Abschlusspräsentation des Workshops des Bund Deutscher Architekten zu den Schroeder-Schulen in Kiel© F. Ger­der-Roh­kamm

An­ge­hen­de Bau­in­ge­nieur*innen prä­sen­tie­ren Ideen für Kie­ler Schro­eder-Schu­len

von Lena Kuhn

Der Bund Deut­scher Ar­chi­tek­ten (BDA) ver­an­stal­te­te unter der Lei­tung von Ar­chi­tek­tin Alice Krie­gel ver­gan­ge­ne Woche einen Work­shop in Kiel, der sich mit der Sa­nie­rung von vier Kie­ler Schro­eder-Schu­len be­fass­te. Unter den Teil­neh­men­den waren auch Stu­die­ren­de des Bau­in­ge­nieur­we­sens an der FH Kiel.

Be­reits im Früh­jahr fand in Kiel ein Sym­po­si­um zu den so­ge­nann­ten „Schro­eder-Schu­len“ statt. Diese Schu­len, be­nannt nach ihrem Ar­chi­tek­ten Ru­dolf Schro­eder, ent­stan­den zu­meist nach dem zwei­ten Welt­krieg. Im Kie­ler Stadt­ge­biet gibt es über 20 Schu­len aus Schro­eders Hand. Der Ar­chi­tekt Schro­eder baute Pa­vil­lon­schu­len, die aus einer Kom­bi­na­ti­on von Klas­sen­zim­mer und Frei­luft­raum be­stehen, um so den Un­ter­richt auch nach drau­ßen ver­le­gen zu kön­nen. Ba­sie­rend auf ver­schie­de­nen päd­ago­gi­schen An­sät­zen ent­stan­den so licht­durch­flu­te­te, kind­ge­rech­te Klas­sen­räu­me, die im Ein­klang mit der Natur vor dem Fens­ter zum Zu­sam­men­halt in­ner­halb einer Klas­sen­stu­fe an­re­gen soll­ten. Die Schro­eder-Schu­len fan­den in­ter­na­tio­nal An­er­ken­nung und haben sich ge­ra­de in Zei­ten von Co­ro­na be­währt, er­klärt Frau Prof. Dr. Ger­der-Roh­kamm, die am In­sti­tut für Bau­we­sen an der Fach­hoch­schu­le Kiel lehrt. „Die Schro­eder-Schu­len ent­stan­den in den 1950/1960er Jah­ren; sie sind Nach­kriegs­bau­ten und man brauch­te in die­ser Zeit schnell viele Schul­ge­bäu­de.“ Die Schro­eder-Schu­len haben auf­grund ihrer Bau­wei­se einen re­la­tiv gro­ßen Platz­be­darf. Mitt­ler­wei­le lie­gen die Schu­len häu­fig in at­trak­ti­ven In­nen­stadt­la­gen und dort sind Grund­stü­cke stark an Wert ge­stie­gen, so dass der Fort­be­stand und Er­halt der Schu­len immer wie­der zu Dis­kus­sio­nen führt.

Nicht alle der Schro­eder-Schu­len sind noch in Be­nut­zung, man­che muss­ten ge­schlos­sen wer­den, weil sie z.T. er­heb­li­che bau­li­che Män­gel auf­wei­sen. Viele sind aber wei­ter­hin in Be­trieb. Ein Teil der Schu­len steht mitt­ler­wei­le unter Denk­mal­schutz. Des­we­gen sucht die Stadt Kiel nach Kon­zep­ten, wie man diese zu­kunfts­fä­hig sa­nie­ren kann. Das ist gar nicht so ein­fach, be­schreibt Ger­der-Roh­kamm. „Wir haben die An­for­de­rung, dass wir die Ge­bäu­de in der Sub­stanz er­hal­ten, an heu­ti­ge en­er­ge­ti­sche An­for­de­run­gen an­pas­sen und ge­ge­be­nen­falls mit neuen Funk­tio­nen ver­se­hen müs­sen.“ Auf die­ser Grund­la­ge fußt die Idee für den Work­shop des BDA.

