„Süßes oder Saures!“ Heute Abend klopfen sie wieder an die Türen. Schaurig verkleidete Kinder, die mit freundlichem Nachdruck um Süßigkeiten bitten. Angesichts der Erscheinungen als Hexe, Geist oder Vampir fällt es schwer zu glauben, dass der Name Halloween auf ein christliches Fest zurückgeht: den All Hallow’s Eve, was so viel bedeutet wie der Abend vor Allerheiligen. Seinen Ursprung hat der Brauch allerdings wohl eher in einem keltischen Totenfest, was wiederum die Wahl der Kostüme erklärt.
Zunächst wurde Halloween nur in Irland und den katholischen Teilen Großbritanniens gefeiert. Mit der Auswanderungswelle der Iren im 19. Jahrhundert gelangte der Brauch dann in die USA, wo das Fest seine ganz eigene Dynamik entwickelte. Mittlerweile zählt Halloween dort zu einem der zehn Anlässe mit den höchsten Konsumausgaben – wichtiger noch als der Super Bowl oder der Unabhängigkeitstag am 4. Juli (angeführt wird die Liste vom Ende der Semesterferien (back-to-college) und dem Weihnachtsgeschäft).
Nach der pandemie-bedingten Verschnaufpause im vergangenen Jahr wollen es die Amerikaner diesmal wieder so richtig krachen lassen. Laut Schätzungen des Einzelhandelsverbands werden sich die Ausgaben für Halloween-Produkte in 2021 auf sagenhafte 10,1 Milliarden USD belaufen. Das wäre ein neuer Rekord. Diese Ausgaben verteilen sich zu etwa gleichen Teilen auf Kostüme (3,3 Milliarden), Süßigkeiten (3,0 Milliarden) und Deko-Artikel (3,2 Milliarden). Hinzu kommen noch Grußkarten im Wert von 0,7 Milliarden. Insgesamt wollen 65 Prozent der Amerikaner Halloween auf die ein oder andere Weise feiern, bei Familien mit Kindern sind es sogar 82 Prozent. In den USA sind die Kostüme für Kinder im Laufe der Zeit übrigens schon deutlich weniger schaurig geworden. In diesem Jahr wird die überwiegende Mehrzahl als Prinzessin, Spiderman, Batman oder als ein anderer Superheld gehen. Darüber hinaus möchte jeder fünfte Haushalt auch sein Haustier verkleiden. Hoch im Kurs stehen da in diesem Jahr Kürbis, Hot Dog oder Hummel.
Nach Deutschland kam Halloween Anfang der 1990er Jahre. Allerdings dauerte es auch danach noch zwei Jahrzehnte, bis die Entwicklung etwas Fahrt aufnahm. Das lag wohl zum einen daran, dass es hierzulande bereits Karneval- bzw. Faschingsfeste gab, an denen man sich verkleidet. Zum anderen beging man quasi zeitgleich den Reformationstag sowie Allerheiligen, und schließlich gab es lange Zeit eine große Skepsis gegenüber dem Kommerz aus den USA. Trotz dieser Hindernisse hat sich Halloween langsam aber sicher auch bei uns etabliert. Insbesondere Kinder und junge Familien assoziieren mit dem 31.10. mittlerweile weniger den Reformationstag als Halloween. Damit einher geht ein wachsender Anteil von Familien, die das Gruselfest feiern, sowie steigende Ausgaben für Kostüme, Süßigkeiten und Dekoration. Freilich sind die zusätzlichen Einnahmen in Höhe von 320 Mio. Euro, die die deutschen Einzelhändler im Vorfeld von Halloween 2019 verbuchen konnten, noch verschwindend gering im Vergleich zu den Umsätzen auf der anderen Seite des Atlantiks. Doch das kann der Handel auch als Chance ansehen. Denn damit Halloween in Deutschland die gleiche (kommerzielle) Bedeutung wie in den USA erreicht, müssten sich hierzulande die Ausgaben auf etwa 1,2 Milliarden Euro vervierfachen. Aber das passiert wohl erst, wenn auch wir unsere Hunde als Kürbis, Hot Dog oder Hummel verkleiden. „Trick or treat!“