Als ich den Platz für mein Erasmus Semester in Antwerpen an der Karel de Grote Hogeschool bekam und all meinen Freunden davon erzählte, antworteten die meisten: „Oh toll! Dann gehst du also in die Niederlande?“ Sie mussten dann mit Überraschung feststellen, dass Antwerpen nicht in Holland, sondern in Belgien liegt. Einem Land, welches auch mir bis jetzt noch vollkommen fremd war. Obwohl es gar nicht aus er Welt ist, lag Antwerpen immer weit hinten auf meiner Liste von Reisezielen. Amsterdam, Paris, London. Alles Metropolen, die man kennt, bekannt für ihre Mode- und Designszene. Doch Antwerpen kann da mithalten. Die belgische Großstadt, die etwa doppelt so groß ist wie Kiel, ist nämlich das Modemekka Europas. Jährlich finden hier Mode-, Kunst- und Designfestivals statt, und die Stadt versprüht einen gewissen Charme. Das gefiel mir sofort, als ich während meiner ersten Tage hier durch die Straßen zog. Ohne Plan oder genaue Ahnung, was genau ich denn eigentlich wollte, wanderte ich durch die Straßen, die unzähligen Shops, Gassen und verträumten Innenhöfe. Davon hat Antwerpen nämlich einige.
Doch kommen wir zurück zum Ausgangspunkt: Belgien. Was ist das für ein Land, wie sind die Menschen hier, und gibt es dort nicht gute Pralinen und Pommes? Und oh ja, die gibt es hier. Und gutes Bier noch dazu. Die Belgier wissen, wie sich das Leben aushalten lässt. Wohin man auch sieht gibt es Confiserien, Brauereien mit über 50 Biersorten und Pommes-Läden – hier „Frituur“ genannt. Die Belgier selbst sind ein freundliches und offenes Volk und vor allem eins: immer in Feierlaune. Die Bars und Restaurants sind bis spät in die Nacht voller Menschen, und auch sonntags schläft die Stadt nicht. Das einzige Problem: Die meisten Geschäfte schließen bereits um 18 Uhr. Auch die Supermärkte, und daran muss ich mich definitiv noch gewöhnen. Und an den Ampeln steht man meist bis zu fünf Minuten und wartet darauf, dass es endlich grün wird. Pünktlichkeit wird groß geschrieben und zu spät kommen meist mit bösen Blicken oder Bemerkungen gestraft. Definitiv eine Sache, an die ich mich hier auch noch gewöhnen muss.
Die Karel de Grote Hogeschool ist, neben der University of Antwerp, der Buissnes School und der Modeakademie nur eine der zahlreichen Hochschulen in Antwerpen und eine der größten. Die Vorlesungen finden hier meistens in kleinen Gruppen statt, und das Programm „Creative Technologies“ setzt sich ausschließlich aus internationalen Studierenden zusammen. Dadurch ist es einfach, neue Leute aus den verschiedensten Nationen kennenzulernen, zu verstehen, wie das System „Studium“ in anderen Ländern funktioniert, und neue Denkweisen anzunehmen. Wann hat man schon mal die Möglichkeit, mit zwei Italienern, einem Nigerianer und einer Holländerin an einem gemeinsamen Projekt zu arbeiten? Dabei kommen natürlich auch meine Englischkenntnisse nicht zu kurz. Alle Stunden finden nämlich auf Englisch statt – zum Glück, denn nach zwei Stunden Niederländisch in der Woche kann ich noch lange nicht behaupten, die Sprache zu beherrschen, aber wer weiß, vielleicht kann ich mir in vier Monaten ja doch meinen Kaffee auf Flämisch bestellen.
Mein Auslandssemester in Antwerpen hat zwar gerade erst begonnen, doch ich weiß jetzt schon, dass es eine Zeit voller neuer Eindrücke, spannender Projekte, Schokolade und neuer Menschen wird. Vielleicht kann ich ja sogar ein bisschen Modemetropole mit nach Kiel bringen.