Für den Fach­be­reich Bau­in­ge­nieur­we­sen wird es genau an dem Punkt Sa­nie­rung span­nend. So­wohl sta­tisch als auch en­er­ge­tisch müsse da nach­ge­bes­sert wer­den, weiß Ger­der-Roh­kamm. Das Ziel des Work­shops sei neben der Er­ar­bei­tung von Kon­zep­ten für die Schu­len auch die Zu­sam­men­ar­beit von Ar­chi­tekt*innen und Bau­in­ge­nieur*innen, „damit sie mög­lichst früh schon ler­nen, dass sie idea­ler­wei­se zu­sam­men­ar­bei­ten“, er­klärt Ger­der-Roh­kamm.

Im Rah­men des Work­shops über­leg­ten sich die an­ge­hen­den Ar­chi­tekt*innen und Bau­in­ge­nieur*innen Kon­zep­te zur Sa­nie­rung und tüf­tel­ten über Ent­wür­fen. Die zehn Teil­neh­mer*innen be­han­del­ten in zwei Teams à fünf Per­so­nen zwei aus­ge­wähl­te Schu­len. Ihre Ideen und Vor­schlä­ge vi­sua­li­sier­ten sie auf Boards, die sie nach vier Tagen in­ten­si­ver Ar­beits­pha­se prä­sen­tier­ten. Im Pu­bli­kum saßen neben Chris­ti­an Schmie­der, dem Vor­sit­zen­den des BDA, auch Doris Grond­ke, die Kie­ler Stadt­rä­tin für Stadt­ent­wick­lung, Bau und Sa­nie­rung. Für die Ent­wür­fe wurde ein Preis­geld von ins­ge­samt 3.800,00€ durch den BDA ver­lie­hen.

Nach ei­ni­gen Im­puls­vor­trä­gen über die Schro­eder-Schu­len be­sich­tig­ten alle Work­sh­op­teil­neh­mer*innen vier der zu sa­nie­ren­den Ge­bäu­de in Kiel. Neben Stu­die­ren­den der FH Kiel waren auch Ar­chi­tek­tur-Stu­die­ren­de der FH Müns­ter sowie der TH Lü­beck dabei. „Die Schul­lei­ter, die uns vor Ort her­um­ge­führt haben, waren durch­weg sehr be­geis­tert von ihren Ge­bäu­den: Ins­be­son­de­re von der Struk­tur und von dem of­fe­nen Kon­zept. Das Pro­blem ist meist der en­er­ge­ti­sche Zu­stand und die bau­li­che Sub­stanz.“  Die Kie­ler Stu­die­ren­den, so Ger­der-Roh­kamm, hät­ten fast alle im Rah­men ihrer Schul­lauf­bahn min­des­tens eine Schro­eder-Schu­le sel­ber be­sucht. „Das ist kaum ver­meid­bar“, er­klärt sie la­chend, „es gibt so viele Schro­eder-Schu­len in Kiel, daran kommt man nicht vor­bei.“

Als Fazit stellt Ger­der-Roh­kamm fest: „Die Schro­eder-Schu­len er­fül­len schon viele An­for­de­run­gen, die man auch heute an Ge­bäu­de stellt.“ Mit Blick auf Co­ro­na sei es wich­tig, dass die Mög­lich­keit zum in­ten­si­ven Lüf­ten und zum Un­ter­richt im Frei­en dort be­reits be­stehe. Die Bau­wei­se er­mög­licht eine zwei­sei­ti­ge An­ord­nung von Fens­ter­flä­chen, die neben viel na­tür­li­chem Licht auch idea­le Vor­aus­set­zun­gen für die Fens­ter­lüf­tung bie­ten, er­ör­tert Ger­der-Roh­kamm.  „Da hat man ge­se­hen, dass das Kon­zept von Schro­eder auch unter die­sen un­ge­wöhn­li­chen Be­din­gun­gen funk­tio­niert“, re­sü­miert sie. Das mache deut­lich, wie sehr es sich lohne, die Ge­bäu­de zu er­hal­ten. Nach­hol­be­darf sahen die Teams vor allem in der Bar­rie­re­frei­heit man­cher Schu­len als auch bei feh­len­den Er­gän­zungs­ge­bäu­den. Men­sen etwa wären oft noch nicht vor­han­den, eben­so wie freie, va­ria­ble Lern­räu­me.

