­xua­li­sier­te Über­grif­fe, aber auch frau­en­feind­li­che und/oder ho­mo­pho­be In­hal­te. Die Be­treu­en­den schät­zen die Be­deu­tung des In­ter­nets für eine an­ge­nom­me­ne all­ge­mei­ne Se­xua­li­sie­rung der Ju­gend­li­chen als sehr hoch ein. Be­son­ders sicht­bar sei dies durch eine se­xua­li­sier­te Spra­che und an­ge­nom­me­ne Nut­zung des In­ter­nets für den Kon­sum por­no­gra­phi­scher In­hal­te oder sog. Sex­ting. Wei­ter­hin re­flek­tie­ren sie zu der Her­aus­for­de­rung zum 'rich­ti­gen' Zeit­punkt zu in­ter­ve­nie­ren, ohne Ver­trau­ens­be­zie­hun­gen zu ge­fähr­den.

Pra­xis­be­zug

In Ju­gend(ver­bands)ar­beit und Ju­gend­sport ist wich­tig, dass...

  • … ein Aus­tausch zwi­schen Ju­gend­li­chen und Er­wach­se­nen auf Au­gen­hö­he er­mög­licht  sowie eine Ver­trau­ens­ba­sis ge­schaf­fen wird.
  • … se­xua­li­sier­te Ge­walt ent­ta­bui­siert und be­sprech­bar ge­macht wird; un­ab­hän­gig davon, ob es einen Vor­fall gab oder nicht.
  • …  die Sicht­wei­sen der Ju­gend­li­chen in Schutz­kon­zep­te mit ein­flie­ßen.
  • … An­ge­bo­te/Work­shops etc. bzgl. se­xu­al­sier­ter Ge­walt wahr­ge­nom­men oder selbst in­iti­iert wer­den.

Pu­bli­ka­tio­nen

Ver­öf­fent­licht:

Bu­sche, Mart; Do­mann, So­phie; Kroll­pfeif­fer, Da­nie­la; Norys, To­bi­as; Ru­sack, Tanja (2016): Per­spek­ti­ven auf se­xua­li­sier­te Ge­walt im Kon­text der Ju­gend(ver­bands)ar­beit und des Ju­gend­sports - As­pek­te ge­schlecht­li­cher und se­xu­el­ler Viel­falt. In: Mahs, Clau­dia; Rend­torff, Bar­ba­ra; Ries­ke, Tho­mas (Hrsg.): Er­zie­hung – Ge­walt – Se­xua­li­tät. Zum Ver­hält­nis von Ge­schlecht und Ge­walt in Er­zie­hung und Bil­dung. Op­la­den: Bar­ba­ra Bud­rich.

Do­mann, So­phie; Ru­sack, Tanja (2016): "Fast alle sind dann immer gut ge­launt und la­chen, er­zäh­len Witze.“ – Die päd­ago­gi­sche Be­zie­hung zwi­schen Ju­gend­li­chen und Mit­ar­bei­ten­den in der Ju­gend­ar­beit. In: Tui­der, Eli­sa­beth; Kroll­pfeif­fer, Da­nie­la; Wir­xel, Jo­han­na (Hrsg.): Se­xua­li­sier­te Ge­walt und Ju­gend­ar­beit. So­zi­al­ma­ga­zin 7-8, 2016. Wein­heim: Beltz Ju­ven­ta.

Do­mann, So­phie; Ru­sack, Tanja (2016): Wie sehen Ju­gend­li­che Gen­der und Sex in öf­fent­li­cher Er­zie­hung? Re­kon­struk­tio­nen der Per­spek­ti­ven von Adres­sat_in­nen der Kin­der- und Ju­gend­hil­fe. In: Gen­der in Kind­heit und Ju­gend(for­schung) Heft 3, 2016.

Forum Er­zie­hungs­hil­fen (2015): Schwer­punkt "Se­xua­li­tät und Päd­ago­gik in den HzE". 21. Jg, Heft 2: In­fo­käs­ten von Ru­sack, Tanja: "Ju­gend, Se­xua­li­tät und In­ter­net"; Bu­sche, Mart: "Se­xu­el­le Viel­falt: Zwei sind nicht genug". S. 74 (beide S. 74).

Kroll­pfeif­fer, Da­nie­la (2016): Sicht­wei­sen von jun­gen Men­schen aus der Ju­gend­ar­beit auf se­xua­li­sier­te Ge­walt. In: Tui­der, Eli­sa­beth; Kroll­pfeif­fer, Da­nie­la; Wir­xel, Jo­han­na (Hrsg.): Se­xua­li­sier­te Ge­walt und Ju­gend­ar­beit. So­zi­al­ma­ga­zin 7-8, 2016. Wein­heim: Beltz Ju­ven­ta.

Kroll­pfeif­fer, Da­nie­la; Pe­ter­sen, Ben­ja­min Henry (2016): Hand­lungs­emp­feh­lun­gen „Um­gang mit se­xu­el­ler Ge­walt in Ein­rich­tun­gen für Kin­der und Ju­gend­li­che“  der Uni­kli­nik Ulm.

