Gleichstellung kann nur bei gleichen Möglichkeiten für alle erreicht werden. Der Zugang zu Toiletten gilt laut den Vereinten Nationen als Menschenrecht – geschlechterspezifische Toiletten diskriminieren jedoch Menschen, die sich nicht als Mann oder Frau identifizieren. Die FH Kiel hat deshalb 30 All-Gender-Toiletten eingerichtet, davon 15 All-Gender/All-Ability-Toiletten.
Angestoßen haben das Thema die Diversitätsbeauftragte und die Gleichstellungsstelle der FH Kiel sowie das Queer-Referat des AStA der FH Kiel. „Seit seiner Gründung im Jahr 2015 sind All-Gender-Toiletten eines der wichtigsten Themen und Ziele des Queer-Referates. Damit vertritt das Queer-Referat ein essenzielles Bedürfnis der queeren Community und queerer Studierender an der FH Kiel“, sagt Maren Quaester.
Alexa Magsaam, Diversitätsbeauftragte der FH Kiel, betont: „Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts zur sogenannten ,Dritten Option‘ ist fast drei Jahre alt.“ Mit der „Dritten Option“ erkennt Deutschland die Existenz von mehr als zwei Geschlechtern grundsätzlich an. „Trotzdem werden Menschen, die sich außerhalb der Binarität der Geschlechternormen identifizieren, noch immer nicht voll anerkannt. Dies spiegelt sich gesellschaftlich vor allem in der Sprache und der Umsetzung von Maßnahmen zur ,Dritten Option‘ wieder. Mit der Einrichtung genderneutraler Toiletten kommt die Fachhochschule nun der dringenden Forderung der TIN-Community (TIN = Trans*Inter*Nicht-binär) nach“, sagt Magsaam.
Über circa drei Jahre haben die Diversitätsbeauftragte, die Gleichstellungsstelle der FH Kiel und das Queer-Referat des AStA in verschiedenen Formaten für das Thema sensibilisiert, um die gesamte Hochschule in den Prozess einzubeziehen.
„Zuletzt hat eine Arbeitsgruppe dazu gearbeitet, in der sich sowohl der Kanzler als auch die Bau- und Liegenschaftsabteilung für das Thema eingesetzt haben. Dem finalen Beschluss zu den All-Gender-Toiletten haben alle entscheidenden Akteur*innen der Fachhochschule zugestimmt“, sagt Magsaam. Beteiligt waren das Präsidium, die Dekanate der Fachbereiche, die Personalräte, die Beauftragte für Studierende mit chronischer Erkrankung und/oder Behinderung und die Vertretung der Mitarbeitenden mit Behinderung.
Für die konkrete Umsetzung bewertete das Queer-Referat in einer Bestandsaufnahme, welche Toiletten umgewidmet werden können. In einigen kleineren Gebäuden gab es ohnehin nur eine Toilette für alle Geschlechter. An anderen Orten waren bisher nur jeweils Herren- oder Damentoiletten verfügbar. „Von den All-Gender-Toiletten profitieren also auch Cis-Studierende, und somit wird Geschlechtergleichheit für alle gestärkt“, erklärt Quaester. „Cis“ beschreibt Menschen, die sich dem Geschlecht zugehörig fühlen, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde.
Die genderneutralen WCs sind auch ein Kompromiss: Die Arbeitsgruppe entschied sich für „All-Gender/All-Ability“-Toiletten. 15 der 30 All-Gender-Toiletten sind auch rollstuhlgerecht und somit barrierearm (All-Ability-Toiletten). Magsaam und Quaester berichten, dass es berechtigte Kritik an der Zusammenlegung dieser beiden Toiletten-Formen gebe. „Zum einen werden TIN-Personen noch immer pathologisiert und als krank stigmatisiert“, sagt Magsaam. „Gleichzeitig darf kein Nachteil für Menschen mit Behinderung entstehen, die ohnehin schon weniger Toiletten zur Verfügung haben“, sagt Quaester. Wichtig war der Arbeitsgruppe daher, dass nicht ausschließlich barrierearme WCs zu All-Gender-Toiletten umgewidmet werden.
Der Abschluss des langjährigen Prozesses ist dennoch ein Erfolg: „Die Einrichtung von All-Gender-Toiletten ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Anerkennung von Vielfalt an der Fachhochschule“, sagt Alexa Magsaam. Maren Quaester ergänzt:„Es gibt noch viel zu tun. Wir sehen einer weiteren Zusammenarbeit mit der Hochschule mit Blick auf Chancengleichheit und Vielfalt hoffnungsvoll entgegen.“
Bei Fragen oder Kritik können sich Hochschulangehörige unter alexa.magsaam(at)fh-kiel.de an die Diversitätsbeauftragte Alexa Magsaam wenden. Eine Liste der All-Gender und All-Gender/All-Ability-WCs auf dem Campus der FH findet sich unter diesem Link (PDF).