Des­we­gen plan­te ein Team für eine Schu­le einen „span­nen­den Neu­bau“, wie Ger­der-Roh­kamm es nennt. Die­ser schaf­fe of­fe­ne Lern­be­rei­che, eine Bi­blio­thek und einen Auf­ent­halts­be­reich. Das an­de­re Team möch­te fle­xi­ble An­bau­ten in die Gar­ten­be­rei­che der Schu­len in­te­grie­ren. Alles müsse CO2-neu­tral ge­baut wer­den und neue päd­ago­gi­sche Kon­zep­te wie Grup­pen­ar­bei­ten und frei­es Ler­nen um­fas­sen kön­nen. Ge­ra­de bei den denk­mal­ge­schütz­ten Bau­ten sei der Auf­trag zum Er­halt ganz klar. Der Stadt Kiel, ver­tre­ten durch Stadt­rä­tin Grond­ke, geht es na­tür­lich auch darum, die Sa­nie­run­gen wirt­schaft­lich zu ge­stal­ten.

Der Ge­dan­ke, dass Ar­chi­tekt*innen und Bau­in­ge­nieur*innen von An­fang an im Pla­nungs­pro­zess näher zu­sam­men­ar­bei­ten, sei auf­ge­gan­gen, so Ger­der-Roh­kamm: „Es hat funk­tio­niert, aber wir haben auch fest­ge­stellt, dass der Aus­tausch z.T. etwas zö­ger­lich war.“  Oft sei es so, dass Bau­in­ge­nieur*innen erst nach der Fer­tig­stel­lung des Ent­wur­fes durch Ar­chi­tekt*innen zur Pla­nung hin­zu­ge­zo­gen wer­den. „Es wäre sehr wün­schens­wert, wenn man viel frü­her ler­nen würde, zu­sam­men­zu­ar­bei­ten: Dann hätte man die Mög­lich­keit, en­er­ge­ti­sche und sta­ti­sche Ge­sichts­punk­te be­reits im Ent­wurf ge­mein­sam zu be­rück­sich­ti­gen.“ Diese ge­gen­sei­ti­ge Be­ein­flus­sung und Ab­hän­gig­keit von Ar­chi­tekt*innen und Bau­in­ge­nieur*innen sei den Stu­die­ren­den im Work­shop sehr deut­lich ge­wor­den, fin­det die Do­zen­tin.

Die Er­geb­nis­se wur­den mit at­trak­ti­ven Preis­gel­dern do­tiert. Die fer­ti­gen Ent­wür­fe wer­den nun ge­druckt – und nächs­tes Jahr auf der Kie­ler Woche aus­ge­stellt. Ger­der-Roh­kamm wünscht sich, dass die FH Kiel sich auch wei­ter mit dem Thema be­fasst. Man­che Bau­schä­den, so be­schreibt sie, seien zu spe­zi­fisch, um sie in einer Woche im Rah­men eines Work­shops zu be­han­deln. Die Er­geb­nis­se des Work­shops sind erst mal nur als An­re­gun­gen zu ver­ste­hen. Aber, da ist sich Frau Ger­der-Roh­kamm si­cher: „So­bald die nächs­te Schu­le zur Sa­nie­rung an­steht, wird man dar­auf zu­rück­grei­fen.“

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