Schrö­er, Wolf­gang; Wolff, Mecht­hild (2016): Schutz­kon­zep­te in der Ju­gend(ver­bands)ar­beit. In: Tui­der, Eli­sa­beth; Kroll­pfeif­fer, Da­nie­la; Wir­xel, Jo­han­na (Hrsg.): Se­xua­li­sier­te Ge­walt und Ju­gend­ar­beit. So­zi­al­ma­ga­zin 7-8, 2016. Wein­heim: Beltz Ju­ven­ta.

Wir­xel, Jo­han­na (2016): Se­xua­li­sier­te Ge­walt unter Ju­gend­li­chen als Aus­druck sym­bo­li­scher Ord­nung in der Ju­gend­ar­beit. In: Tui­der, Eli­sa­beth; Kroll­pfeif­fer, Da­nie­la; Wir­xel, Jo­han­na (Hrsg.): Se­xua­li­sier­te Ge­walt und Ju­gend­ar­beit. So­zi­al­ma­ga­zin 7-8, 2016. Wein­heim: Beltz Ju­ven­ta.

Wolff, Mecht­hild; Norys, To­bi­as (2016): Se­xua­li­sier­te Ju­gend? Se­xua­li­sier­te Ge­walt unter Ju­gend­li­che in der of­fe­nen Ju­gend­ar­beit und Ju­gend­ver­bands­ar­beit aus Per­spek­ti­ve der Be­treu­en­den. In: Tui­der, Eli­sa­beth; Kroll­pfeif­fer, Da­nie­la; Wir­xel, Jo­han­na (Hrsg.): Se­xua­li­sier­te Ge­walt und Ju­gend­ar­beit. So­zi­al­ma­ga­zin 7-8, 2016. Wein­heim: Beltz Ju­ven­ta.

Wolff, Mecht­hild (2016): "Prä­ven­ti­on ist keine Son­der­ver­an­stal­tung". In­ter­view mit der Er­zie­hungs­wis­sen­schaft­le­rin Pro­fes­so­rin Mecht­hild Wolff zu se­xua­li­sier­ter Ge­walt und Ju­gend­ar­beit. URL: www.​dsj.​de/​news/​artikel/​praevention-​ist-​keine-​son​derv​eran​stal​tung/ (31.10.2016).

In Vor­be­rei­tung:

Do­mann, So­phie: As­pek­te der päd­ago­gi­schen Be­zie­hung zwi­schen Ju­gend­li­chen und Mit­ar­bei­ten­den und das Ver­hält­nis der Ju­gend­li­chen un­ter­ein­an­der - „Fast alle sind dann immer gut ge­launt und la­chen, er­zäh­len Witze.“ In: Tui­der, Eli­sa­beth; Wolff, Mecht­hild; Schrö­er, Wolf­gang (Hrsg.): Sam­mel­band des Pro­jek­tes „Safer Pla­ces“ (Ar­beits­ti­tel). Wein­heim: Beltz Ju­ven­ta. In Ar­beit.

Kroll­pfeif­fer, Da­nie­la: Se­xua­li­sier­te Ge­walt und Grenz­über­schrei­tun­gen unter Ju­gend­li­chen in der Ju­gend­ar­beit – De­fi­ni­ti­ons­ver­su­che und Räume für se­xua­li­sier­te Ge­walt. In: Tui­der, Eli­sa­beth; Wolff, Mecht­hild; Schrö­er, Wolf­gang (Hrsg.): Sam­mel­band des Pro­jek­tes „Safer Pla­ces“ (Ar­beits­ti­tel). Wein­heim: Beltz Ju­ven­ta. In Ar­beit.

Ru­sack, Tanja: Sicht­wei­sen von jun­gen Frau­en auf se­xua­li­sier­te Ge­walt in Paar­be­zie­hun­gen im Kon­text der Ju­gend­ar­beit. In: Tui­der, Eli­sa­beth; Wolff, Mecht­hild; Schrö­er, Wolf­gang (Hrsg.): Sam­mel­band des Pro­jek­tes „Safer Pla­ces“ (Ar­beits­ti­tel). Wein­heim: Beltz Ju­ven­ta. In Ar­beit.

Tui­der, Eli­sa­beth: Straf­ta­ten gegen se­xu­el­le Selbst­be­stim­mung (Was sind Gren­zen? Sicht­wei­sen von Ju­gend­li­chen, Grenz­ver­let­zun­gen und se­xua­li­sier­te Ge­walt gegen Jun­gen und junge Män­ner). In: Stif­tung Män­ner­ge­sund­heit Ber­lin, In­sti­tut für An­ge­wand­te Se­xu­al­wis­sen­schaft der Hoch­schu­le Mer­se­burg (Hrsg.): Män­ner­ge­sund­heits­be­richt. Se­xua­li­tät des Man­nes. In Ar­beit.

Wolff, Mecht­hild; Norys, To­bi­as: Die Per­spek­ti­ve Be­treu­en­der auf se­xua­li­sier­te Ge­walt unter Ju­gend­li­chen. In: Tui­der, Eli­sa­beth; Wolff, Mecht­hild; Schrö­er, Wolf­gang (Hrsg.): Sam­mel­band des Pro­jek­tes „Safer Pla­ces“ (Ar­beits­ti­tel). Wein­heim: Beltz Ju­ven­ta. In Ar­beit.